Montag, 5. November 2012

Justified

Justified stand schon etwas länger auf meiner Liste von Serien, die ich mir unbedingt irgendwann einmal ansehen möchte. Und so habe ich mir in den vergangenen Wochen die bisherig erschienenen drei Staffeln von Justified angeschaut und bin hellauf begeistert gewesen.

Justified läuft seit 2010 auf dem Pay-TV-Sender FX und basiert auf zwei Romanen (Pronto, Riding the Rap) und ein paar Kurzgeschichten (bspw. Fire in the Hole) des amerikanischen Schriftstellers und Drehbuchautors Elmore Leonard. Leonard zeichnet sich vor allen Dingen durch seinen einzigartigen Stil als Kriminalautor und den detailgetreuen Milieustudien in seinen Werken aus, was wiederum in Justified mehr als deutlich wird.

Zur Serie selbst: US-Marshal Raylan Givens steht im Mittelpunkt des Geschehens. Nachdem er in Miami recht willkürlich und abseits aller Vorschriften einen Typen mit Verbindung zum organisierten Verbrechen umgepustet hat, wird er zurück in seine Heimat nach Kentucky versetzt, bis sich die Lage wieder etwas beruhigt hat. Givens greift also den alten Kollegen ein wenig unter die Arme, doch bringt seine Wiederkehr den ein oder anderen Stein ins Rollen, sodass neue und zusätzlich immer mehr Konflikte entstehen: Drogenhandel, Mord- und Totschlag, der rigorose Raylan Givens ist mittendrin. Er bringt ein wenig Schwung in den Laden (ob absichtlich oder rein zufällig sei mal dahingestellt), was nicht nur seinen Widersachern, sondern von Zeit zu Zeit auch seinen Vorgesetzten arg missfällt.

Anfangs wirkt Justified wie eine klassische „case of the week“-Serie, Givens taucht da auf, wo er gebraucht wird und löst das Problem, zumeist auf die harte Tour. Die erste Hälfte der ersten Staffel steht eindeutig im Zeichen der Einführung von Charakteren und der Erläuterung des Settings. Man nimmt sich die Zeit, den Protagonisten und sein Umfeld zu definieren. Dramaturgisch wird anfangs nicht all zu viel geboten, doch das ändert sich auf halber Strecke schlagartig. Ab Mitte der ersten Staffel bis Ende dritte Staffel werden die Plotlines zusammenhängender und komplexer, kontinuierlich führen die Serienschöpfer neue Figuren ein, Twists und unerwartete Überraschungen häufen sich. Der Fokus liegt aber nach wie vor auf Protagonist Givens, welcher immer mehr an Tiefe gewinnt. Es bleibt von Folge zu Folge spannend, außerdem kann man leicht Merkmale eines (klassischen) Western (unzählige Showdowns, Mexican standoffs, damsel in distress etc.) ausmachen, was nicht nur an (Anti)Held Raylan Givens liegt, welcher stilsicher einen Cowboyhut trägt. Und ganz nebenbei verfügt Justified auch noch über reichlich Comedy-Potenzial, was größtenteils den einzigartigen und teils auch sehr skurrilen Charakteren zu verdanken ist.

Apropos Charaktere. Timothy Olyphant (Live Free Or Die Hard, Damages) verkörpert US-Marshal Raylan Givens und hat hier die Rolle seines Lebens gefunden. Ein Modern-Day-Sheriff mit markigen Sprüchen, abgeklärter Attitüde, wenn nötig absoluter Konsequenz und eine Portion eigenartigen Oststaaten-Charme. Generell kann man, wenn über die Besetzung von Justified spricht, nur Gutes sagen. Es wurde astrein gecastet, die Darsteller präsentieren sich durch die Bank glaubwürdig und überzeugend. Erwähnenswert wäre hier Langzeit-Antagonist Walton Goggins (The Shield), in seiner Rolle als Boyd Crowder, welcher großartig auftrumpft. Außerdem feiern diverse Gaststars tolle Auftritte, darunter Margo Martindale (Dexter; als Matriarchin und Kleinstadt-Patriotin mit Gespür für den Drogenhandel; 2011 mit einem Emmy ausgezeichnet), Jeremy Davies (Lost; Martindales Sohn, bizarrer, überspitzter Geist; hat ein ganz besonderes Verhältnis gegenüber Raylan Givens; 2012 mit einem Emmy ausgezeichnet) oder Neal McDonough (Band of Brothers; verrückter Anzugsmensch der Dixie Mafia, will Givens ans Leder).

Mich persönlich konnte vor allem das Setting überzeugen. Ich habe eine Art Faszination für den westlichen Osten der USA entwickelt, diese ländliche Gegenden, wo Rednecks und Hillbillies fernab großer Metropolen leben und ihren eigenen inneramerikanischen Mikrokosmos samt angepassten Wertevorstellungen und Normen entwickelt haben (vgl. Winter’s Bone). Justified fühlt sich von vorne bis hinten echt an und zieht einen in diese Welt, welche man eigentlich nur aus Film, Fernsehen oder Büchern kennt. Der zweite große Pluspunkt ist Timothy Olyphant (auch Produzent). Man kann ihn nur cool finden. Olyphant zeigt, was für ein guter Schauspieler er eigentlich ist. Ich hatte ihn nie wirklich auf dem Schirm, seine Filmografie ist nicht sehr eindrucksvoll, doch in Justified zeigt er sein wahres Können und präsentiert sich stark und sehr sympathisch.

Zusammenfassend kann man sagen, dass Justified in erster Linie ein fantastisches Unterhaltungsformat ist. Es macht einfach großen Spaß zuzusehen. Man bekommt von allen etwas geboten: rasante, waghalsige Action; spannende Auseinandersetzungen, ob es Schießereien oder verbale Reibereien sind; urige, einmalige Charaktere; überraschende Wendungen, sowie überzeichnete, explizite Momente. Das Gesamtpaket stimmt. Und so verzeiht man auch mal etwas kleinere Makel, seien es schöpferische Bequemlichkeiten oder bizarre Plotlines. Darüber sieht man gerne hinweg. Denn Justified schafft es immer wieder, einen zu packen, zu fesseln, einen zum Lachen und Mitfiebern zu bringen. Nach jeder Episode war die Vorfreude auf die nächste riesengroß. Justified ist kein kompliziertes Serien-Drama, es ist einfach, aber im positiven Sinne, weil es unglaublich gut unterhält. Eine ausgezeichnete („Zwischendurch-“) Serie, die ich jedem nur wärmstens empfehlen kann. Und wenn möglich im Originalton schauen, es ist eine Bereicherung.


Bis dato gibt es drei Staffeln von Justified, davon Staffel 1 und 2 erhältlich bei Amazon, jedoch recht teuer. Deshalb lieber auf Amazon.co.uk gehen, wo man die beiden ersten Staffel für je gut 10 Pfund erwerben kann. Staffel drei erscheint Ende Februar 2013. Um die Drehe wird dann auch die vierte Staffel von Justified ausgestrahlt werden.