Was für eine Folge. Das war ganz groß. Es folgen meine
Gedanken zur fünften Episode der fünften Staffel von Breaking Bad, Dead Freight.
ACHTUNG, SPOILERWARNUNG!!! WEITERLESEN AUF EIGENE GEFAHR!!!
Opening
Typisch.Wir befinden uns einer steppenartigen Umgebung und
beobachten, wie ein Junge mit seinem Motorrad durch die Gegend heizt. Bis er
auf einmal anhält und eine Spinne erspäht. Fasziniert von diesem Tierchen
verfrachtet er es in ein übliches Einmachglas. In der Ferne ist ein Zug zu
hören… In dieser Szene ist auf den ersten Blick nichts Außergewöhnliches zu
erkennen. Bis auf den Zug in der Ferne. Der Auftakt zu einer grandiosen
Episode.
Skyler
doesn’t love me any more
Die große Show des Walter White. Wie mich dieser Charakter
fasziniert, anwidert, begeistert, den Kopf schütteln lässt. Walter stattet Hank
in seinem neuen ASAC-Büro einen Besuch ab und legt die Karten offen auf den
Tisch. Ein gebeutelter Mann, dessen Frau ihn nicht mehr liebt, Tränen kullern
über seine Wangen, Walter hat die ganze Geschichte mit Skyler anscheinend doch
ziemlich mitgenommen. Anscheinend. Denn als Hank dem betroffenen Walter einen
Kaffee holen möchte und das Zimmer verlässt, zeigen sich Walt’s wahre
Absichten. Flugs befestigt er Spionageelektronik an Hank’s Rechner, ebenso
verwanzt er das Büro, sodass er und seine „Partner“ genau wissen, was bei
seinem Schwager so abgeht. Walt ist so falsch und skrupel- und gewissenlos,
doch das stört einen nicht mehr. Man erwartet solche Dinge von Walter. So weit
sind wir schon.
Lydia
Interessant wird es dann, als der eigentliche Grund für die
„Verwanzung“ von Hank’s Büro klar wird. Walter, Jesse und Mike sind sich nach
wie vor nicht sicher, ob der Tracker am Methylamin-Fass von Lydia oder von der
Polizei dort angebracht wurde. Mike lässt mal wieder eine seiner speziellen
Fähigkeit aufblitzen und Lydia wird eiskalt ausgespielt. Wo Jesse noch nichts
überstürzen möchte, ist sich Mike seiner Sache sicher (Herrlich: “Everyone sounds like
Meryl Streep with a gun to their head.”). An Methylamin kommt man auch auf andere
Weise, Walt nickt es ab und so scheinen die Tage von Lydia gezählt. Denkste.
Denn wie es sich (in letzter Sekunde) herausstellt, hat das DEA-Büro in
Houston, Texas das Fass markiert, und nicht nur dieses, sondern auch noch alle restlichen dazu. Dadurch ist das Madrigal-Lagerhaus vom Tisch und Lydia (welche
einen persönlichen Erfolg und Aufschwung dadurch feiern kann) darf vorerst
weiterleben.
Heist?
Nachdem das Lagerhaus tabu ist, wo bekommen Walter, Jesse
und Mike ihr Methylamin her? Und wer hätte es gedacht, Lydia hat einen
Vorschlag. Ein Zug mit allerlei Chemikalien an Bord, darunter auch eine
beachtliche Menge an Methylamin, durchquert Halb Amerika, darunter auch New
Mexiko, wo sich eine Gelegenheit bietet, das Methylamin zu „ergattern.“ Denn in
New Mexiko durchfährt jener Zug sogenanntes Dark Territory bzw. eine Dead Zone.
Sprich ein signalfreier Streckenabschnitt, mit keinen Kontaktmöglichkeiten zu wem auch
immer. „That’s where you do
it.“ (Lydia)
„That’s where we do what exactly?“ (Walt) “Get your methylamine.” (Lydia) “Like…
rob it? Like JESSE James?” (Jesse) Oh boy. Ein Zugüberfall. Wie gut wäre
das denn bitte? Mike stellt recht schnell klar, was bei so einem Vorhaben zu
beachten ist und welche Risiken zu berücksichtigen sind. Der klassische Mike.
Er hat Zweifel. Vor allem gegenüber Lydia. Kein Wunder, wollte diese ihn doch
umbringen lassen. Zurück zum möglichen Zugüberfall. Ob ihr es mir glaubt oder
nicht, aber just in diesem Moment als Lydia den Vorschlag machte, dachte ich
sofort an das Opening dieser Episode. Das Geräusch eines Zuges in
weiter Ferne. Spätestens ab diesem Zeitpunkt war ich dermaßen angespannt und
übertrieben neugierig, wie es in Dead Freight weitergehen würde.
Ein kurzer Einwurf. Holly und Junior sind bei Marie und Hank
untergekommen, wollen doch Skyler und Walt etwas Zeit für sich haben, um
diverse Probleme aus der Welt zu schaffen. Das denken zumindest Marie und Hank.
Junior nimmt das ziemlich stark mit, möchte er doch wissen, warum er nicht mehr
zu Hause wohnen darf. Ich bin wahnsinnig gespannt darauf, welche Rolle er in den
letzten 11 Episoden von Breaking Bad (übergreifend) einnehmen wird. Wird er
seinen Vater bis zum bitteren Ende so wahrnehmen wie bisher auch? Oder erfährt
die Wahrheit über seinen Dad? Und, auf letzteren Fall bezogen, wie wird Junior dann
darauf reagieren? Mal schauen, was sich Vince Gilligan einfallen lässt bzw.
schon hat einfallen lassen.
Heist!
Die drei Amigos beraten sich erneut. Wir sehen ein
klassisches Streitgespräch zwischen Walter und Mike, ein Auf- und Abwiegen der
Möglichkeiten, Risiken etc. Und Jesse sitzt wie so oft zwischen zwei Stühlen.
Doch dann hat er den (in dieser Staffel nach „Magnets bitch!“ in Live Free or Die bereits den zweiten richtig guten) Geistesblitz. Jesse James halt. Er hat
die Idee, wie sie an das Methylamin auf dem Zug herankommen können…
Preparation
Es ist so cool. Prompt kommen in mir die Gefühle für einen
Good Ol’ Western Train Robbery hoch. Walter, Jesse und Mike haben sich eine Stelle
ausgeguckt, an welcher der „Überfall“ ablaufen soll. Es zeigt sich wieder
einmal, dass Jesse doch ein helles Köpfchen besitzt. So wird an einer kleinen
Brücke, welche der Zug überqueren wird, eine Grube ausgehoben, in welche zwei
Tanks eingelassen werden. Einer davon ist leer, der andere mit Wasser gefüllt. Wenn
der Zug zum Stehen kommt, wird der Tank-Wagon mit dem Methylamin angezapft und
der Inhalt in einen der Tanks abgefüllt. Wenn dies geschehen ist, wird das
Wasser aus dem anderen Tank in den ehemals mit Methylamin gefüllten Tank-Wagon
geleitet. Dadurch entsteht der Eindruck, der Tank-Wagon wäre nach wie vor
unangerührt und niemand schöpft Verdacht. Natürlich nur bis zu dem Zeitpunkt,
wenn der Tank-Wagon an seinem Zielort geöffnet wird, doch da sind Walter, Jesse
und Mike schon längst über alle Berge. Keine Zeugen, keine Probleme. Cooler
Plan. Und das scheinen auch Walter und Jesse zu wissen (Mike - same procedure
as every time – bleibt vorsichtig/ skeptisch), denn irgendwie merkt man ihnen
an, dass sie sich schon selbst ein bisschen geil finden. Insbesondere, als sie Todd (Jesse Plemons)
(Vamonos Pest) das Vorhaben erklären. Der junge Todd ist also offensichtlich als
Helfer mit an Bord. Und das macht mich misstrauisch. Breaking Bad hat es
geschafft, dass ich wirklich jeder Figur, sobald sie in Erscheinung tritt,
sofort misstraue. Traue niemand. Und deswegen bin ich auch bei Todd skeptisch.
Was ist das eigentlich für ein Typ? Wenn ich zu diesem Zeitpunkt der Folge
gewusst hätte, wie es weitergeht…
Out burying bodies?
Eine kurze, aber wunderbare Szene. Skyler zickt mal wieder rum und
bemerkt die verstaubte Kleidung Walt’s. „Out burying bodies?“ (Skyler). Kurze
Pause. Und dann mit einer Lässigkeit und Coolness, die ihresgleichen sucht:
„Robbing a train.“ (Walter) Skyler’s Blick. Unbezahlbar. In einer ganz
eigenartigen Art ein wenig Genugtuung für Walter, sogar ein wenig Genugtuung
für mich, den Zuschauer.
Now, go go go!
Und da ist er, dieser Moment in dem jener Teil in Dead Freight beginnt,
welcher vielen, ach was rede ich, jedem, der diese Serie schaut, für immer in
Erinnerung bleiben wird. Der Überfall. Die Ausführung des Plans. Großartig. Es
liegt eine gewisse Anspannung in der Luft. Mit einem Shot aus der
Ego-Perspektive des sich nähernden Zuges setzt die Musik ein, einfach aber
effektvoll. Mit einem Lastwagen als Blockade auf dem nahe liegenden Bahnübergang wird der
Zug langsam zum Stehen gebracht. Walter, Jesse und Todd warten unter der kleinen
Brücke auf den Moment, an dem der Startschuss fällt. Der Zug hält, die Musik
setzt aus. „Now, go go go!“ (Walter) Hektische, mitreißende Musik setzt ein.
Walter, Jesse und Todd stolpern unter der Brücke hervor und rasen Hals über
Kopf zu ihren jeweiligen Positionen. Während der „Lockvogel“ die Zugführer
ablenkt, machen sich Jesse und Todd an den Tank-Wagon ran. Ein Rädchen greift
ins andere, man kann die Anspannung in den Gesichtern der Beteiligten sehen. Es
läuft. Wortwörtlich.
The Good
Samaritan
„Oh oh.” (Mike) Aus dem nichts taucht ein Ungetüm von
Fahrzeug auf, mit einem äußerst hilfsbereiten Fahrer am Steuern. Für den ist es
ein leichtes, den LKW, welcher die Gleise blockiert, vom Bahnübergang zu
schieben. Die Blockade wird aufgelöst.
Hold it!
Tempo, Freunde. Mike drückt auf Tube, doch Walter will alles
herauskitzeln. Die Spannung steigt unaufhörlich, beide Zugführer befinden sich
wieder in der Lokomotive, doch der Methylamin-Wasser-Austausch ist noch nicht
komplett. „Hold it! Hold it steady!“ (Walt) … „Now!“ Die Prozedur ist beendet,
doch jetzt geht es erst richtig los. Der Zug kommt langsam wieder ins Rollen,
Jesse und Todd müssen zusehen, dass sie den Tank-Wagon wieder verschlossen
kriegen. Ersterer bleibt ungefährdet im Gleisbett liegen, letzterer springt vom anfahrenden
Zug. Done. They made it. „Yeah bitch!“ (Jesse)
The Kid with
the Motorbike
Walter, Jesse und Todd sind noch ganz aufgewühlt, da passiert
es. Das, was diese Serie so besonders macht. Das, was uns als Zuschauer sofort wieder
auf den Boden der Tatsachen zurückholt. Vor wenigen Sekunden haben wir uns noch mit den
dreien gefreut, dass der Plan so gut funktioniert hat und sie ihn erfolgreich durchziehen
konnten. Doch dann passiert es. Walt schaltet
die Pumpe aus, doch wir hören weiterhin ein motorenartiges Geräusch. Walt sieht
ihn als erstes. Dann Jesse. Dann Todd. Der Junge mit dem Motorrad. Er hat sie
gesehen. Er winkt ihnen leicht ungläubig zu. Ein Shot auf das entgeisterte Gesicht
Jesse’s, ein Shot auf das entgeisterte Gesicht Walt’s. Was geht in diesem
Moment in ihren Köpfen vor? Todd winkt dem Jungen zurück. Und dann zieht er
eine Waffe und erschießt ihn. Der Junge fällt zu Boden. Mit ihm das Glas mit der
eingefangenen Spinne. Jesse’s „No!“ kommt zu spät. Ein schockierendes Ende. Ein
Schlag in die Magengrube. Das ist Breaking Bad.
Gesamteindruck
Ist überragend übertrieben? Nein. Diese Episode war
überragend. Man spürte förmlich, wie viel Spaß (während des Heist zum Beispiel) es den Darstellern gemacht haben muss, als sie Dead Freight gedreht haben. Das Sounddesign, die Kameraführung, der Heist an sich und dann
natürlich das Ende. Dieses Ende wird einiges in Gang setzen. Insbesondere Jesse
wird hart betroffen sein. Niemand sollte zu Schaden kommen, und vor allem kein
kleines Kind. Ich würde gar behaupten, dass diese Folge schon den Anfang vom
Staffelfinale markiert. Es ist einfach so ein Gefühl. Spekulativ: Es könnte zu einer Kettenreaktion kommen. Was ist mit Walter? Was
ging ihm durch den Kopf, als Todd den Jungen erschoss? Seine Reaktion war in
keiner Weise so dramatisch wie die von Jesse. War ihm bereits klar, was getan
werden musste und was passieren würde? Hat er rational schon so weit gedacht,
dass es nur eine Lösung für dieses „Problem“ geben würde? Und wer ist Todd
wirklich? In dieser Konstellation nimmt er die Position von Mike ein und mich
beschleicht das Gefühl, dass er mit diesem mehr zu tun haben könnte, als von
Walter und Jesse gedacht. Nach dieser Episode war ich erst einmal ziemlich
mitgenommen und musste eine Nacht darüber schlafen. Ein starkes Brett. Dead
Freight. Fehlfracht. Oder einfach Ballast. Dies trifft hier in vielerlei Hinsicht zu.
Wie hat euch Dead Freight gefallen, wart ihr vom Ende
ähnlich mitgenommen wie ich? Was ist euch aufgefallen, welche Fragen stellt ihr
euch nach dieser Episode? Hinterlasst einen Kommentar, eure Meinung, Anregungen
oder Kritik, ich freue mich darüber.
Am Sonntag, den 19. August, läuft Episode 6 der fünften
Staffel von Breaking Bad, Buyout. Dazu dann wieder meine Gedanken hier, auf
bommebastisch.blogspot.de.
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