Dienstag, 27. August 2013

Breaking Bad S05E11 - Confessions

Es folgen meine gesammelten und wie so oft äußerst umfangreichen Gedanken zur 11. Episode der fünften Staffel von Breaking Bad, Confessions.

ACHTUNG, SPOILERWARNUNG!!! WEITERLESEN AUF EIGENE GEFAHR!!! 

Opening
Wir steigen mit einer Szene ein, die wie so oft eher losgelöst von der restlichen Handlung einer Episode ist. Todd (Jesse Plemons), welcher letzte Woche noch gemeinsam mit seinem Onkel und dessen White Supremacy-Gang auf Anweisung Lydias Declan und seinen Schergen den Garaus gemacht hat, steht vor einem Diner an der Route 66 und versucht, Walter bzw. Heisenberg zu erreichen, um ihm mitzuteilen, dass es eine kleine Veränderung bezüglich der Meth-Herstellung („change in management“) gibt. Was folgt ist ein eher normales Gespräch zwischen Todd, seinem Onkel und einem Gang-Mitglied. Todd berichtet von dem spektakulären Zugüberfall, den er, Walt und Jesse vor kurzem gemeinsam verübt hatten (S05E05 Dead Freight). Die Szene wirkt nicht wirklich wie etwas besonderes, doch bekommt sie mit längerer Beobachtung einen sehr speziellen Beigeschmack. Todd’s Onkel Jack und dessen Kollege suchen vor dem Verlassen des Diners noch einmal schnell die sanitären Einrichtungen auf. Dabei registriert Jack etwas Blut an seinem Stiefel, wischt es mit einem Stück Papier ab und spült dieses die Toilette runter. Todd und Co. verlassen das Gebäude, sie steigen in ihr Fahrzeug und überqueren sogleich die Grenze nach New Mexico, „Land of Enchantment“ (welch Ironie). Was mich an diesem Opening wohl am meisten fasziniert, ist die Normalität mit der die Beteiligten hier auftreten. Alle drei haben vor wenigen Stunden auf grausamste Art und Weise mehrere Menschen hingerichtet, wenn nicht sogar förmlich abgeschlachtet. Insbesondere der Moment, als Jack sich das Blut vom Stiefel wischt, als wäre es das Normalste der Welt für ihn, lässt die Szene sehr bizarr für mich erscheinen. Keine Gnade. Keine Reue. Wie passend für Breaking Bad.

Not to you
Wir erleben noch einmal die Befragung Jesse’s (Aaron Paul) durch die beiden Polizisten der letzten Woche durch seine Augen, dieses Mal jedoch in einem Zeitraffer. Auf den ersten Blick wirkt es wie ein Drogentrip, alles rast an Jesse vorbei, er ist einfach nicht in der Lage, Dinge aufzunehmen oder zu begreifen. Hank (Dean Norris) tritt in den Raum, womit der Bogen zu Buried geschlossen wäre. Wir erinnern uns, Hank sieht die Möglichkeit, Jesse wichtige Informationen bezüglich Walt bzw. Heisenberg zu entlocken, um diesen dingfest machen zu können. Hank kommt dann auch sofort auf den Punkt (nachdem er die im Raum befindliche Kamera ausgeschaltet hat, versteht sich). Er sagt Jesse, dass er weiß, dass sein Schwager Heisenberg ist. Dies ist dann auch der Moment, in dem Jesse endlich mal wieder eine Reaktion zeigt. „Oh yeah. That’s the look.“ (Hank zu Jesse) Hank möchte Jesse natürlich davon überzeugen, einen Deal mit ihm einzugehen. Er ist in der Lage, Jesse zu helfen („[I can] make all this go away“). Was er natürlich nicht weiß ist, dass Jesse nur noch schwer zu helfen ist, dann die Schuldgefühle die ihn zerfressen werden ihn bis in alle Ewigkeit verfolgen. Hank spürt, dass es zwischen Jesse und Walt zu kriseln scheint und eine gewisse Spannung existiert. Vielleicht kann er dies ja ausnutzen. Und auf einmal… Jesse spricht! „Eat me.“ Grob übersetzt: Hank kann ihn mal. Es folgt eine süffisante Bemerkung bezüglich Hank’s Arbeitsmethoden (S03E07 One Minute), doch behält Hank einen kühlen Kopf und lässt nicht locker. Aus dem Zwist zwischen Jesse und Walt muss sich doch ein Vorteil ziehen lassen können. He really did a number on you, didn’t he?“ (Hank zu Jesse über Walt) Mehr als nur eine. Hank hat einen wunden Punkt getroffen, denn Jesse ist sich sicherlich bewusst, dass Walt ihn mehr als nur einmal gespielt und getäuscht hat. Help me out here, Jesse. Help me put him away. I know you want that.“ Jesse’s bedrücktem Gesichtsausdruck zufolge könnte Hank gar nicht mal so falsch liegen. Doch beißt er auf Granit. Hank: „I think you wanna talk.” Jesse: „Not to you.Eine eindringliche Szene von Dean Norris und Aaron Paul, besonders letzterer weiß mal wieder mit seinem ausgezeichneten Mienenspiel zu überzeugen.

Im nächsten Moment stürmt Saul Goodman (Bob Odenkirk) in den Raum und grätscht erst einmal gehörig dazwischen, bissige Kommentare mit Hinblick auf Hank’s vergangenen Umgang mit Jesse inklusive. Nachdem Hank den Raum verlassen hat, gibt Saul dem guten Jesse erstmal eine ordentliche Standpauke. Die Situation ist angespannt, und Jesse verhält sich nicht gerade clever. „Things have gotten nuclear.“ (Saul zu Jesse.)

Work your magic
Wir befinden uns im Hause White. Walt wird von Saul via Telefon bezüglich der aktuellen Situation rund um Jesse in Kenntnis gesetzt. Walt’s Reaktion, wie so oft: Saul soll sich einfach darum kümmern. („Work your magic.“) Während sich Walt im Schlafzimmer bzw. im Bad seines Hauses befindet, betritt Sohnemann Junior (RJ Mitte) das Haus. Walt versucht, die Spuren zu kaschieren, welche Hank auf seinem Gesicht hinterlassen hat, da klingelt im anderen Teil des Hauses das Telefon. Wir hören, wie Junior abhebt. Am anderen Ende der Leitung: Marie (Betsy Brandt). Sie bittet Junior, vorbeizukommen und ihr bei einem Computer-Problem zu helfen. Walt weiß natürlich, um was es wirklich geht. Marie kennt seine wahre Identität, sie könnte seinem Sprössling davon erzählen und das kann er selbstverständlich nicht zulassen. Also sprintet er zur Eingangstür, wo Junior gerade das Haus verlassen möchte. Er nimmt sich seinen Sohn beiseite und beginnt ein Gespräch: „I just don’t want to keep things from you. You deserve to know what’s happening.“ (Walt zu Junior) So erzählt er Junior von seiner Krebserkrankung, dass es wieder schlimmer geworden ist etc. Interessant ist zum einen, dass Walt Junior wirklich die Wahrheit sagt, auch wenn es nicht DIE eine ganz bestimmte Wahrheit ist. Was zum anderen auffällt ist Walt’s Antwort auf Junior’s Frage „What now?“ - Walt: „What not is that we go on, like always.“ Dies lässt sich in zweierlei Hinsicht deuten: Walt wird den Krebs ganz normal bekämpfen, wie er es bis jetzt immer getan hat. Die andere Interpretationsmöglichkeit ist, dass sich Walt der gegenwärtigen Situation um Hank und Marie bewusst ist, und dass er weiß, dass diese beiden sein Geheimnis kennen. Doch auch dafür wird er eine Lösung finden, like always. RJ Mitte ist nach der unschönen Botschaft, dass der Krebs seines Vaters zurück ist, die Betroffenheit ins Gesicht geschrieben. Sogleich verwirft Junior auch seine Pläne, zu seiner Tante zu fahren. Walt hat es mal wieder geschafft. Er hat seinen Sohn erfolgreich manipuliert, auch wenn es dieses Mal keine Lügen waren. Das macht es vielleicht nicht ganz zu schlimm, doch nichtsdestotrotz bleibt ein kleiner Beigeschmack.

My job
Hank kommt nach Hause und wird sofort von Marie bearbeitet. Diese wartet eigentlich noch auf Flynn bzw. Junior, doch kümmert sie sich nach dem Eintreffen ihres Gatten erst einmal um ihn und möchte wissen, ob er seine Kollegen über Walt aka Heisenberg informiert hat. Hat er nicht. Das findet Marie wiederum überhaupt nicht gut, macht sie sich doch große Sorge um Hank und den Umstand, dass dieser auch angeklagt werden könnte, weil er eben niemanden über seinen Schwager und dessen Aktivitäten in Kenntnis gesetzt hat. Hank wirkt nach wie vor sehr angespannt. Die ungeduldige und aufgelöste Art Marie’s macht ihm ein wenig zu schaffen. „Don’t tell me how to do my job.“ (Hank zu Marie) Jeder weitere Schritt muss wohl überlegt sein.

This is my confession
Wir wechseln wieder rüber zur White-Residenz. Wir sehen das Schlafzimmer, und aus dem Off hören wir Skyler’s (Anna Gunn) Stimmer erklingen. Walt, are you sure about this?“ Walt: „It’s the only way.Wir warten gespannt darauf, was als nächstes passiert. Vor dem Bett steht eine Vieokamera. Walt setzt sich auf die Bettkante. Skyler drückt auf Aufnahme. Walt stellt sich kurz vor, wie er heißt und wo er wohnt. Und dann… „This is my confession.“ (Walt) Aha. Walt scheint sein Geständnis aufzunehmen. Resigniert er? Schauen wir mal, wo uns das hinführen wird.

Anything else?
Es folgt eine von sehr vielen sehr guten Szenen in Confessions. Wir sehen ein gut besuchtes mexikanisches Restaurant. Walt und Skyler sitzen an einem Tisch und warten anscheinend auf jemanden. They’re here.(Walt zu Skyler) Die Kamera wechselt und wir sehen Hank und Marie im Eingangsbereich des Restaurants. Das große Aussprechen also. Mit Spannung erwarten wir den weiteren Verlauf der Szene. Hank und Marie nehmen Platz, Walt möchte das Gespräch beginnen, doch fährt ihm just in diesem Moment ein äußerst engagierter Kellner in die Parade. Dieser kann erst einmal abgewimmelt werden, es gibt wichtigeres als die tagesaktuelle Spezial-Guacamole. Hank’s Gesichtsausdruck wirkt unerbittlich, wie Granit. Walt teilt Hank und Marie seine Sorgen um Junior mit, doch beide, auch Marie, reagieren eher gnadenlos und angewidert von Walt. Walt macht noch einmal deutlich, dass Hank keinerlei Beweise hat. Wieder kommt der junge Kellner an den Tisch, unwissend, dass es wohl gerade nicht der beste Augenblick ist, um nach der Bestellung zu fragen. Doch auch dieses Mal kann die Bedienung vertröstet werden, die Anwesenden brauchen noch ein wenig Zeit. Marie versucht nun, Skyler zu bearbeiten. Diese stellt sich aber eher schützend vor Walt. Dessen Leben als Drogenbaron ist längst vorbei. It’s in the past. It’s over. There’s nothing to go after here. There’s nothing to accomplish.” (Skyler) Marie kann nicht recht glauben was sie da hört, das Vertrauen in ihre Schwester ist komplett erloschen. Hank lässt kurz seinem Zorn freien Lauf, auch gegenüber Skyler, und Walt fragt ihn, was er denn tun könnte, um ihn und Marie zu überzeugen. Marie’s eher fragwürdiger, zumindest für Walt und Skyler, aber in ihren Augen einzig logischer Lösungsvorschlag: „Just kill yourself.“ (Marie zu Walt) Hank wiederum wäre das zu einfach („He’s not getting off that easy.“), Walt und auch Skyler müssen ihre gerechte Strafe erhalten. There’s only one solution. Step up, be a man and admit what you’ve done.“ (Hank zu Walt) Walt erhebt sich langsam. Er holt eine Disk hervor, legt sie auf den Tisch und schiebt sie in Richtung Hank und Marie. Walt und Skyler verlassen das Restaurant. Aus dem Off hören wir den Anfang der Aufnahme des vermeintlichen Geständnisses von Walt. Hat dieser gerade Hank den entscheidenen Beweis, sein Schuldbekenntnis übergeben? So recht mag man nicht daran glauben.

Doch bevor es gefühlt ungeschnitten weitergeht, kurz ein paar Worte zu dieser Szene. Hier sitzen vier ausgezeichnete Schauspieler an einem Tisch und liefern allesamt eine fantastische Performance ab. Es ist eine intensive Szene, in der es eine Freude ist, jeden einzelnen Gesichtsausdruck der Beteiligten bis aufs kleinste Detail zu beobachten und zu deuten. Vom Inhalt des Gesprächs mal ganz zu schweigen. Hinzukommt die so Breaking Bad-typisch untypische Szenerie, dieses überfüllte Restaurant, die Musik im Hintergrund, der junge, über-engagierte Kellner, der fast schon wie eine Comic Relief-Figur wirkt. Einfach sehr sehr gut.

… for what he really is
Weiter geht’s, wie bereits gesagt, gefühlt ungeschnitten. Hank und Marie stehen in ihrem Wohnzimmer vor dem Fernsehgerät und schauen sich die Disk an, welche ihnen Walt gegeben hat. Es ist Walt’s Geständnis, und der Zuschauer erwartet mit Spannung, was wohl als nächstes passieren wird. Und dann passiert es. „If you’re watching this tape, I’m probably dead. Murdered, by my brother-in-law, Hank Schrader. Hank has been building a meth empire for over a year now and using me as his chemist.(Walt) Walt schiebt Hank die komplette Schuld zu. Hank hat ihn ausgenutzt, Hank hat gemeinsame Sache mit Gustavo Fring gemacht und diesen dann später umgebracht etc. Walt verrät die ganze komplexe Geschichte plus Details, nur dass anstelle seines Namens der von Hank steht. Dieser kann es nicht fassen. Marie ist ebenfalls entsetzt, beide starren bewegungsunfähig auf den Bildschirm. Es ist einfach unfassbar. All das, was Walt da im Video von sich gibt, ändert sogleich auch unsere Sichtweise als Zuschauer auf die Szenen zuvor. Im Schlafzimmer von Walter und Skyler, als letztere ihn fragt, ob er das wirklich tun will, ob wirklich dieses „Geständnis“ aufnehmen möchte. Im Restaurant, als Walt um eine Lösung bemüht schien und dann augenscheinlich Hank sein Geständnis überlässt. In Wirklichkeit handelt es sich um eine Drohung, und auch Hank stellt dies schnell fest. Es ist einfach absurd und falsch, was Walt in diesem Video sagt. All I could hope to do was to make this video and hope that the world will finally see this man for what he really is.(Walt über Hank) Walt ist den Tränen nahe, ein jeder würde ihm diesen Oscar-würdigen Auftritt abkaufen. Walt vertauscht die Rollen und uns Zuschauern kommen so viele Dinge die er sagt bekommt vor, weil sie eben in fast identischer Art und Weise auch schon von Hank gegenüber Walt formuliert wurden. Hank und Marie ist der Schock ins Gesicht geschrieben. Es ist unbegreiflich, zu was Walt und Skyler in der Lage sind. Hinzukommt ein weiteres Geheimnis, von dem Hank keine Ahnung hatte: Nach dem Mordanschlag auf ihn (S03E07 One Minute) bezahlten diese beiden zum größten Teil die Arzt- und Reha-Kosten für Hank. They told me it was gambling money…“ schluchzt Marie. Doch es war drug money. Nun ist die Situation komplett umgedreht. Damit sitzen auch Hank und Marie in der Klemme. Hank scheint zu resignieren. („That’s the last nail in the coffin.“) What do we do?“, fragt ihn Marie. Es ist ein bizarrer Moment, denn wir erinnern uns sofort an ähnliche Szenen zwischen Walter und Skyler, als Walt’s bzw. ihr gemeinsames Geheimnis gelüftet wurde und Skyler Walt ähnliche Fragen stellte. Eine großartige Szene, mit so viel Inhalt, so symbolisch für Walt’s (und Skyler’s) Wandel zu dem, was aus ihm geworden ist und wie weit er für manche Dinge gehen würde. Hier blieb mir schlicht und einfach die Spucke weg.

Reset Button
Nach dieser eindringlichen Szene finden wir uns in der weiten und trockenen Wüste New Mexico’s wieder. Saul und Jesse warten auf jemanden. Jesse bemerkt eine Vogelspinne auf dem sandigen Wüstenboden. Wir können nur vermuten, doch ist es nicht unwahrscheinlich, dass er genau wie wir an den Jungen aus der fünften Episode der fünften Staffel (S05E05 Dead Freight) denken, der eine solche Spinne in einem Glas fing und am Ende der Folge von Todd erschossen wurde. Walt tritt auf und informiert sich über das Gespräch zwischen Jesse und Hank. Walt stellt sich dann schnell als die nächste Person heraus, die Jesse unbedingt helfen will. Maybe it’s time for you to just leave all of this behind.Walter will Jesse weg haben. Weg aus Albuquerque, weg von Hank. Immerhin könnte Jesse das Droh-Video Walt’s an Hank unbedeutend machen, weil er eben weiß, was wirklich der Wahrheit entspricht. Walt hört sich in diesem Moment sehr verständnisvoll und fürsorglich an („concerning dad“), Jesse hört ihm unaufgeregt zu. Ein jeder hat wohl die ganze Zeit das Gefühl, dass Walt wahrscheinlich nur an sich selbst und seine eigenen Interessen denkt. Und dann feiert Jesse seinen großen Auftritt. „Would you just for once stop working me?“ (Jesse zu Walt) Jesse durchschaut Walt’s Manipulationsversuche. Er erkennt, dass es nicht um ihn geht, sondern Walt nur an sich selbst denkt. Wo Jesse noch in früheren Folgen oft sehr naiv und gutgläubig rüberkam, hat er eine Entwicklung durchgemacht, die ihn mit Blick auf Mr. White und dessen Methoden sensibilisiert hat. Das Vertrauen ist längst verloren, wie der Zuschauer misstraut er jetzt Walt und seinen Absichten. In diesem Moment kommt alles raus, Jesse ist es leid, ständig für Walt und seine Spielchen herhalten zu müssen. Just tell me you need this!(Jesse zu Walt) Vielleicht würde Jesse ja bereitwillig Albuquerque verlassen, wenn Walt auch nur einmal ehrlich zu ihm wäre. Walt nähert sich dem aufgewühlten Jesse langsam und nimmt ihn in den Arm. Und Jesse lässt es nach anfänglichem Zögern geschehen. Er ist nicht so gefestigt wie Walt, extrem emotional und auch labil, gerade mit Hinblick auf die fünfte Staffel. Eine packende, emotionale Szene. Walt’s Gesichtsausdruck nachdem er Jesse in den Arm genommen hat bereitet mir noch etwas Kopfzerbrechen. Denkt er wirklich nur noch an sich?  Oder meint er es gerade ernst? Ohne Frage, er war schon immer eine Art Vaterfigur für Jesse. Realisiert er vielleicht gerade in diesem Moment, was aus Jesse geworden ist? Wie kaputt er eigentlich ist, was Walt aus diesem jungen Menschen gemacht hat? Fühlt er sich an seine Verantwortung für Jesse erinnert? Eure Ideen dazu bitte in den Kommentarbereich.

Come to the dark side
Szenenwechsel. Wir befinden uns in der Waschanlage der Whites. Walter betritt das Büro, wo sich Skyler befindent, abwesend und in ihren Gedanken versunken. Das falsche Geständnis Walt’s machen ihr anscheinend schwer zu schaffen. Ihr Verständnis für Moral ist ihr wohl noch nicht ganz abhanden gekommen, ganz im Gegenteil zu ihrem Gatten. Dieser versucht sie zu beruhigen. „It worked.“ (Walt zu Skyler) Recht offensichtlich aber nicht minder effektiv kommt die Positionierung von Walt und Skyler und die Lichtgestaltung im Raum daher. Skyler ist weiß gekleidet und sitzt in einem Lichtschein. Sie scheint der einzig helle Punkt im ganzen Raum zu sein. Walt steht im Schatten, man erkennt nicht einmal richtig seine Gesichtszüge. Er steht in der Dunkelheit, eben jene Dunkelheit, die langsam aber sicher Skyler umschließt. „We’re fine.“, versichert Walt Skyler. Eine tolle Bildsprache, die mehr als tausend Worte sagt.

Out for a walk
Wir sehen eine kurze Szene mit Hank im Mittelpunkt. Dieser sitzt in seinem Büro in der DEA-Behörde, nachdenklich und etwas abwesend. Gomez (Steven Michael Quezada) tritt herein. Hank scheint ein paar Leute auf Jesse angesetzt zu haben, Gomez findet das gar nicht gut, denn hat Hank bekanntermaßen eine eher unschöne Vergangenheit bezüglich Jesse Pinkmann. Gomez wird nicht wirklich schlau aus Hank, dieser wirkt wie durch den Wind. Das Überwachungsteam wird abgezogen und Hank verlässt sein Büro. Er muss hier raus. Andere Dinge beschäftigen ihn viel zu sehr.

Mr. Credit to Society
Jesse befindet sich mit Saul in dessen Büro. Anscheinend ist Jesse auf das Angebot Walt’s eingegangen, Saul kümmert sich um eine neue Identität für ihn. Nun lässt sich wieder diskutieren, ob Walt’s Manipulationsversuche wieder einmal erfolgreich waren oder ob Jesse selbst aus freien Stücken diese Entscheidung gefallen hat und sein von Schuld zerfressenes Leben irgendwie hinter sich lassen will (ich sage letzteres). Dennoch, Jesse ist angespannt und will sich dementsprechend entspannen, doch nicht einmal das gönnt ihm Saul. Dieser erklärt Jesse dann den weiteren Ablauf, drückt ihm ein Mobiltelefon für den Notfall in die Hand („Seriously? Hello Kitty?“) und wünscht ihm auf seinem weiteren Weg alles Gute. Jesse verlässt das Büro, wird noch kurz von Huell angerempelt und ist dann auf dem Weg zu dem Ort, an dem er abgeholt werden soll.

Wilmington Cigarretes
Es folgt eine eher anspruchsvolle Szene, die dem geneigten Zuschauer von Breaking Bad ein bisschen was abverlangt. Im Grunde genommen muss man sich einfach nur erinnern. Jesse steht an einer Straße und wartet auf seine Abholung. Er tastet seine Taschen ab, möchte er sich nachdem Saul es ihm verboten hatte doch einen Glimmstängel der besonderen Art gönnen. Doch kann er den Beutel mit dem Marihuana nicht finden, den er eben noch in seine Tasche gesteckt hatte. Dafür zaubert er eine Packung Zigaretten hervor. Und auf einmal fällt es ihm wie Schuppen von den Augen. Huell hat ihm das Marihuana abgenommen (was man bei genauerem Hinsehen auch deutlich erkennen kann), genau wie Huell ihm einst die Packung Zigaretten mitsamt der Ricin-Kapsel abgenommen hat, die Jesse so viele schlaflose Nächte bereitet hatte, gerade auch in Hinblick auf die fast tödliche Vergiftung Brock’s am Ende der vierten Staffel (S04E12 End Times / S04E13 Face Off. Diese Szene ist nicht ganz leicht nachzuvollziehen, auch ich hatte wie viele andere Menschen da draußen Probleme, sofort eine Verbindung herzustellen. Und da es bereits einen Artikel gibt, der sich ganz vorzüglich mit dieser Problematik beschäftigt hat, verlinke ich diesen an dieser Stelle: Breaking Bad Episode 511: Recap, Explanations And A Timeline. Hier wird noch einmal detailliert erklärt, was sich hinter dieser Szene verbirgt. Wie gesagt, dafür bin auch ich sehr dankbar. Für diese Szene in Confessions ist nun erst einmal nur wichtig zu wissen, dass Jesse festgestellt hat, das Walter den jungen Brock damals vergiftet hat, nachdem, so lässt es sich auch im Artikel hinter dem Link noch einmal nachlesen, Walt Jesse eindringlich versicherte, dass er nichts damit zu tun hatte. Eine Breaking Bad-typische, blecherne Musik setzt ein. Wutentbrannt verlässt Jesse die Szenerie. Den Wagen, der ihn abholen sollte, lässt er links liegen.

Tell me one more time to calm down
Jesse stürmt in Saul’s Büro und dreht frei. Uns wird der Gedankengang Jesse’s erklärt, er hat es durchschaut, Walt hat Brock vergiftet, Saul und Huell haben ihre kleinen Rollen in dieser Aufführung gespielt. Saul muss ordentlich einstecken, eine äußerst spannende Szene entspinnt sich, zugegeben, in diesem Moment hätte ich Jesse fast alles zugetraut. Saul gibt alles zu (Confessions!) und Jesse ist die Wut auf Walt wahrlich ins Gesicht geschrieben (Aaron Paul liefert grandios ab). Er schnappt sich Saul’s Wagenschlüssel und verlässt entzürnt das Büro.

Frosty Snub
Wir wechseln noch einmal rüber in die Waschanlage. Skyler bedient gerade einen Kunden, als wir im Hintergrund äußerst rasant Walt vorfahren sehen. Er ist aufgebracht, hat ihn doch Saul sogleich von dem Vorfall mit Jesse berichtet. Walt überprüft zum einen, ob es Skyler gut geht, zum anderen will er sich auf eine mögliche Konfrontation mit Jesse vorbereiten. In einem Getränkeautomaten versteckt befindet sich sein Revolver, bekannt z.B. aus S04E02 Thirty-Eight Snub. Mit diesem bewaffnet verlässt Walt die Waschanlage. Kommt es noch zum großen Knall?

Gasoline
Jesse brettert in die Auffahrt des Hauses der Familie Walt. Er schnappt sich einen Kanister Benzin und stürmt auf die Eingangstür zu. Mit einem beherzten Tritt verschafft er sich Zutritt. Erneut hören wir spannungsgeladene, dröhnende Musik. Jesse schüttet in totaler Rage den Inhalt des Benzinkanisters über die Einrichtung und den Boden des Hauses. Die finale Einstellung zeigt ihn wie besessen, brüllend entleert er das Benzin über die Kamera, die dieses Bild einfängt. Und Ende.

Gesamteindruck
Holla. Das war sehr gut. Meiner Meinung nach die bisher beste Folge der zweiten Hälfte der fünften Staffel von Breaking Bad, auch wenn sich die bisher erschienenen drei Folgen von der Qualität nur um Nuancen voneinander unterscheiden. Confessions hatte für mich unglaublich viele gute Szenen, in denen die komplette Schauspielerriege von vorne bis hinten einfach nur glänzen konnte, vor allem Aaron Paul und Bryan Cranston. Die Szene im Restaurant, Walt’s Geständnis, Walt und Jesse in der Wüste, Jesse’s Epiphanie und das fulminante Schlussbild. Das war stark. Nebenbei gab es noch ein paar sehr gute Ideen in der visuellen Umsetzung und bezüglich der Kameraarbeit, handwerklich gibt es an Breaking Bad einfach absolut nichts auszusetzen. Der Moment, in dem Jesse feststellt, dass Walter Brock vergiftet hatte, mag eventuell ein wenig kryptisch rüberkommen, aber dennoch wird der neuerliche abgrundtiefe Hass Jesse’s gegenüber Walt außerordentlich gut transportiert. Das Tischtuch scheint endgültig zerschnitten, wir dürfen äußerst gespannt sein, was uns nächste Woche erwartet. Fackelt Jesse tatsächlich Walt’s Haus ab? Im Opening bzw. Rückblick in Buried (S05E09), als ein zersauster Walt das verlassene Haus der Whites betritt, sah man jetzt nicht wirklich irgendwelche Brandschäden...

Wie hat euch Confessions gefallen? Teilt ihr meine Meinung, dass dies als erster kleiner Höhepunkt der zweiten Hälfte der fünften Staffel von Breaking Bad durchgehen könnte? Was fandet ihr besonders gut, was hat euch eventuell gestört? Gibt es Dinge, die ich vergessen habe zu erwähnen, wollt ihr eure eigenen Gedanken, Ideen oder Theorien mit mir und dem Internet teilen, dann immer raus damit. Wie immer bin ich natürlich auch offen für Kritik, freue mich über Feedback und jedwede Art der Beteiligung. 

Nächste Woche Sonntag folgt dann Episode 12 der fünften Staffel von Breaking Bad, Bergfest bzw. Halbzeit sozusagen, und ich bin schon ein wenig arg doll aufgeregt. Titel der nächsten Folge: Rabid Dog. Tollwütiger Hund. Wer damit wohl gemeint ist. Wovon wir aber ausgehen können: Die Episode Rabid Dog wird ordentlich Biss haben. Aua. Bis nächste Woche. 

Dienstag, 20. August 2013

Breaking Bad S05E10 - Buried

Es folgen meine gesammelten und wie so oft äußerst umfangreichen Gedanken zur 10. Episode der fünften Staffel von Breaking Bad, Buried.

ACHTUNG, SPOILERWARNUNG!!! WEITERLESEN AUF EIGENE GEFAHR!!! 

Opening
Nachdem wir letzte Woche eine Art Foreshadowing und Blick in die nahe Zukunft des Walter Whites erhaschen konnten, lässt man diese Woche die Zukunft Zukunft sein und widmet sich der Gegenwart. Wie fast immer ist man zu Beginn des Openings etwas auf verlorenen Posten. Ein älterer Herr tritt in Erscheinungen und aus seinem Haus heraus. Er möchte soeben in sein Auto steigen, als sein Blick auf etwas fällt, dass in seiner Einfahrt liegt: ein dickes Geldbündel. Ungläubig blickt sich der Senior um und entdeckt prompt weitere Bündel dieser Art. Nicht schlecht, wird er sich wohl denken, doch ganz geheuer ist ihm das nicht. Wir als Zuschauer wissen natürlich, dass Jesse (Aaron Paul) dahinter steckt, welcher in Blood Money noch diese Geldbündel aufgrund starker (Mit)Schuldgefühle wie ein Zeitungsjunge in der Nachbarschaft verteilte. Und dieser Jesse hat auch im Opening einen kurzen, wortlosen Auftritt, doch sagt dieser wieder einmal mehr als tausend Worte. Der ältere Herr bemerkt ein Fahrzeug, dass auf dem nahe liegenden Spielplatz steht. Darin befindet sich ein Tasche gefüllt mit noch vielen mehr von diesen dubiosen Geldbündeln. Gleichzeitig vernimmt er (und auch der Zuschauer) ein unangenehmes Quietschen. Die Kamera schwenkt auf eine sich drehende Plattform wie man sie von Spielplätzen kennt. Darauf liegt Jesse, abwesend und doch beschäftigt, zumindest gedanklich. Gepaart mit dem nervenden Geräusch des verrosteten Spielgeräts, macht auch diese Szene deutlich, dass Jesse zurzeit (bzw. eigentlich schon seit einiger Zeit) einfach nicht mehr die Person ist, die er mal gewesen war. Immer wieder faszinierend sind für mich, wie zum Beispiel auch in diesen Moment, Aaron Paul’s glasige Augen, mit den er einfach wie kein anderer gekonnt ins Leere blicken kann und dadurch eine so verwundbare und am Boden zerstörte Person darstellt. Ein stiller, aber viel sagender Moment zu Beginn dieser Episode.


Objects in mirror are closer than they appear
Puh. Nachdem wir letzte Woche mit der Konfrontation von Hank und Walt aufgehört haben („Tread lightly.“), setzen wir auch gleich wieder an selber Stelle ein. Hank (Dean Norris) und Walter (Bryan Cranston) hatten ihren talk, beide schauen sich noch einmal tief in die Augen, bevor sich letzterer auf den Weg macht. Die Spannung ist förmlich greifbar. Keiner verliert sein Gesicht vor den anderen. Dass Hank’s Ermittlungen und Vorwürfe aber doch nicht ganz an Walt vorbeigehen, zeigt sich, als sich das Garagentor zwischen ihm und Hank schließt. Hektische Musik setzt ein, Walt rennt etwas panisch zu seinem Wagen und versucht sofort Skyler (Anna Gunn) zu erreichen. Er muss sie davon in Kenntnis setzten, dass Hank seinem (bzw. ihren) Geheimnis auf die Schliche gekommen ist. Jedoch kommt Walt nicht durch, Skyler telefoniert gerade. „What do you mean, she won’t get off the phone?“ (Walt). Im Hintergrund öffnet sich noch einmal das Garagentor und Hank tritt heraus. Walt blickt in den Seitenspiegel seines Autos und sieht eben diesen mit einem Telefon in der Hand bzw. am Ohr. Zu spät, Walt. Hank war schneller. Wie ein Wilder rast Walt zur Waschanlage. Doch Skyler ist nicht mehr da.

We need to talk
Wie es uns bereits in der Szene zuvor suggeriert wurde, ist Hank erfolgreich bei Skyler durchgekommen und hat sie anscheinend von Walt's eigentlicher Persönlichkeit in Kenntnis gesetzt. Doch weiß Hank natürlich nicht, dass Sky schon seit langer Zeit im Bilde ist. Viel mehr als das, Skyler kann man rein theoretisch spätestens seit dem Kauf der Waschanlage und dem systematischen Geldwaschen als Mithelferin oder auch Komplizin Walt’s bezeichnen. Skyler und Hank treffen sich in einem Diner, wobei letzterer sofort sehr fürsorglich mit seiner Schwägerin umgeht. Er versteht jetzt alles, die Probleme zwischen ihr und Walt, ihren Selbstmordversuch etc. Und er will ihr helfen. Hank wirkt dabei so verständlich und beruhigend gegenüber Skyler, aber auch so unfassbar wütend und angewidert gegenüber Walt. Dean Norris zeigt sich hier von einer sehr starken Seite. „He’s a monster.“ (Hank). Monster ist hier wohl noch eine der harmlosesten Bezeichnungen Hanks für Walt, dem der Hass und Zorn gegenüber seinem Schwager wahrlich ins Gesicht geschrieben steht und welchen er auch sogleich offen kundtut. Skyler wiederum kann ihren derzeitigen Gemütszustand gut kaschieren, was vor allem daran liegt, dass sie sehr geschockt aussieht und Hank dies als völlig natürlich einordnet. Als Zuschauer wissen wir jedoch viel mehr als Hank und so wird die Interpretation von Skyler’s Mienenspiel zu einer sehr interessanten Aufgabe. Sie scheint nicht wirklich zu wissen, wie sie auf all dies reagieren sollen, die Konsternation ist ihr ins Gesicht geschrieben. Hank will schnell handeln und bittet Skyler darum, eine Aussage zu tätigen, doch überfordert dies Skyler in jeglicher Hinsicht. Ein „Do we have to do this right now?“ bibbert über ihre Lippen. Zusätzlich erfährt sie auch noch von Hank, dass Walt’s Krebserkrankung zurück ist, was die Entscheidung über ihr weiteres Vorgehen nicht wirklich erleichtert. Skyler braucht erst einmal Zeit zum Nachdenken und versucht, die Situation zu entschleunigen. Doch Hank drängt sie. „It’s in your best interest to get out there and show the world you have nothing to hide.“ (Hank zu Skyler) – doch da liegt das Problem. Sie hat etwas zu verbergen. Die Szene endet wie man es fast erwartet hat. Für Skyler ist es einfach zu viel auf einmal, sie bekommt eine Panikattacke und stellt Hank mehrmals und sichtlich aufgelöst die Frage „Am I under arrest?!“, jedes Mal ein wenig lauter, bis sie ihn förmlich anschreit. Was Hank als eine wohlmöglich normale Reaktion ob des Inhalts des Gespräches zwischen ihr und ihm deutet, ist natürlich viel mehr als das. Skyler muss raus, sie muss weg von Hank. Alles könnte nun zusammenbrechen. Eine tolle Szene zwischen Anna Gunn und Dean Norris.

Huell McDuck
Nach diesem recht intensiven und packenden Moment wartet Buried nun mit einer kleinen Comic Relief-Szene auf. Wir sehen das Innere der Lageranlage in welcher Walt in einem der Räume diesen gigantischen Haufen Geld („Jesus, Mary and Joseph!“) aufbewahrt (S05E08 Gliding Over All). Saul’s Handlanger Huell (Lavell Crawford) und Kuby (Bill Burr) haben den Auftrag bekommen, das Geld aus dem Lager zu schaffen, es scheint dort nicht mehr sicher zu sein. Aber beim Anblick das Haufens verschlägt es Huell und Kuby die Sprache. „I got to do it man…“ gibt Huell von sich und legt sich grunzend auf das Bett aus Geldscheinen. Nach kurzem Protest gesellt sich auch sein Kollege dazu. Ein scheinbar überragendes Gefühl. „Mexico. All’s I’m sayin’…“. Huell spielt doch ernsthaft mit dem Gedanken, zuzugreifen und sich über die Staatsgrenze zu verdrücken. Kuby jedoch hat ebenfalls einen kleinen Hinweis für Huell und erinnert diesen daran, wem denn dieser Haufen Geld gehört: dem Typen, der innerhalb von zwei Minuten zehn Leute hat umbringen lassen (wieder S05E08 Gliding Over All). Also vergiss das mal lieber wieder ganz schnell Huell. Ein Grinsen beim Anblick des eher kräftigen Helfershelfer kann sich wohl niemand verkneifen.

Send him to Belize? I’ll send you to Belize.
Wir sehen Saul (Bob Odenkirk) und Walt. Saul versucht Jesse zu erreichen, jedoch ohne Erfolg. Walt wiederum erhält endlich einen Rückruf von Skyler, doch Saul verbietet ihm förmlich ranzugehen. Am anderen Ende könnte Hank mit einem Aufnahmegerät sitzen und dann wäre wirklich alles im Argen. Für Walt ist es dies schon längst, doch Saul versucht ihn zu beruhigen („It’s bad, but it could be worse.“) Was an dieser Situation allerdings noch schlimmer sein könnte, mag Walter nicht so recht einleuchten. Denn: „Hank knows.“ (Walt). Schlimmer könnte es nicht sein. Saul macht dann einen äußerst gewagten Vorschlag, Hank nach Belize zu schicken, da wo Walt auch Mike hingeschickt hat. Was sich anfangs etwas kryptisch anhört, wird relativ schnell sehr deutlich: Saul schlägt vor, dass Walt Hank doch um die Ecke bringen könnte. Walt kann gar nicht glauben, was er gerade gehört hat („Hank is family!“) und ist eher erschüttert. In diesem Moment war ich erst ein wenig erleichtert, dann mich beschleicht, wie auch schon in der ersten Hälfte der fünften Staffel mit Bezug auf Mike, das Gefühl, dass Hank weit oben auf der Abschussliste stehen könnte. Vince Gilligan und Co. wäre dies durchaus zuzutrauen. Walt’s entschiedene Haltung dagegen vermittelt erst einmal den Eindruck, dass Hank weiteres Fortbestehen (noch) relativ sicher ist. Es könnte aber natürlich auch die erste Stufe des Unvermeidbaren bzw. der erste Schritt in diese Richtung sein. Niemand hätte ja auch damit gerechnet, dass Walt irgendwann einmal Mike umbringen würde oder? Jetzt ist Walt noch überzeugend dagegen, niemals würde er so etwas tun. Bietet es sich da nicht an, gerade in Anbetracht der Erzählweise der Serie und der Entwicklung der Hauptfigur Walter White, dass er es früher oder später doch in Erwägung ziehen würde, seinen eigenen Schwager umzubringen? Eure Gedanken dazu bitte in den Kommentarbereich.

Die Szene endet damit, dass Huell und Kuby mit einem Van voll Geld bei Saul aufschlagen. Walt überprüft kurz den Inhalt von den Fässern, in denen sich das Geld aus dem Lagerraum befindet. Walt ist sich wohl bewusst, dass Huell und Kuby eventuell selbst das ein oder andere Bündel eingesteckt haben. Seine penible Art zu überprüfen, ob sein Vermögen im Großen und Ganzen komplett ist, ist zum einen menschlich und verständlich. Ganz ehrlich, wer würde sich nicht so verhalten? Dennoch ist es auch symptomatisch für Walt’s Besessenheit bezüglich dem, was er sich erarbeitet hat. Die etwas gierigen Blicke Saul’s und Co. bei der Abfahrt Walt’s und seiner Millionen runden das Bild ab und verleiten zum Schmunzeln.

Buried Indeed
Es folgen ein paar wunderschöne Aufnahmen Arizonas, wie wir sie schon so oft in Breaking Bad haben sehen können. Walt fährt mit dem Van in die karge Steppe, Schaufel und Spitzhacke im Anschlag. Zeit für ein neues Versteck für sein Geld. Damit wäre auch der Episodentitel erklärt.

You have to get him
Wir befinden uns im Hause White. Skyler versucht nach wie vor Walt zu erreichen, ohne Erfolg. Auf einmal klopft es an der Tür. Es ist Marie (Betsy Brandt). Hank hatte Skyler im Diner versichert, dass Marie noch nichts wissen würde, doch ist dies immer noch der Fall? Etwas zögerlich lässt Skyler Marie herein. Und wie es scheint weiß sie es. Marie ist zwar immer noch ungläubig ob der Dinge, welche ihr Hank erzählt hat, doch fungiert sie nun auch als dessen Mittelsfrau, um an Skyler heranzukommen. „It can’t be true.“ (Marie zu Skyler). Aber es stimmt. Marie setzt das Puzzle zusammen, langsam dämmert ihr es. Es entspinnt sich eine sehr emotionale Szene zwischen den beiden Schwestern. Marie erkennt, dass Skyler schon länger von Walt’s (ehemaligen) Aktivitäten als Drogenkoch weiß. Sofort verfolgt sie die Geschichte zurück und erinnert sich an das grausame Attentat auf Hank, dass diesem fast das Leben gekostet hätte und woran Walt indirekt und über ein paar Ecken beteiligt war (S03E07 One Minute). Skyler: „Marie, I’m so sorry.“ Marie: „You’re sorry. You’re…“ Klatsch. Eine Ohrfeige. Und die sitzt. Es kommt zu totalen Bruch zwischen Marie und Skyler, die Situation eskaliert. Marie will Sky’s Tochter Holly mitnehmen, es folgt eine unübersichtliche und laute, aber dennoch sehr intensive und angespannte Szene. Hank kann die Gemüter etwas beruhigen, doch Marie ist nun auf 180. Als beide im Auto sitzen, merkt man auch ihr (wie bereits Hank vorher in der Diner-Szene am Anfang der Episode) die Wut und Verachtung gegenüber Walt an. „You have to get him.“ (Marie zu Hank.) Marie ist wütend auf Skyler, doch ist sie viel wütender auf Walt. Er hat ihre Schwester da mit reingezogen, er hat sie verdorben, er ist Schuld. Hank und Marie wissen nach wie vor nichts von Skyler’s teilweiser Beteiligung. Ich bin gespannt, wie sich diese Sache entwickeln wird. Eine spätere Szene gibt noch einmal Einblick in die Thematik (Unterpunkt Where have you been?). Betsy Brandt, die sonst weniger zu tun hat, kann man an dieser Stelle mal ein Kompliment machen. Ein sehr guter Auftritt von ihr.

+34° 59' 20.00", -106° 36' 52.00
Walt ist immer noch am Buddeln. Es ist eine beschwerliche Arbeit für eine einzige Person, hinzukommt die sengende Hitze bei Tag und die unangenehme Kälte bei Nacht. Sofort überlegt man sich, wie lange das gut gehen soll, ist doch gerade wieder erst Walt’s Krebserkrankung aufgebrochen. Walt schafft es schlussendlich, sein Geld gut zu verstecken. Er prägt sich sorgfältig via GPS-Gerät die Koordinaten des Ortes, an dem er sein Geld vergraben hat, ein. Begleitet wird die ganze Aktion von einem sehr passend, rhythmischen Song, Quimey Neuquén von José Larralde.


(Die Koordinaten +34° 59' 20.00", -106° 36' 52.00 weisen übrigens auf den Standort der Albuquerque Studios hin, ein Produktionsort bzw. das Produktionsstudio der Serie.)

Where have you been?
Wir befinden uns erneut im Hause White. Die erste Aufnahme dieser Szene zeigt einen Lotterieschein, auf welchem Walt cleverweise die Koordinaten seines Geldverstecks eingetragen hat. Wahrhaftig ein Gewinnerlos. Es kommt zur ersten Aussprache zwischen Skyler und Walt. Skyler versichert Walt sogleich, Hank nichts verraten zu haben. Doch Walt bekommt davon nicht all zu viel mit, bricht er doch vor Erschöpfung zusammen und landet äußerst unsanft auf dem harten Badezimmerboden. Wenige Stunden später erwacht er auf demselbigen, umsorgt von Skyler. Der Krebs ist wirklich zurück, seine Aktion in der Einöde Arizonas hat ihm viel Kraft gekostet. Symbolisch lässt sich dieser Zusammenbruch natürlich auch deuten. Das gesamte Gebilde, welches Walt bis dato aufgebaut hat, droht zu kollabieren, so wie er selbst. Walt bietet Skyler an, sich zu stellen und die Schuld auf sich zu nehmen bzw. Skyler gänzlich zu entlasten, jedoch nur unter einer Bedingung: „You keep the money.“ Für sie und die Kinder. Es wirkt schon wie der finale Abgesang, die letzten Worte Walter Whites. Er will die ganzen Gräueltaten nicht umsonst begangen haben. Er wirkt sogar ein wenig schuldbewusst, den Gedanken an ein Empire hat er längst aufgegeben, jetzt geht es um das Essentielle, seine Familie. Doch Skyler mag die Flinte nicht ins Korn werfen. Hank hat bis jetzt nur Vermutungen und keine handfesten Beweise. „So maybe our best move her eis to stay quiet.“ (Skyler zu Walt). Eine interessante Entwicklung. Walt wäre bereit, sich zu opfern, doch Skyler hält an ihm fest. Es gab Momente in Breaking Bad, die diese Verbundenheit der beiden zueinander belegt hatten, aber ebenso gab es genügend Momente die uns deutlich machten, dass zwischen den beiden sehr viel im Argen liegen würde. Das scheint sich wieder geändert zu haben. Nahe liegend ist aber auch die Vermutung, dass Skyler sich der Tatsache bewusst ist, dass mit Walt’s Aufgabe nicht viel gekonnt wäre. Nicht nur er wäre hinter Gitter, auch das Geld wäre weg. Zugegeben, ich tue mich schwer Skyler einzuschätzen, es ist nun mal ein sehr ambivalenter Charakter, was ich wiederum äußerst positiv finde.

Fire in the Hole
Ein Szenenwechsel, der nicht ganz in den bisherigen Verlauf der Episode passt, aber mir dennoch gut gefiel. Lydia (Laura Fraser) trifft sich mit Drogendealer Declan (Louis Ferreira). Schon in Blood Money machte sie gegenüber Walter deutlich, dass sie nicht mit der Qualität der Ware einverstanden ist. Jetzt packt sie das Problem direkt an und bekommt, vermutlich auch aufgrund ihrer aufdringlich-ungeduldigen Art, eine Audienz bei Declan, samt einer Führung durch die Drogenküche. Lyida ist nicht wirklich vom „Labor begeistert, welches zur Herstellung des Crystal Meths dient. Sie schlägt Declan vor, Todd (Jesse Plemons) zu engagieren, dieser arbeitete doch schon gut mit Heisenberg zusammen. Aber Declan hält nicht viel von diesem Vorschlag, er vertraut nur seinen eigenen Leuten, und dazu zählt nun mal nicht Todd. Und plötzlich… „We have a problem.“ Declan verlässt das Labor-Kabuff und der Zuschauer wird mit Lydia zusammen alleine gelassen. Lydia verhielt sich schon die ganze Zeit etwas auffällig, jedoch weiß man bei ihr nie, ob das ihr komischer Charakter, eine Macke oder wirklich ein Anhaltspunkt für etwas Verdächtiges ist. Wir warten gespannt auf das, was als nächstes passiert. Lydia geht in Kauerstellung und sucht Deckung. Man hört ein paar Stimmen. Schüsse fallen. Eine Patronenhülse fällt durch den Lüftungsschacht vor die Füße Lydias. Die Luke zum Labor öffnet sich. Und siehe da, es ist Todd. „It’s safe to come up whenever you want.“ (Todd zu Lydia). Lydia überrascht in dieser Szene. Zum einem kam sie mir immer wie ein äußerst schwacher und labiler Charakter vor, eventuell sogar ein wenig unfähig ob ihrer Ungeduld und gesteigerten Ambitionen. Hier hat sie nun anscheinend ein tödlicher Auftrag erteilt, was ich so nicht zugetraut hätte. Doch zeigt sich auch ihr Unbehagen, denn sie möchte nicht wirklich sehen, was Todd und seine Helfer dort draußen angerichtet haben. Dieser Helfer sind übrigens sein Onkel und dessen White Supremacist-Gang, bekannt aus S05E08 Gliding Over All und verantwortlich für die von Walt veranlassten Gefängnismorde. Diese haben hier ein wahres Blutbad angerichtet. Drogendealer Declan kriecht mit letzter Kraft über den Boden, wird aber sogleich kaltblütig hingerichtet. Breaking Bad gehört nun mal zu den gnadenlosesten Shows im TV, auch das wird hier mal wieder deutlich. Und: Todd is back. Lydia scheint einen neuen Koch für ihre Ware gefunden zu haben…

You have to tell them
Jetzt drängt Marie Hank, endlich etwas zu unternehmen. Er muss mit seinen neuen Erkenntnissen umgehend zu seinen Kollegen und sie einweihen. Doch Hank muss sich vorbereiten. Er ist erfahren genug und weiß selbst, dass er bis jetzt nur vage Vermutungen zur Hand hat. („I go in there, I bring in proof, not suspicions.“ (Hank zu Marie)) Was Hank viel mehr zu schaffen macht, ist der Fakt, dass er, nachdem seine Kollege informiert wären, seine Karriere vorbei ist. Es ist für ihn nach wie vor schwer greifbar, dass sein Schwager Heisenberg ist bzw. sein könnte. Damit zerstört Walt all das, was Hank sich aufgebaut hat. „The day I go in with this, it’s the last day of my career.“ (Hank) Marie macht sich natürlich sorgen, dass Hank’s Wartetaktik nach hinten losgehen könnte. Was, wenn Walt vorher geschnappt wird? Hank könnte als Mittäter angeklagt werden, der den Behörden die Aktivitäten seines Schwagers bewusst verschwiegen haben könnte. Ein wichtiger Punkt. Walt darf ihm nicht alles nehmen. Hank wagt doch den Schritt ins Büro.

Just another day at the office? Not really.
Hank betritt das Büro seiner DEA-Abteilung und wird herzlich willkommen geheißen (unter anderem von Legendary-Beard-Guy). Gut, dass er wieder da ist. Doch für Hank ist dies sichtlich keine einfache Situation. Wie geht er vor? Es rattert in seinem Kopf. Auch Steven „Gomie“ Gomez (Steven Michael Quezada) heißt ihn willkommen, ein bissiger Kommentar darf da nicht fehlen. Gomez weiht Hank auch gleich in den Tagesablauf ein, doch plant Hank ein wenig anders. Gomez soll einen conference call mit DEA Special Agen in Charge Ramey (Todd Terry) organisieren. Hank hat ihm ja schließlich etwas mitzuteilen. Bevor Gomez Hank’s Büro verlässt kommt er noch auf einen alten „Freund“ Hank’s zu sprechen: Jesse Pinkman. Den hatte Hank ja mal äußerst übel zugerichtet (auch in S03E07 One Minute). Pinkman ist in Gewahrsam und Hank wird ihm aller Voraussicht nach einen Besuch abstatten.

B-024
Jesse wird in einer kleinen Zelle von zwei Polizisten befragt. Diese spielen sich ein bisschen auf, können aber kein Wort aus Jesse herausbekommen. Er ist wieder einmal abwesend und nicht wirklich im Raum. Am Ende der Folge wird er nicht ein einziges Wort in dieser Episode gesagt haben. Hank tritt auf und sieht die Möglichkeit, Jesse bezüglich Walt zu befragen. Pinkman passt irgendwie in diesem verworrenen Gebilde mit rein. Vielleicht kann Hank wichtige Informationen bekommen, die ihm helfen könnte, Walt wirklich dingfest zu machen. Hank öffnet die Tür zur Befragungszelle und tritt ein. Wir müssen uns aber gedulden, was dieses Gespräch zwischen Jesse und Hank eventuell hervorbringt. Denn das heben sich die Macher für die nächste Episode auf.

Gesamteindruck
Auch in dieser Episode wurden uns einige sehr starke Auftritte der beteiligten Schauspieler präsentiert. Dean Norris läuft langsam aber sicher zur Höchstform auf, er liefert erneut eine sehr starke Performance ab. Aber auch Betsy Brandt, die eigentlich eher selten im Fokus steht, hat eine tolle Szene mit Anna Gunn, welche wiederum auch sehr zu überzeugen weiß. In Sachen Aaron Paul werden wir ein wenig auf die Folter gespannt, nächste Woche könnte es äußerst interessant werden, gerade mit Blick auf das Gespräch zwischen Jesse und Hank. Der kurze Schwenk zum Massaker rund um Lydia und Declan in der Wüste ist eine gute Erinnerung daran, wie hart Breaking Bad ist und schon immer war. Für mich persönlich war in den ersten beiden Folgen noch nicht der ganz große, überragende Moment dabei, doch werde ich keinesfalls ungeduldig. Blood Money und Buried bilden zusammen einen sehr guten Einstieg in die zweite Hälfte der fünften Staffel von Breaking Bad, nicht nur visuell, sondern vor allem auch schauspielerisch wird wieder  einmal deutlich, warum Breaking Bad zur Crème de la Crème der internationalen Serienlandschaft gehört.

Wie hat euch Buried gefallen? Ich hatte schon angedeutet, dass ich mir ein Ableben Hanks definitiv vorstellen könnte (ich bin kurz davor sehr fest daran zu glauben), wie sieht eure Meinung dazu aus? Oder habt ihr andere Punkte, die in meinen Ausführungen nicht erwähnt wurden, aber eurer Meinung nach sehr wichtig sind? In die Kommentare damit. Ansonsten freue ich mich wie immer über Feedback, konstruktive Kritik und rege Beteiligung.

Nächste Woche Sonntag läuft den Folge Numero 11 der fünften Staffel von Breaking Bad. Titel: Confessions. Hank und Jesse besprechen 45 Minuten lang Usher’s Erfolgsalbum aus dem Jahre 2004. Ich kann es kaum erwarten.

Samstag, 17. August 2013

Der Frank-Underwood-Komplex - House of Cards (Season One)


Als die Netflix-Eigenproduktion im Februar diesen Jahres in einem Rutsch veröffentlicht wurde, heizte man dadurch nicht nur die Diskussion ob der neuartigen Art und Weise des Konsumierens von Serien (Stichwort binge-watching) an, welche für viele schon selbstverständlich geworden ist und womit andere eher weniger anfangen können und gerade der Spannung wegen weiterhin die wöchentliche Veröffentlichung ihrer Lieblingsserie präferieren, nein, auch die von David Fincher unter seine Fittiche genommene Serie rund um den demokratischen Kongressabgeordneten Frances „Frank“ Underwood selbst (hervorragend gespielt von Kevin Spacey) wusste durchaus zu überzeugen. Großartig gefilmt und mit wunderbaren Aufnahmen gespickt, für Politik-Aficionados überaus interessant, clevere Drehbücher, ein gute bis sehr gute Besetzung, und vor allem, ein sehr starker Hauptdarsteller. Um es kurz und knackig auf den Punkt zu bringen: House of Cards gefiel mir gut.

Doch schreibe ich diese paar Zeilen nicht, um einfach nur Stellung zu dieser mehr als ordentlichen und meiner Meinung nach zu Recht für den Emmy nominierten Serie zu nehmen. Vielmehr möchte ich auf den Aspekt der Show eingehen, der sowohl die Stärke als auch die Schwäche des Formats ist. Denn dieser eine Punkt brennt mir nach der ersten und mit Hinblick auf die zweite Staffel wahrlich auf der Zunge: Kevin Spacey’s Frances „Frank“ Underwood - Fluch und Segen zugleich.

Dabei darf man keinesfalls Schauspieler und Rolle bzw. Figur als ein Ganzes bewerten. Spacey ist ein fantastischer Schauspieler, das ist er schon immer gewesen und er wird es auch immer sein. Sein überzeugendes, selbstbewusstes und –sicheres Auftreten, seine Fähigkeit problemlos zwischen den verschiedensten Gesichtsausdrücken und Facetten zu wechseln, sei es falsche Freude, eine bedrohliche und stoisch ernsthafte Miene etc. ist wunderbar mit anzusehen. Spacey ist in der Lage mit Körpersprache, mit Mimik und mit Eloquenz absolute Macht zu demonstrieren, die wohl wichtigste Eigenschaft hinsichtlich der Figur des Frank Underwoods.

Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass ich nicht unglaublich begeistert von Frank Underwood war. Es gibt zahlreiche Momente, in denen Underwood bzw. Spacey fantastisch abliefert, dazu zählen auch die unzähligen Male als er das Publikum direkt anspricht und sozusagen die vierte Wand durchbricht. Doch nun wird es problematisch. Denn dieser starke Charakter, diese unfehlbare Figur, die sich zwar manchmal aber eher selten, wirklich sehr selten am Rande ihrer Hoffnungen befindet, und dann doch wieder alles so hinbiegen kann, dass es ihr am besten passt, diese Figur ist paradoxerweise auch einer der Schwachpunkte von House of Cards.

In House of Cards passiert nichts, dass in irgendeiner Form nicht mit Frank Underwood zu tun hätte. Jeder Charakter handelt so, wie es ihm passt bzw. wie es der Geschichte um die Figur herum passen würde. Moment, sagt nun der- oder diejenige, welche die erste Staffel gesehen hat, es gibt doch noch Kate Mara’s Zoe Barnes, Underwood’s Ehefrau Claire (Robin Wright) und ihre Wohltätigkeitsorganisation oder Corey Stoll’s Peter Russo. Das ist vollkommen richtig, die gibt es. Doch existiert jede einzelne Figur dieser Serie, die drei oberen miteinbegriffen, nur, um der Figur des Frank Underwood zu dienen. House of Cards präsentiert sich größtenteils als ein wahnsinnig egozentrisches Format, inklusive ein paar unbedeutender, nebelkerzenartiger Nebenplots. Es ist Frances Underwood, der hier im Mittelpunkt steht und niemand sonst, es gibt kein Problem, dass er nicht lösen könnte, er ist der große Marionettenspieler im (Vorder- und) Hintergrund, omnipräsent, omnipotent. Und wieder wird manch einer sagen "Moment mal, was ist denn mit der 6. Folge, als sich Frank Underwood im Fernsehen vor der gesamten Nation lächerlich macht?" Ein peinlicher Moment für Underwood (für den Zuschauer wiederum äußerst unterhaltsam und amüsant), in der man sieht, dass Frank Underwood doch nicht so unfehlbar ist, wie es immer scheint. Doch ist dies leider nur ein Moment von House of Cards, in dem dies wirklich deutlich wird. Hinzukommt, dass er von seinem Gegenüber nicht in Grund und Boden debattiert wird, nein, Underwood schlägt vielmehr sich selbst. Das ist naürlich eine gute Idee, denn sein gesteigertes Selbstbewusstsein bzw. seine Arroganz sind wohl die offensichtlichsten Schwächen der Figur, doch warum muss sofort wieder der Eindruck entstehen, dass Underwood selbst sein ärgster Feind ist? Dass, wenn es jemand gibt, der ihm Paroli bieten und ihn besiegen könnte, nur er es selbst ist, der ihm im Wege steht?

Das ist von Produzent und Regisseur David Fincher, Schreiberling Beau Willimon und all den anderen Beteiligten eventuell (bzw. anscheinend) auch so gewollt. Und dieser Fokus auf diese allmächtige Figur funktioniert auch für den größten Teil, als Zuschauer hat man zweifellos den allergrößten Respekt vor Underwood und erkennt ihn als einen im wahrsten Sinne überragenden Charakter an. Doch irgendwann kommt für den Zuschauer der Moment (bei mir war es gut nach der Hälfte der Staffel), wo sich das Ganze etwas fad anfühlt. Wo man sich nach einem ebenbürtigen Gegner sehnt. Den bekommt man auch zum Ende hin, doch ist dessen angriffslustiger Auftritt (die Rede ist von Raymond Tusk, verkörpert von Gerald McRaney, welcher stark aufspielt) auch nur von kurzer Dauer, denn so ist auch dieser Charakter letztendlich kein Problem für Frank Underwood. Ein Hoffnungsschimmer, wenn man es denn so drastisch formulieren darf, ist Kate Mara und ihre Figur der Zoey Barnes, die sich glücklicherweise im Laufe der Staffel von Frank Underwood emanzipiert hat (auch wenn viel zu spät) und sich mit Hinblick auf die zweite Staffel als fähige Gegenspielerin Underwood’s herausstellen könnte. Hinzukommt der Handlungsbogen von Underwood's Assistenten Doug Stemper (Michael Kelly), der für ein wenig mehr Spannung sorgen könnte und bereits in den letzten beiden Episoden der ersten Staffel dementsprechend Potenzial andeutet.

Es ist schon bezeichnend, dass die besten Episoden der ersten Staffel von House of Cards diejenigen sind, in denen Frank Underwood nicht wie ein allmächtiger, allwissender und stets kalkulierender Puppenspieler daherkommt. In der achten Episode, meiner Meinung nach dem stärksten Kapitel dieser Season, gibt es eine wunderbare Rückkehr Frank’s an seine alte Kadettenschule. Hier wirkt Underwood zum ersten Mal (und eventuell sogar zum einzigen Mal? Diskussion!) wie ein Mensch, und keine Gottheit. Auch in Folge 12, dem Aufeinandertreffen von Tusk und Underwood, eine Situation in der Frank lange nicht weiß, woran er ist, präsentiert sich House of Cards von seiner besten Seite.

Man verstehe mich bitte nicht falsch, House of Cards ist ein gutes, vielleicht sogar sehr gutes Format, eines der möglicherweise besten dieses Jahres. Doch ist hier nicht alles Gold was glänzt. Die vermeintliche Stärke dieser Serie ist zugleich ein Schwachpunkt. Für die zweite Staffel wünsche ich mir daher, dass man sich zumindest etwas wenn nicht sogar deutlich von dieser Frank Underwood-zentrischen Perspektive löst. Gut möglich, dass man in der ersten Staffel Spacey’s Underwood bewusst ein Monument gebaut hat, um es in der zweiten sogleich wieder einzureißen. Das wäre vielleicht wünschenswert. Denn weitere 13 Episoden über den unbesiegbaren, unüberwindbaren, unfehlbaren Frank Underwood und seine dummen Schafe, die sich dem Wolf unterwerfen wie es ihm am besten passt und sich von ihm nach dessen Lust und Laune verspeisen lassen, das wäre nun wirklich etwas enttäuschend.

House of Cards - Trailer

 


Habt ihr, werte Leserschaft oder hast du, werter Leser, der eine da draußen in den unendlichen Weiten des Interwebz, die erste Staffel von House of Cards gesehen? Wie fandet ihr bzw. wie fandest du sie? Bin ich mit meiner Meinung komplett auf dem falschen Dampfer oder habt ihr valide Argumente, die gegen meine Ausführungen sprechen? Raus damit. Ich freue mich über jede Form von Beteiligung, ob andere Meinungen, konstruktive Kritik oder allgemeines Feedback. Nur hasserfüllte Kommentare finde ich doof. Aber sowas macht man ihr ja nicht.

Dienstag, 13. August 2013

Breaking Bad S05E09 - Blood Money

Der ein oder andere wird sich eventuell erinnern können: Vor gut einem Jahr, als die erste Hälfte der fünften und somit finalen Staffel von Breaking Bad ausgestrahlt wurde, hatte ich mir die Aufgabe gestellt, jede Woche meine Gedanken zu den aktuellen Episoden der AMC-Erfolgsserie zu präsentieren. Und das kam anscheinend auch ganz gut an.

Vergangenen Sonntag war es dann endlich soweit, Breaking Bad feierte den Start in die letzten acht Folgen dieser Serie – und der Buzz war bzw. ist gigantisch. Ich für meinen Teil hatte mir eigentlich wieder vorgenommen, ähnlich wie vor einem Jahr mich deb immer sonntags erscheinenden Folgen zu widmen. Jedoch wusste ich noch nicht ganz, ob ich es zeitlich hinbekommen würde. Hinzukommt ein Urlaub Ende September, der mich sowohl die vorletzte als auch letzte Folge von Breaking Bad verpassen lässt. Dementsprechend müsste ich dann zwei Reviews nachliefern, was ich auf den ersten Blick ziemlich doof finde.

Ich war mir also doch etwas unschlüssig darüber, wieder wöchentlich meinen Senf zu Heisenberg und Co. abzugeben. Gestern habe ich mir dann die neunte Folge der fünften Staffel, den Anfang vom Ende, Blood Money, angeschaut. Ich habe mir spontan einen Zettel geschnappt und Notizen gemacht, wie vor einem Jahr. Und ich bekam wieder Lust, diese Notizen mit dem Internet und anderen Menschen zu teilen. Also alles wie immer, an dieser Stelle wird von heute an wöchentlich ein paar Ausführungen meinerseits zu den aktuellen Episoden der letzten Staffel von Breaking Bad lesen können. Wer sich noch mal einen Überblick verschaffen möchte, was ich vor einem Jahr so zu diesem Thema verbrochen habe, der klicke bitte HIER. Aber genug gefaselt. Fangen wir an, in altbekannter Manier…

ACHTUNG, SPOILERWARNUNG!!! WEITERLESEN AUF EIGENE GEFAHR!!!


Zuallererst: Es geht weiter!
Was haben wir alle gewartet. Gerade in den letzten Wochen wurde es deutlich, wie sehr die Menschen dem Start der letzten acht Folgen einer der vermeintlich besten TV-Serien aller Zeiten entgegenfieberten. Ausführliche Recap-Videos, eine sehr gelungene Middle School Musical-Parodie, ComicCon-Hysterie, Theorien und Spekulation über den Ausgang der Serie, Gänsehaut-Teaser und vieles, vieles mehr. Es war einfach an der Zeit. Und die Zeit ist jetzt gekommen. Willkommen zur zweiten Hälfte der fünften Staffel von Breaking Bad.

Opening
Blood Money beginnt mit einer klassischen Pre-Intro-Sequenz, welche wir über die Jahre schätzen und lieben gelernt haben. Foreshadowing ist hier das Stichwort, diese mehr oder weniger kurzen Momente bevor der Name der Show eingeblendet und gelber Rauch durchs Bild wabert suggerieren dem Zuschauer stets eine mögliche Entwicklung, ein zukünftiges Bild oder ein Moment, der noch kommen wird und mit dem wir zumeist erstmal nicht viel anfangen können, da er aus dem Zusammenhangen gerissen ist. So auch dieses Mal. Nahaufnahme. Eine Gruppe Jugendlicher skatet in einer Halfpipe oder ähnlichen. Doch Moment, langsam wird deutlich, dass es sich nicht um eine Halfpipe, sondern vielmehr um einen Pool handelt. Erste Assoziation: Der Pool der Familie White. Der rosafarbene Teddybär aus der zweiten Staffel. Skyler’s Selbstmordversuch in der vierten Folge der fünften Staffel (Fifty-One). Und tatsächlich, eine weite Aufnahmen zeigt uns das Haus der Familie White, runtergekommen, versifft und beschmiert, hier lebt schon lange niemand mehr, vor allem nicht die Whites. Ein Auto fährt vor. Und da steht er, Walter White (Bryan Cranston), heruntergekommen und vollbärtig, mit dem monströsen Maschinengewehr im Kofferraum, dass er in der ersten Folge der fünften Staffel (Live Free or Die) noch von Waffenhändler Lawson (Jim Beaver) erwarb. Walt näher sich dem verlassenden Haus und tritt ein. Eine gespenstische Atmosphäre. Der Zuschauer visualisiert sogleich den eigentlich Normalzustand des Gebäudes, die Inneneinrichtung, Junior am Frühstückstisch etc. Doch nichts davon ist zu sehen. In Großbuchstaben prangt HEISENBERG an der Wand. Ein teuflisches Andenken, ein Reminder: Heisenberg was here. Walt schreitet durch das Haus und man versucht seine Gedanken zu erahnen. Was empfindet er? Wehmut? Trauer? Zorn? Walt nähert sich dem Schlafzimmer und somit der Steckdose, hinter welcher er das Ricin in der zweiten Folge der fünften Staffel versteckt hatte (Madrigal). Er demontiert die Steckdose und findet das kleine Gefäß mit dem tödlichen Pulver. Er scheint jetzt Verwendung dafür zu haben. Er dreht sich um, eine kurzer Blick in einen zerbrochenen Spiegel – Ja, das bist du Walt, diese zerzauste Peron da im Spiegel. Walt verlässt das Gebäude. Er will soeben in sein Auto steigen, als er seine ehemalige Nachbarin bemerkt, absolut starr vor Schreck. „Hello Carol.“ haucht ihr Walter entgegen. Carol lässt ihre Einkäufe fallen, ihr ist sichtlich der Schock ins Gesicht geschrieben. Und Schluss. Wir tappen im Dunkeln. Und doch wissen wir anhand Carol’s Reaktion, dass uns etwas Großes erwartet. Auch ein bisschen verängstigt? Gut.

You’re okay to drive?
Wir setzen da ein, wo wir in der achten Episode (Gliding Over All) aufgehört haben. Im Hause White gibt es ein kleines Familiendinner, alles scheint friedlich. Jedoch… Hank (Dean Norris) kommt von der Toilette, dem Ort wo er soeben festgestellt hatte, dass sein Schwager Heisenberg ist bzw. sein könnte. Diese Erkenntnis macht ihm offensichtlich schwer zu schaffen. Hank fühlt sich äußerst unwohl und macht sich zusammen mit Marie auf den Heimweg. Walter sorgt sich etwas um Hank („You’re okay to drive?“), doch Hank sieht man an, dass er einfach nur schnellstmöglich von hier weg will. (Apropos: „Hello Carol!“ – „Oh hi Walt!“ Fantastisch.) Es folgt eine intensive Szene mit Hank am Steuer seines Wagens. Er hyperventiliert und erleidet einen nervlichen Zusammenbruch. Der folgende Unfall verläuft glücklicherweise glimpflich. Hank wird sich der Sache annehmen, keine Frage. Doch das alles war jetzt erst einmal einfach zu viel für ihn.

Business
Walt und Skyler (Anna Gunn) befinden sich vor ihrer Waschanlage und das Geschäft scheint äußerst gut zu laufen. Walt hat sogar die Idee, zu expandieren und eine weitere Waschanlage zu erwerben (zum einen um mehr Geld waschen und die Fassade besser aufrechterhalten zu können, zum anderen klingt ein wenig Walt’s „Empire“-Gedanke durch…). Lydia (Laura Fraser), die wir in der ersten Hälfte der Staffel als labile Mittelsfrau kennen gelernt haben, taucht auf und möchte mit Walt sogleich das Problem bezüglich der sinkenden Qualität seiner „Ware“ besprechen, was wohlmöglich aus Walt’s Geschäft mit Drogendealer Declan (Louis Ferreira, S05E06 Buyout / S05E07 Say My Name) resultiert. Walt ist wiederum nicht sonderlich beeindruckt von Lydia und würgt sie schnell ab. Und auch Skyler riecht den Braten und wird gegenüber Lydia recht deutlich. Ein kleine Erinnerung daran, dass es für Walt (und Skyler) jetzt ein wenig anders läuft, als noch vor vielen Monaten. Walt scheint sich zurückgezogen zu haben aus der Herstellung und dem aktivem Vertrieb von „Blue Sky“.

Working the Files
Hank hat sich etwas beruhigt und möchte seiner grausigen Vermutung nun genauer auf den Grund gehen. Dafür hat er sich diverse Akten zu sich nach Hause bestellt, um zum wiederholten Male Verbindungen zwischen all den Verdächtigen (Gus Fring, Gale Boetticher, Hector Salamanca etc.) herzustellen, nur dieses Mal unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sein Schwager auch Teil dieses Geflechts sein könnte. An und für sich keine extrem besondere Szene, doch die Montage, die Hank bei der Arbeit zeigt, dazu Jim White’s Wordmule, das gefällt gut. Und abschließend hält Hank auch noch eine Fahndungsskizze von Heisenberg hoch. Seinem Gesichtsausdruck zufolge fällt es ihm schwer, jetzt nicht seinen Schwager in diesem Bild wieder zu erkennne. 

Jim White - Wordmule


147 Kirks!
Das erste Mal das wir Jesse (Aaron Paul) in dieser Folge sehen. Aber dabei bleibt es auch. Badger (Matt Jones) und Skinny Pete (Charles Baker) komplettieren das Bild. Beide philosophieren über Star Trek und den komplizierten Prozess des Beamens. Und weit mehr als nur das, Badger präsentiert Skinny Pete auch nur einen eigens entworfenen Pitch zu einer Star Trek-Episode („Spock has total Vulcan conrol over his digestion!“), welcher einfach großartig und zum Schießen ist. Jesse ist hier nur nebensächlich. Er wirkt abwesend, in seine Gedanken vertieft. IM weiteren Verlauf der Folge wird näher darauf eingegangen... 


I’ll handle it
Wieder Jesse. Diesmal sitzt er im Empfangsbereich des Büros von Saul Goodman (Bob Odenkirk). Um endlich dranzukommen greift er zu einer eher ungewöhnlichen Methode („Jesse Pinkman’s out here smoking pot.“). Im Büro präsentiert sich Saul Goodman sogleich von seiner typischen Seite, nach einem kleinen Schäferstündchen mit einer etwas betagten Thai-Masseuse („Barn door open!“) hat er endlich Zeit für seinen Klienten. Dieser überrascht Saul damit, dass er 5 Mio. Dollar verschenken will, die eine Hälfte an die Enkelin von Mike, die andere Hälfte an die Eltern des von Todd erschossenen Drew Sharp (S05E05 Dead Freight). Jesse plagen Schuldgefühle, und das Geld erinnert ihn tagtäglich daran. Er will es um jeden Preis loswerden. Saul verspricht Jesse sich darum zu kümmern, auch wenn es nicht so einfach sein wird, wie es sich letzterer vorstellt. Der pflichtbewusste Anwalt greift nach dem Verschwinden Jesses sofort zum Hörer und informiert Walter. Seine Reaktion: „I’ll handle it.“ Eine Referenz an die achte Folge der fünften Staffel, Gliding Over All, in welcher Walt mit gelassener und selbstbewusster Miene (und nachdem er Mike erschossen hatte) Jesse diese Phrase entgegenschmetterte.

The past is the past
Es folgt eine der stärksten Szenen in Blood Money. Walt taucht bei Jesse auf und bringt das Geld mit, welches letzterer eigentlich Saul überlassen hatte. Walt’s „You’ve earned it.“ zu Jesse sind harte Worte in dessen Ohren, ist es doch im wahrsten Sinne „blood money“, die Jesse immer wieder an die vergangenen Gräueltaten erinnert. Walt versucht sich infolgedessen als Lebensberater und schlägt Jesse vor, die Vergangenheit ruhen zu lassen. Doch Jesse kann das nicht, er kann nicht vergessen. Auch Walt’s Beschwichtigungen („I’m out.“ – Verweis auf Mike.) zeigen kaum Wirkung. Jesse ist psychisch am Boden zerstört, und hinzukommt seine Sorge um Mike (Jonathan Banks), von dem er nichts mehr gehört hat. Walt lügt Jesse ohne mit der Wimper zu zucken an und versichert ihm, dass es Mike gut geht. Doch Jesse denkt sich seinen Teil, und stellt nebenbei noch eine kluge Schlussfolgerung auf. Walt appelliert wiederum an Jesse, „I need you to believe this. It’s [dass er Mike umgebracht hat] not true, it’s just not.”“I need you to believe me.” Jesse’s Gesichtsausdruck ist in diesem Moment alles andere als leicht zu analysieren. Schaut euch das Häufchen Elend doch an. Er sagt zwar, dass er Walt glaubt, aber gleichzeitig wird dem Zuschauer auch zum wiederholten Male klar, dass das Vertrauen zwischen ihm und Walt schon lange nicht mehr existent ist. Im Endeffekt sitzen beide nebeneinander und wissen, dass alles eine Lüge ist. Walt’s falsches Spiel zeigt keine Wirkung bei Jesse, doch reagiert er eher gleichgültig darauf, was wiederum auf seinen gegenwärtigen Gemüts- und Geisteszustand zurückzuführen ist. Ein sehr packender und vielsagender Moment, insbesondere was die Beziehung zwischen Walt und Jesse angeht.

Tracking Device
Wir sehen die Familie White beim Dinner, als Walt plötzlich die Toilette aufsucht. Die Nebenwirkungen der Chemotherapie gegen seine aufkeimende Krebserkrankung machen sich wieder einmal bemerkbar. Als er sich übergeben muss, folgt ein verhängnisvoller Blick auf die Zeitschriftenablage. Ein Buch fehlt. Das Buch fehlt. Walt Whitman’s Leaves of Grass, das Geschenk samt Widmung von Gale Boetticher (David Costabile). Wo könnte es nur sein? Eine unscheinbare Frage bezüglich Hank und seiner aktuellen körperlichen Verfassung bring Walter auf den Gedanken: Könnte Hank das Buch entdeckt und mitgenommen haben? Wieder einmal macht sich eine grausige Vermutung breit, dieses Mal bei Walter. Er geht vor die Haustür und untersucht sein parkendes Auto, und siehe da: ein GPS-Signal, ein Tracking Device, so wie jenes, das Walt für Hank an den Wagen von Gustavo Fring (Giancarlo Esposito) befestigt hatte (S04E08, Hermanos). Dank der passenden musikalischen Untermalung geht ein leichtes Beben durch den Körper des Zuschauers. Hank ist Walter auf den Fersen.

Take it
Jesse ist fix und fertig. Verzweifelt versucht er das Geld loszuwerden, das ihm so viele schlaflose Nächte bereitet hat. Daran klebt das Blut unschuldiger Menschen, und Jesse zerfrisst diese Schuld, nicht nur innerlich sondern auch äußerlich (Aaron Paul mit seiner unverkennbaren Mimik ist einfach unglaublich gut). So verschenkt erst einen ganzen Batzen Bares an einen mittellosen Obdachlosen, danach fährt er in bester Paperboy-Manier durch die Nachbarschaft und pfeffert Geldbündel durch die Luft, welche auf den Grundstücke wildfremder Menschen landen. Take it. Please.

Tread lightly
Die letzte Szene in dieser Folge. Und es verwunderte mich ein wenig, dass es noch in dieser Folge dazu kam. Walter sucht Hank auf. Ein Knistern liegt in der Luft, Hank sieht auch schon etwas mitgenommen aus, sein Blick wirkt glasig. Beide stehen sich gegenüber. In diesem Moment, so hatte ich den Eindruck, scheint schon fast alles klar zu sein. Walt zaubert das Tracking Device vor, welches er an seinem Auto gefunden hat, doch wirkt das Gespräch bis hierhin noch recht harmlos. Dann schließt Hank das Garagentor. Und ich bekomme Angst vor dem, was gleich geschehen könnte. Eine unglaublich (An)Spannung liegt in der Luft. „I don’t like the way you’re looking at me right now.” (Walt zu Hank) Und boom. Hank schlägt zu, Walter taumelt zu Boden. „It was you.“ Dean Norris liefert ab, und zwar richtig. Er verbindet die losen Enden und konfrontiert Walt auf eine sehr eindringliche, kraftvolle Weise. „I don’t know who you are. I don’t know who I am talking to.” (Hank zu Walt). Doch Walt bleibt selbstbewusst. Es ist das Selbstbewusstsein und die Selbstsicherheit, die er sich als Heisenberg erarbeitet hat. Eine mögliche Strafverfolgung Walter's wäer sinnlos, denn so sagt es Walter selbst, sein Krebs ist zurück, er ist ein dying man. Und überhaupt, Hank soll sich im Allgemeinen nicht zu sicher sein, wen er da vor sich hat. Diese verbale Reaktion Walt's lässt sich wiederum verschieden interpretieren. Zum einen, dass er Hank schlicht und einfach darauf hinweist, dass dieser momentan sehr vage Behauptungen aufstellt und Walt wohlmöglich zu Unrecht beschuldigt. Zum anderen hört sich auch wie eine Warnung an. Falls Walt wirklich Heisenberg ist - und Hank weiß nur zu gut, zu was Heisenberg in der Lage ist - dann muss Hank auch Acht geben, wer ihm hier gegenübersteht. „Tread lightly.“ (Walt zu Hank) Eine intensive, nervenaufreibend Schlussszene der neunten Folge Blood Money.

Gesamteindruck
Ein guter Einstieg. Bryan Cranston, Regisseur der Episode, zeigt, dass er auch hinter der Kamera ein Händchen für das Medium hat, gekonnte Aufnahmen und spannender Moment inklusive. Wir werden größtenteils an viele Dinge erinnert (Walt’s „Lebenswandel“, Lydia, Jesse’s Schuldgefühle etc.), doch bekommen wir glücklicherweise keine langweilige Folge mit ständigen Wiederholungen der vorangegangenen Episoden zu sehen. Damit wäre auch sowieso nicht zu rechnen gewesen. Ebenso stürzt man sich auch nicht unmittelbar ins Geschehen. „Tread lightly“ ist auch hier das Motto. Die Konfrontation zwischen Hank und Walt markiert den Höhepunkt von Blood Money. Wie wird es zwischen den beiden weiter gehen, wie wird vor allem Walt reagieren? Dean Norris zeigt sich von einer sehr starken Seite, und auch Aaron Paul gefiel mir in seiner Aaron Paul-esquen Performance wieder einmal sehr gut. Ansonsten fielen die unzähligen Referenzen und Verweise auf ältere Episoden auf, darunter auch Hank’s „I don’t know who you are. I don’t know who I am talking to.” gegenüber Walt, was stark an Skyler und den Moment, als sie Walt’s Geheimnis lüftet, erinnert. Ein guter Auftakt, der uns wie immer erwartungsvoller in Richtung der zehnten Folge, Buried, blicken lässt.
__________________

Uff. So viel zu ersten bzw. neunten Folge. Es ist doch mal wieder sehr viel geworden, wofür ich mich entschuldigen möchte. Wenn es läuft, dann läuft es nun mal. Falls es sich hier und da noch etwas holprig lesen sollte, bitte ich dies zu entschuldigen. Ich muss mich auch erst mal wieder ein wenig „eingrooven“. Ich hoffe aber, ich konnte euch dennoch ein paar nützliche Gedanken zu Blood Money mit auf dem Weg geben.

Jetzt seid ihr dran. Euer Eindruck vom Staffelhälftenauftakt? Wie gefiel euch Blood Money? Teilt ihr meine Ansichten oder gibt es etwas zu meckern? Bitte haltet euch nicht zurück, ich bin für jede Art der Kritik, des Feedbacks oder generellen Beteiligung dankbar. Ich lass mich sogar gerne auf Rechtschreibfehler hinweisen, also nur zu.

Nächste Woche geht es dann mit der 10. Folge der fünften Staffel von Breaking Bad weiter, namentlich Buried. Das hört sich irgendwie unangenehm an. Ich bin gespannt. Dazu dann wieder meine Gedanken, hier auf bommebastisch.blogspot.de.


Kleiner Nachtrag:
Wer sich wie ich kurz gewundert hatte, wer denn dieser Kevin Cordasco sei, dem diese Folge gewidmet war, der möge sich bitte das hier kurz durchlesen. Eine traurig-tolle Geschichte. (via A.V. Club)