Es folgen meine gesammelten und wie so oft äußerst
umfangreichen Gedanken zur 11. Episode der fünften Staffel von
Breaking Bad,
Confessions.
ACHTUNG, SPOILERWARNUNG!!! WEITERLESEN AUF EIGENE GEFAHR!!!
Opening
Wir steigen mit einer Szene ein, die wie so oft eher
losgelöst von der restlichen Handlung einer Episode ist. Todd (Jesse Plemons),
welcher letzte Woche noch gemeinsam mit seinem Onkel und dessen White
Supremacy-Gang auf Anweisung Lydias Declan und seinen Schergen den Garaus
gemacht hat, steht vor einem Diner an der Route 66 und versucht, Walter bzw.
Heisenberg zu erreichen, um ihm mitzuteilen, dass es eine kleine Veränderung
bezüglich der Meth-Herstellung („change in management“) gibt. Was folgt ist ein
eher normales Gespräch zwischen Todd, seinem Onkel und einem Gang-Mitglied.
Todd berichtet von dem spektakulären Zugüberfall, den er, Walt und Jesse vor
kurzem gemeinsam verübt hatten (S05E05 Dead Freight). Die Szene wirkt nicht wirklich wie etwas
besonderes, doch bekommt sie mit längerer Beobachtung einen sehr speziellen
Beigeschmack. Todd’s Onkel Jack und dessen Kollege suchen vor dem Verlassen des
Diners noch einmal schnell die sanitären Einrichtungen auf. Dabei registriert
Jack etwas Blut an seinem Stiefel, wischt es mit einem Stück Papier ab und
spült dieses die Toilette runter. Todd und Co. verlassen das Gebäude, sie steigen
in ihr Fahrzeug und überqueren sogleich die Grenze nach New Mexico, „Land of
Enchantment“ (welch Ironie). Was mich an diesem Opening wohl am meisten fasziniert,
ist die Normalität mit der die Beteiligten hier auftreten. Alle drei haben vor
wenigen Stunden auf grausamste Art und Weise mehrere Menschen hingerichtet,
wenn nicht sogar förmlich abgeschlachtet. Insbesondere der Moment, als Jack
sich das Blut vom Stiefel wischt, als wäre es das Normalste der Welt für ihn,
lässt die Szene sehr bizarr für mich erscheinen. Keine Gnade. Keine Reue. Wie
passend für Breaking Bad.
Not to you
Wir erleben noch einmal die Befragung Jesse’s (Aaron Paul)
durch die beiden Polizisten der letzten Woche durch seine Augen, dieses Mal
jedoch in einem Zeitraffer. Auf den ersten Blick wirkt es wie ein Drogentrip,
alles rast an Jesse vorbei, er ist einfach nicht in der Lage, Dinge aufzunehmen
oder zu begreifen. Hank (Dean Norris) tritt in den Raum, womit der Bogen zu
Buried geschlossen wäre. Wir erinnern uns, Hank sieht die Möglichkeit, Jesse
wichtige Informationen bezüglich Walt
bzw. Heisenberg zu entlocken, um diesen dingfest machen
zu können. Hank kommt dann auch sofort auf den Punkt (nachdem er die im Raum befindliche Kamera
ausgeschaltet hat, versteht sich). Er sagt Jesse, dass er weiß, dass sein
Schwager Heisenberg ist. Dies ist dann auch der Moment, in dem Jesse endlich
mal wieder eine Reaktion zeigt. „
Oh yeah. That’s the look.“ (Hank zu Jesse)
Hank möchte Jesse natürlich davon überzeugen, einen Deal mit ihm einzugehen. Er
ist in der Lage, Jesse zu helfen („
[I can] make all this go away“). Was er
natürlich nicht weiß ist, dass Jesse nur noch schwer zu helfen ist, dann die
Schuldgefühle die ihn zerfressen werden ihn bis in alle Ewigkeit verfolgen.
Hank spürt, dass es zwischen Jesse und Walt zu kriseln scheint und eine gewisse
Spannung existiert. Vielleicht kann er dies ja ausnutzen. Und auf einmal… Jesse
spricht! „
Eat me.“ Grob übersetzt: Hank kann ihn mal. Es folgt eine süffisante
Bemerkung bezüglich Hank’s Arbeitsmethoden (S03E07
One Minute), doch behält Hank einen
kühlen Kopf und lässt nicht locker. Aus dem Zwist zwischen Jesse und Walt muss
sich doch ein Vorteil ziehen lassen können.
„He really did a number on you, didn’t he?“ (Hank zu Jesse über Walt)
Mehr als nur eine. Hank hat einen wunden Punkt getroffen, denn Jesse ist
sich sicherlich bewusst, dass Walt ihn mehr als nur einmal gespielt und
getäuscht hat.
„Help me out
here, Jesse. Help me put him away. I know you want that.“ Jesse’s
bedrücktem Gesichtsausdruck zufolge könnte Hank gar nicht mal so falsch liegen.
Doch beißt er auf Granit.
Hank:
„I think you wanna talk.” Jesse: „Not to you.“ Eine eindringliche Szene
von Dean Norris und Aaron Paul, besonders letzterer weiß mal wieder mit seinem
ausgezeichneten Mienenspiel zu überzeugen.
Im nächsten Moment stürmt Saul Goodman (Bob Odenkirk) in den
Raum und grätscht erst einmal gehörig dazwischen, bissige Kommentare mit
Hinblick auf Hank’s vergangenen Umgang mit Jesse inklusive. Nachdem Hank den
Raum verlassen hat, gibt Saul dem guten Jesse erstmal eine ordentliche
Standpauke. Die Situation ist angespannt, und Jesse verhält sich nicht gerade
clever. „Things have gotten nuclear.“ (Saul zu Jesse.)
Work your magic
Wir befinden uns im Hause White. Walt wird von Saul via
Telefon bezüglich der aktuellen Situation rund um Jesse in Kenntnis gesetzt.
Walt’s Reaktion, wie so oft: Saul soll sich einfach darum kümmern. („Work your
magic.“) Während sich Walt im Schlafzimmer bzw. im Bad seines Hauses befindet,
betritt Sohnemann Junior (RJ Mitte) das Haus. Walt versucht, die Spuren zu
kaschieren, welche Hank auf seinem Gesicht hinterlassen hat, da klingelt im
anderen Teil des Hauses das Telefon. Wir hören, wie Junior abhebt. Am anderen
Ende der Leitung: Marie (Betsy Brandt). Sie bittet Junior, vorbeizukommen und
ihr bei einem Computer-Problem zu helfen. Walt weiß natürlich, um was es
wirklich geht. Marie kennt seine wahre Identität, sie könnte seinem Sprössling
davon erzählen und das kann er selbstverständlich nicht zulassen. Also sprintet
er zur Eingangstür, wo Junior gerade das Haus verlassen möchte. Er nimmt sich
seinen Sohn beiseite und beginnt ein Gespräch: „I just don’t want to keep
things from you. You deserve to know what’s happening.“ (Walt zu Junior) So
erzählt er Junior von seiner Krebserkrankung, dass es wieder schlimmer geworden
ist etc. Interessant ist zum einen, dass Walt Junior wirklich die Wahrheit
sagt, auch wenn es nicht DIE eine ganz bestimmte Wahrheit ist. Was zum anderen
auffällt ist Walt’s Antwort auf Junior’s Frage „What now?“ - Walt: „What not is that
we go on, like always.“ Dies lässt sich in zweierlei Hinsicht deuten: Walt wird
den Krebs ganz normal bekämpfen, wie er es bis jetzt immer getan hat. Die
andere Interpretationsmöglichkeit ist, dass sich Walt der gegenwärtigen
Situation um Hank und Marie bewusst ist, und dass er weiß, dass diese beiden sein
Geheimnis kennen. Doch auch dafür wird er eine Lösung finden, like always. RJ
Mitte ist nach der unschönen Botschaft, dass der Krebs seines Vaters zurück
ist, die Betroffenheit ins Gesicht geschrieben. Sogleich verwirft Junior auch
seine Pläne, zu seiner Tante zu fahren. Walt hat es mal wieder geschafft. Er
hat seinen Sohn erfolgreich manipuliert, auch wenn es dieses Mal keine Lügen
waren. Das macht es vielleicht nicht ganz zu schlimm, doch nichtsdestotrotz
bleibt ein kleiner Beigeschmack.
My job
Hank kommt nach Hause und wird sofort von Marie bearbeitet.
Diese wartet eigentlich noch auf Flynn bzw. Junior, doch kümmert sie sich nach
dem Eintreffen ihres Gatten erst einmal um ihn und möchte wissen, ob er seine
Kollegen über Walt aka Heisenberg informiert hat. Hat er nicht. Das findet
Marie wiederum überhaupt nicht gut, macht sie sich doch große Sorge um Hank und
den Umstand, dass dieser auch angeklagt werden könnte, weil er eben niemanden
über seinen Schwager und dessen Aktivitäten in Kenntnis gesetzt hat. Hank wirkt
nach wie vor sehr angespannt. Die ungeduldige und aufgelöste Art Marie’s macht
ihm ein wenig zu schaffen. „Don’t tell me how to do my job.“ (Hank zu Marie)
Jeder weitere Schritt muss wohl überlegt sein.
This is my confession
Wir wechseln wieder rüber zur White-Residenz. Wir sehen das
Schlafzimmer, und aus dem Off hören wir Skyler’s (Anna Gunn) Stimmer erklingen.
„Walt, are you sure about
this?“ Walt: „It’s the only way.“ Wir warten gespannt darauf, was als
nächstes passiert. Vor dem Bett steht eine Vieokamera. Walt setzt sich auf die
Bettkante. Skyler drückt auf Aufnahme. Walt stellt sich kurz vor, wie er heißt
und wo er wohnt. Und dann… „This is my confession.“ (Walt) Aha. Walt scheint
sein Geständnis aufzunehmen. Resigniert er? Schauen wir mal, wo uns das
hinführen wird.
Anything else?
Es folgt eine von sehr vielen sehr guten Szenen in
Confessions. Wir sehen ein gut besuchtes mexikanisches Restaurant. Walt und
Skyler sitzen an einem Tisch und warten anscheinend auf jemanden. „They’re here.“ (Walt zu
Skyler) Die Kamera wechselt und wir sehen Hank und Marie im Eingangsbereich des
Restaurants. Das große Aussprechen also. Mit Spannung erwarten wir den weiteren
Verlauf der Szene. Hank und Marie nehmen Platz, Walt möchte das Gespräch
beginnen, doch fährt ihm just in diesem Moment ein äußerst engagierter Kellner
in die Parade. Dieser kann erst einmal abgewimmelt werden, es gibt wichtigeres
als die tagesaktuelle Spezial-Guacamole. Hank’s Gesichtsausdruck wirkt
unerbittlich, wie Granit. Walt teilt Hank und Marie seine Sorgen um Junior mit,
doch beide, auch Marie, reagieren eher gnadenlos und angewidert von Walt. Walt
macht noch einmal deutlich, dass Hank keinerlei Beweise hat. Wieder kommt der
junge Kellner an den Tisch, unwissend, dass es wohl gerade nicht der beste
Augenblick ist, um nach der Bestellung zu fragen. Doch auch dieses Mal kann die
Bedienung vertröstet werden, die Anwesenden brauchen noch ein wenig Zeit. Marie
versucht nun, Skyler zu bearbeiten. Diese stellt sich aber eher schützend vor
Walt. Dessen Leben als Drogenbaron ist längst vorbei. „It’s in the past. It’s over. There’s nothing
to go after here. There’s nothing to accomplish.” (Skyler) Marie kann
nicht recht glauben was sie da hört, das Vertrauen in ihre Schwester ist
komplett erloschen. Hank lässt kurz seinem Zorn freien Lauf, auch gegenüber
Skyler, und Walt fragt ihn, was er denn tun könnte, um ihn und Marie zu
überzeugen. Marie’s eher fragwürdiger, zumindest für Walt und Skyler, aber in
ihren Augen einzig logischer Lösungsvorschlag: „Just kill yourself.“ (Marie zu
Walt) Hank wiederum wäre das zu einfach („He’s not getting off that easy.“),
Walt und auch Skyler müssen ihre gerechte Strafe erhalten. „There’s only one solution. Step up, be a man
and admit what you’ve done.“ (Hank zu Walt) Walt erhebt sich langsam. Er
holt eine Disk hervor, legt sie auf den Tisch und schiebt sie in Richtung Hank und Marie. Walt und Skyler verlassen das Restaurant. Aus dem Off hören wir
den Anfang der Aufnahme des vermeintlichen Geständnisses von Walt. Hat dieser
gerade Hank den entscheidenen Beweis, sein Schuldbekenntnis übergeben? So recht
mag man nicht daran glauben.
Doch bevor es gefühlt ungeschnitten weitergeht, kurz ein
paar Worte zu dieser Szene. Hier sitzen vier ausgezeichnete Schauspieler an
einem Tisch und liefern allesamt eine fantastische Performance ab. Es ist eine
intensive Szene, in der es eine Freude ist, jeden einzelnen Gesichtsausdruck
der Beteiligten bis aufs kleinste Detail zu beobachten und zu deuten. Vom
Inhalt des Gesprächs mal ganz zu schweigen. Hinzukommt die so Breaking
Bad-typisch untypische Szenerie, dieses überfüllte Restaurant, die Musik im
Hintergrund, der junge, über-engagierte Kellner, der fast schon wie eine Comic
Relief-Figur wirkt. Einfach sehr sehr gut.
… for what he really is
Weiter geht’s, wie bereits gesagt, gefühlt ungeschnitten.
Hank und Marie stehen in ihrem Wohnzimmer vor dem Fernsehgerät und schauen sich
die Disk an, welche ihnen Walt gegeben hat. Es ist Walt’s Geständnis, und der
Zuschauer erwartet mit Spannung, was wohl als nächstes passieren wird. Und dann passiert es. „If you’re
watching this tape, I’m probably dead. Murdered, by my brother-in-law, Hank Schrader.
Hank has been building a meth empire for over a year now and using me as his
chemist.” (Walt) Walt schiebt Hank die komplette Schuld zu. Hank hat ihn
ausgenutzt, Hank hat gemeinsame Sache mit Gustavo Fring gemacht und diesen dann später
umgebracht etc. Walt verrät die ganze komplexe Geschichte plus Details, nur
dass anstelle seines Namens der von Hank steht. Dieser kann es nicht fassen. Marie ist
ebenfalls entsetzt, beide starren bewegungsunfähig auf den Bildschirm. Es ist
einfach unfassbar. All das, was Walt da im Video von sich gibt, ändert sogleich
auch unsere Sichtweise als Zuschauer auf die Szenen zuvor. Im Schlafzimmer von
Walter und Skyler, als letztere ihn fragt, ob er das wirklich tun will, ob
wirklich dieses „Geständnis“ aufnehmen möchte. Im Restaurant, als Walt um eine
Lösung bemüht schien und dann augenscheinlich Hank sein Geständnis überlässt. In Wirklichkeit handelt es sich um eine Drohung, und auch Hank stellt dies schnell fest. Es
ist einfach absurd und falsch, was Walt in diesem Video sagt. „All I could hope to do was to make this video
and hope that the world will finally see this man for what he really is.“ (Walt
über Hank) Walt ist den Tränen nahe, ein jeder würde ihm diesen Oscar-würdigen
Auftritt abkaufen. Walt vertauscht die Rollen und uns Zuschauern kommen so
viele Dinge die er sagt bekommt vor, weil sie eben in fast identischer Art und
Weise auch schon von Hank gegenüber Walt formuliert wurden. Hank und Marie ist
der Schock ins Gesicht geschrieben. Es ist unbegreiflich, zu was Walt und
Skyler in der Lage sind. Hinzukommt ein weiteres Geheimnis, von dem Hank keine
Ahnung hatte: Nach dem Mordanschlag auf ihn (S03E07 One Minute) bezahlten diese beiden zum
größten Teil die Arzt- und Reha-Kosten für Hank. „They told me it was gambling money…“ schluchzt
Marie. Doch es war drug money. Nun ist die Situation komplett umgedreht.
Damit sitzen auch Hank und Marie in der Klemme. Hank scheint zu resignieren. („That’s the last
nail in the coffin.“) „What do we do?“, fragt ihn Marie. Es ist ein
bizarrer Moment, denn wir erinnern uns sofort an ähnliche Szenen zwischen
Walter und Skyler, als Walt’s bzw. ihr gemeinsames Geheimnis gelüftet wurde und Skyler Walt ähnliche Fragen stellte.
Eine großartige Szene, mit so viel Inhalt, so symbolisch für Walt’s (und
Skyler’s) Wandel zu dem, was aus ihm geworden ist und wie weit er für manche Dinge gehen würde. Hier blieb
mir schlicht und einfach die Spucke weg.
Reset Button
Nach dieser eindringlichen Szene finden wir uns in der
weiten und trockenen Wüste New Mexico’s wieder. Saul und Jesse warten auf
jemanden. Jesse bemerkt eine Vogelspinne auf dem sandigen Wüstenboden. Wir
können nur vermuten, doch ist es nicht unwahrscheinlich, dass er genau wie wir
an den Jungen aus der fünften Episode der fünften Staffel (S05E05 Dead Freight) denken,
der eine solche Spinne in einem Glas fing und am Ende der Folge von Todd
erschossen wurde. Walt tritt auf und informiert sich über das Gespräch zwischen
Jesse und Hank. Walt stellt sich dann schnell als die nächste Person heraus, die Jesse
unbedingt helfen will. „Maybe
it’s time for you to just leave all of this behind.” Walter will Jesse
weg haben. Weg aus Albuquerque, weg von Hank. Immerhin könnte Jesse das
Droh-Video Walt’s an Hank unbedeutend machen, weil er eben weiß, was wirklich
der Wahrheit entspricht. Walt hört sich in diesem Moment sehr verständnisvoll
und fürsorglich an („concerning dad“), Jesse hört ihm unaufgeregt zu. Ein jeder
hat wohl die ganze Zeit das Gefühl, dass Walt wahrscheinlich nur an sich selbst
und seine eigenen Interessen denkt. Und dann feiert Jesse seinen großen
Auftritt. „Would you just for once stop working me?“ (Jesse zu Walt) Jesse durchschaut
Walt’s Manipulationsversuche. Er erkennt, dass es nicht um ihn geht, sondern
Walt nur an sich selbst denkt. Wo Jesse noch in früheren Folgen oft sehr naiv
und gutgläubig rüberkam, hat er eine Entwicklung durchgemacht, die ihn mit Blick auf Mr.
White und dessen Methoden sensibilisiert hat. Das Vertrauen ist längst
verloren, wie der Zuschauer misstraut er jetzt Walt und seinen Absichten. In diesem
Moment kommt alles raus, Jesse ist es leid, ständig für Walt und seine
Spielchen herhalten zu müssen. „Just
tell me you need this!“ (Jesse zu Walt) Vielleicht würde Jesse ja
bereitwillig Albuquerque verlassen, wenn Walt auch nur einmal ehrlich zu ihm
wäre. Walt nähert sich dem aufgewühlten Jesse langsam und nimmt ihn in den Arm.
Und Jesse lässt es nach anfänglichem Zögern geschehen. Er ist nicht so
gefestigt wie Walt, extrem emotional und auch labil, gerade mit Hinblick auf
die fünfte Staffel. Eine packende, emotionale Szene. Walt’s Gesichtsausdruck
nachdem er Jesse in den Arm genommen hat bereitet mir noch etwas Kopfzerbrechen.
Denkt er wirklich nur noch an sich? Oder
meint er es gerade ernst? Ohne Frage, er war schon immer eine Art Vaterfigur
für Jesse. Realisiert er vielleicht gerade in diesem Moment, was aus Jesse
geworden ist? Wie kaputt er eigentlich ist, was Walt aus diesem jungen Menschen
gemacht hat? Fühlt er sich an seine Verantwortung für Jesse erinnert? Eure
Ideen dazu bitte in den Kommentarbereich.
Come to the
dark side
Szenenwechsel.
Wir befinden uns in der Waschanlage der Whites. Walter betritt das Büro,
wo sich Skyler befindent, abwesend und in ihren Gedanken versunken. Das falsche
Geständnis Walt’s machen ihr anscheinend
schwer zu schaffen. Ihr Verständnis für Moral ist ihr wohl noch nicht ganz abhanden
gekommen, ganz im Gegenteil zu ihrem Gatten. Dieser versucht sie zu beruhigen.
„It worked.“ (Walt zu Skyler) Recht offensichtlich aber nicht minder effektiv
kommt die Positionierung von Walt und Skyler und die Lichtgestaltung im Raum
daher. Skyler ist weiß gekleidet und sitzt in einem Lichtschein. Sie scheint
der einzig helle Punkt im ganzen Raum zu sein. Walt steht im Schatten, man erkennt nicht einmal richtig seine Gesichtszüge. Er steht in der
Dunkelheit, eben jene Dunkelheit, die langsam aber sicher Skyler umschließt. „We’re fine.“,
versichert Walt Skyler. Eine tolle Bildsprache, die mehr als tausend Worte
sagt.
Out for a walk
Wir sehen eine kurze Szene mit Hank im Mittelpunkt. Dieser
sitzt in seinem Büro in der DEA-Behörde, nachdenklich und etwas abwesend. Gomez
(Steven Michael Quezada) tritt herein. Hank scheint ein paar Leute auf Jesse angesetzt
zu haben, Gomez findet das gar nicht gut, denn hat Hank bekanntermaßen eine
eher unschöne Vergangenheit bezüglich Jesse Pinkmann. Gomez wird nicht wirklich
schlau aus Hank, dieser wirkt wie durch den Wind. Das Überwachungsteam wird
abgezogen und Hank verlässt sein Büro. Er muss hier raus. Andere Dinge
beschäftigen ihn viel zu sehr.
Mr. Credit to Society
Jesse befindet sich mit Saul in dessen Büro. Anscheinend ist
Jesse auf das Angebot Walt’s eingegangen, Saul kümmert sich um eine neue Identität
für ihn. Nun lässt sich wieder diskutieren, ob Walt’s Manipulationsversuche
wieder einmal erfolgreich waren oder ob Jesse selbst aus freien Stücken diese
Entscheidung gefallen hat und sein von Schuld zerfressenes Leben irgendwie
hinter sich lassen will (ich sage letzteres). Dennoch, Jesse ist angespannt und
will sich dementsprechend entspannen, doch nicht einmal das gönnt ihm Saul.
Dieser erklärt Jesse dann den weiteren Ablauf, drückt ihm ein Mobiltelefon für
den Notfall in die Hand („Seriously? Hello Kitty?“) und wünscht ihm auf seinem
weiteren Weg alles Gute. Jesse verlässt das Büro, wird noch kurz von Huell
angerempelt und ist dann auf dem Weg zu dem Ort, an dem er abgeholt werden
soll.
Wilmington Cigarretes
Es folgt eine eher anspruchsvolle Szene, die dem geneigten
Zuschauer von
Breaking Bad ein bisschen was abverlangt. Im Grunde genommen muss
man sich
einfach nur erinnern. Jesse steht an einer Straße und wartet auf seine
Abholung. Er tastet seine Taschen ab, möchte er sich nachdem Saul es ihm
verboten hatte doch einen Glimmstängel der besonderen Art gönnen. Doch kann er
den Beutel mit dem Marihuana nicht finden, den er eben noch in seine Tasche
gesteckt hatte. Dafür zaubert er eine Packung Zigaretten hervor. Und auf einmal
fällt es ihm wie Schuppen von den Augen. Huell hat ihm das Marihuana abgenommen
(was man bei genauerem Hinsehen auch deutlich erkennen kann), genau wie Huell
ihm einst die Packung Zigaretten mitsamt der Ricin-Kapsel abgenommen hat, die
Jesse so viele schlaflose Nächte bereitet hatte, gerade auch in Hinblick auf die
fast tödliche Vergiftung Brock’s am Ende der vierten Staffel (S04E12
End Times / S04E13
Face Off. Diese Szene ist
nicht ganz leicht nachzuvollziehen, auch ich hatte wie viele andere Menschen da
draußen Probleme, sofort eine Verbindung herzustellen. Und da es bereits einen
Artikel gibt, der sich ganz vorzüglich mit dieser Problematik beschäftigt hat,
verlinke ich diesen an dieser Stelle:
Breaking Bad Episode 511: Recap, Explanations And A Timeline. Hier wird noch einmal detailliert
erklärt, was sich hinter dieser Szene verbirgt. Wie gesagt, dafür bin auch ich
sehr dankbar. Für diese Szene in
Confessions ist nun erst einmal nur wichtig zu
wissen, dass Jesse festgestellt hat, das Walter den jungen Brock damals
vergiftet hat, nachdem, so lässt es sich auch im Artikel hinter dem Link noch
einmal nachlesen, Walt Jesse eindringlich versicherte, dass er nichts damit zu
tun hatte. Eine
Breaking Bad-typische, blecherne Musik setzt ein. Wutentbrannt
verlässt Jesse die Szenerie. Den Wagen, der ihn abholen sollte, lässt er links
liegen.
Tell me one
more time to calm down
Jesse stürmt in Saul’s Büro und dreht frei. Uns wird der
Gedankengang Jesse’s erklärt, er hat es durchschaut, Walt hat Brock vergiftet,
Saul und Huell haben ihre kleinen Rollen in dieser Aufführung gespielt. Saul
muss ordentlich einstecken, eine äußerst spannende Szene entspinnt sich, zugegeben,
in diesem Moment hätte ich Jesse fast alles zugetraut. Saul gibt alles zu (Confessions!) und
Jesse ist die Wut auf Walt wahrlich ins Gesicht geschrieben (Aaron Paul liefert grandios ab). Er schnappt sich
Saul’s Wagenschlüssel und verlässt entzürnt das Büro.
Frosty Snub
Wir wechseln noch einmal rüber in die Waschanlage. Skyler
bedient gerade einen Kunden, als wir im Hintergrund äußerst rasant Walt
vorfahren sehen. Er ist aufgebracht, hat ihn doch Saul sogleich von dem Vorfall
mit Jesse berichtet. Walt überprüft zum einen, ob es Skyler gut geht, zum
anderen will er sich auf eine mögliche Konfrontation mit Jesse vorbereiten. In
einem Getränkeautomaten versteckt befindet sich sein Revolver, bekannt z.B. aus
S04E02 Thirty-Eight Snub. Mit diesem bewaffnet verlässt Walt die Waschanlage.
Kommt es noch zum großen Knall?
Gasoline
Jesse brettert in die Auffahrt des Hauses der
Familie Walt. Er schnappt sich einen Kanister Benzin und stürmt auf die
Eingangstür zu. Mit einem beherzten Tritt verschafft er sich Zutritt. Erneut
hören wir spannungsgeladene, dröhnende Musik. Jesse schüttet in totaler Rage
den Inhalt des Benzinkanisters über die Einrichtung und den Boden des Hauses.
Die finale Einstellung zeigt ihn wie besessen, brüllend entleert er das Benzin
über die Kamera, die dieses Bild einfängt. Und Ende.
Gesamteindruck
Holla. Das war sehr gut. Meiner Meinung nach die bisher
beste Folge der zweiten Hälfte der fünften Staffel von Breaking Bad, auch wenn
sich die bisher erschienenen drei Folgen von der Qualität nur um Nuancen
voneinander unterscheiden. Confessions hatte für mich unglaublich viele gute
Szenen, in denen die komplette Schauspielerriege von vorne bis hinten einfach nur glänzen
konnte, vor allem Aaron Paul und Bryan Cranston. Die Szene im Restaurant, Walt’s Geständnis, Walt und Jesse in der
Wüste, Jesse’s Epiphanie und das fulminante Schlussbild. Das war stark.
Nebenbei gab es noch ein paar sehr gute Ideen in der visuellen Umsetzung und bezüglich der
Kameraarbeit, handwerklich gibt es an Breaking Bad einfach absolut nichts auszusetzen. Der
Moment, in dem Jesse feststellt, dass Walter Brock vergiftet hatte, mag
eventuell ein wenig kryptisch rüberkommen, aber dennoch wird der
neuerliche abgrundtiefe Hass Jesse’s gegenüber Walt außerordentlich gut transportiert. Das
Tischtuch scheint endgültig zerschnitten, wir dürfen äußerst gespannt sein, was
uns nächste Woche erwartet. Fackelt Jesse tatsächlich Walt’s Haus ab? Im Opening bzw. Rückblick in Buried (S05E09), als ein zersauster Walt das verlassene Haus der Whites betritt, sah man jetzt nicht wirklich irgendwelche Brandschäden...
Wie hat euch Confessions gefallen? Teilt ihr meine Meinung, dass dies als erster kleiner Höhepunkt der zweiten Hälfte der fünften Staffel von Breaking Bad durchgehen könnte? Was fandet ihr besonders gut, was hat euch eventuell gestört? Gibt es Dinge, die ich vergessen habe zu erwähnen, wollt ihr eure eigenen Gedanken, Ideen oder Theorien mit mir und dem Internet teilen, dann immer raus damit. Wie immer bin ich natürlich auch offen für Kritik, freue mich über Feedback und jedwede Art der Beteiligung.
Nächste Woche Sonntag folgt dann Episode 12 der fünften Staffel von Breaking Bad, Bergfest bzw. Halbzeit sozusagen, und ich bin schon ein wenig arg doll aufgeregt. Titel der nächsten Folge: Rabid Dog. Tollwütiger Hund. Wer damit wohl gemeint ist. Wovon wir aber ausgehen können: Die Episode Rabid Dog wird ordentlich Biss haben. Aua. Bis nächste Woche.