Dienstag, 27. August 2013

Breaking Bad S05E11 - Confessions

Es folgen meine gesammelten und wie so oft äußerst umfangreichen Gedanken zur 11. Episode der fünften Staffel von Breaking Bad, Confessions.

ACHTUNG, SPOILERWARNUNG!!! WEITERLESEN AUF EIGENE GEFAHR!!! 

Opening
Wir steigen mit einer Szene ein, die wie so oft eher losgelöst von der restlichen Handlung einer Episode ist. Todd (Jesse Plemons), welcher letzte Woche noch gemeinsam mit seinem Onkel und dessen White Supremacy-Gang auf Anweisung Lydias Declan und seinen Schergen den Garaus gemacht hat, steht vor einem Diner an der Route 66 und versucht, Walter bzw. Heisenberg zu erreichen, um ihm mitzuteilen, dass es eine kleine Veränderung bezüglich der Meth-Herstellung („change in management“) gibt. Was folgt ist ein eher normales Gespräch zwischen Todd, seinem Onkel und einem Gang-Mitglied. Todd berichtet von dem spektakulären Zugüberfall, den er, Walt und Jesse vor kurzem gemeinsam verübt hatten (S05E05 Dead Freight). Die Szene wirkt nicht wirklich wie etwas besonderes, doch bekommt sie mit längerer Beobachtung einen sehr speziellen Beigeschmack. Todd’s Onkel Jack und dessen Kollege suchen vor dem Verlassen des Diners noch einmal schnell die sanitären Einrichtungen auf. Dabei registriert Jack etwas Blut an seinem Stiefel, wischt es mit einem Stück Papier ab und spült dieses die Toilette runter. Todd und Co. verlassen das Gebäude, sie steigen in ihr Fahrzeug und überqueren sogleich die Grenze nach New Mexico, „Land of Enchantment“ (welch Ironie). Was mich an diesem Opening wohl am meisten fasziniert, ist die Normalität mit der die Beteiligten hier auftreten. Alle drei haben vor wenigen Stunden auf grausamste Art und Weise mehrere Menschen hingerichtet, wenn nicht sogar förmlich abgeschlachtet. Insbesondere der Moment, als Jack sich das Blut vom Stiefel wischt, als wäre es das Normalste der Welt für ihn, lässt die Szene sehr bizarr für mich erscheinen. Keine Gnade. Keine Reue. Wie passend für Breaking Bad.

Not to you
Wir erleben noch einmal die Befragung Jesse’s (Aaron Paul) durch die beiden Polizisten der letzten Woche durch seine Augen, dieses Mal jedoch in einem Zeitraffer. Auf den ersten Blick wirkt es wie ein Drogentrip, alles rast an Jesse vorbei, er ist einfach nicht in der Lage, Dinge aufzunehmen oder zu begreifen. Hank (Dean Norris) tritt in den Raum, womit der Bogen zu Buried geschlossen wäre. Wir erinnern uns, Hank sieht die Möglichkeit, Jesse wichtige Informationen bezüglich Walt bzw. Heisenberg zu entlocken, um diesen dingfest machen zu können. Hank kommt dann auch sofort auf den Punkt (nachdem er die im Raum befindliche Kamera ausgeschaltet hat, versteht sich). Er sagt Jesse, dass er weiß, dass sein Schwager Heisenberg ist. Dies ist dann auch der Moment, in dem Jesse endlich mal wieder eine Reaktion zeigt. „Oh yeah. That’s the look.“ (Hank zu Jesse) Hank möchte Jesse natürlich davon überzeugen, einen Deal mit ihm einzugehen. Er ist in der Lage, Jesse zu helfen („[I can] make all this go away“). Was er natürlich nicht weiß ist, dass Jesse nur noch schwer zu helfen ist, dann die Schuldgefühle die ihn zerfressen werden ihn bis in alle Ewigkeit verfolgen. Hank spürt, dass es zwischen Jesse und Walt zu kriseln scheint und eine gewisse Spannung existiert. Vielleicht kann er dies ja ausnutzen. Und auf einmal… Jesse spricht! „Eat me.“ Grob übersetzt: Hank kann ihn mal. Es folgt eine süffisante Bemerkung bezüglich Hank’s Arbeitsmethoden (S03E07 One Minute), doch behält Hank einen kühlen Kopf und lässt nicht locker. Aus dem Zwist zwischen Jesse und Walt muss sich doch ein Vorteil ziehen lassen können. He really did a number on you, didn’t he?“ (Hank zu Jesse über Walt) Mehr als nur eine. Hank hat einen wunden Punkt getroffen, denn Jesse ist sich sicherlich bewusst, dass Walt ihn mehr als nur einmal gespielt und getäuscht hat. Help me out here, Jesse. Help me put him away. I know you want that.“ Jesse’s bedrücktem Gesichtsausdruck zufolge könnte Hank gar nicht mal so falsch liegen. Doch beißt er auf Granit. Hank: „I think you wanna talk.” Jesse: „Not to you.Eine eindringliche Szene von Dean Norris und Aaron Paul, besonders letzterer weiß mal wieder mit seinem ausgezeichneten Mienenspiel zu überzeugen.

Im nächsten Moment stürmt Saul Goodman (Bob Odenkirk) in den Raum und grätscht erst einmal gehörig dazwischen, bissige Kommentare mit Hinblick auf Hank’s vergangenen Umgang mit Jesse inklusive. Nachdem Hank den Raum verlassen hat, gibt Saul dem guten Jesse erstmal eine ordentliche Standpauke. Die Situation ist angespannt, und Jesse verhält sich nicht gerade clever. „Things have gotten nuclear.“ (Saul zu Jesse.)

Work your magic
Wir befinden uns im Hause White. Walt wird von Saul via Telefon bezüglich der aktuellen Situation rund um Jesse in Kenntnis gesetzt. Walt’s Reaktion, wie so oft: Saul soll sich einfach darum kümmern. („Work your magic.“) Während sich Walt im Schlafzimmer bzw. im Bad seines Hauses befindet, betritt Sohnemann Junior (RJ Mitte) das Haus. Walt versucht, die Spuren zu kaschieren, welche Hank auf seinem Gesicht hinterlassen hat, da klingelt im anderen Teil des Hauses das Telefon. Wir hören, wie Junior abhebt. Am anderen Ende der Leitung: Marie (Betsy Brandt). Sie bittet Junior, vorbeizukommen und ihr bei einem Computer-Problem zu helfen. Walt weiß natürlich, um was es wirklich geht. Marie kennt seine wahre Identität, sie könnte seinem Sprössling davon erzählen und das kann er selbstverständlich nicht zulassen. Also sprintet er zur Eingangstür, wo Junior gerade das Haus verlassen möchte. Er nimmt sich seinen Sohn beiseite und beginnt ein Gespräch: „I just don’t want to keep things from you. You deserve to know what’s happening.“ (Walt zu Junior) So erzählt er Junior von seiner Krebserkrankung, dass es wieder schlimmer geworden ist etc. Interessant ist zum einen, dass Walt Junior wirklich die Wahrheit sagt, auch wenn es nicht DIE eine ganz bestimmte Wahrheit ist. Was zum anderen auffällt ist Walt’s Antwort auf Junior’s Frage „What now?“ - Walt: „What not is that we go on, like always.“ Dies lässt sich in zweierlei Hinsicht deuten: Walt wird den Krebs ganz normal bekämpfen, wie er es bis jetzt immer getan hat. Die andere Interpretationsmöglichkeit ist, dass sich Walt der gegenwärtigen Situation um Hank und Marie bewusst ist, und dass er weiß, dass diese beiden sein Geheimnis kennen. Doch auch dafür wird er eine Lösung finden, like always. RJ Mitte ist nach der unschönen Botschaft, dass der Krebs seines Vaters zurück ist, die Betroffenheit ins Gesicht geschrieben. Sogleich verwirft Junior auch seine Pläne, zu seiner Tante zu fahren. Walt hat es mal wieder geschafft. Er hat seinen Sohn erfolgreich manipuliert, auch wenn es dieses Mal keine Lügen waren. Das macht es vielleicht nicht ganz zu schlimm, doch nichtsdestotrotz bleibt ein kleiner Beigeschmack.

My job
Hank kommt nach Hause und wird sofort von Marie bearbeitet. Diese wartet eigentlich noch auf Flynn bzw. Junior, doch kümmert sie sich nach dem Eintreffen ihres Gatten erst einmal um ihn und möchte wissen, ob er seine Kollegen über Walt aka Heisenberg informiert hat. Hat er nicht. Das findet Marie wiederum überhaupt nicht gut, macht sie sich doch große Sorge um Hank und den Umstand, dass dieser auch angeklagt werden könnte, weil er eben niemanden über seinen Schwager und dessen Aktivitäten in Kenntnis gesetzt hat. Hank wirkt nach wie vor sehr angespannt. Die ungeduldige und aufgelöste Art Marie’s macht ihm ein wenig zu schaffen. „Don’t tell me how to do my job.“ (Hank zu Marie) Jeder weitere Schritt muss wohl überlegt sein.

This is my confession
Wir wechseln wieder rüber zur White-Residenz. Wir sehen das Schlafzimmer, und aus dem Off hören wir Skyler’s (Anna Gunn) Stimmer erklingen. Walt, are you sure about this?“ Walt: „It’s the only way.Wir warten gespannt darauf, was als nächstes passiert. Vor dem Bett steht eine Vieokamera. Walt setzt sich auf die Bettkante. Skyler drückt auf Aufnahme. Walt stellt sich kurz vor, wie er heißt und wo er wohnt. Und dann… „This is my confession.“ (Walt) Aha. Walt scheint sein Geständnis aufzunehmen. Resigniert er? Schauen wir mal, wo uns das hinführen wird.

Anything else?
Es folgt eine von sehr vielen sehr guten Szenen in Confessions. Wir sehen ein gut besuchtes mexikanisches Restaurant. Walt und Skyler sitzen an einem Tisch und warten anscheinend auf jemanden. They’re here.(Walt zu Skyler) Die Kamera wechselt und wir sehen Hank und Marie im Eingangsbereich des Restaurants. Das große Aussprechen also. Mit Spannung erwarten wir den weiteren Verlauf der Szene. Hank und Marie nehmen Platz, Walt möchte das Gespräch beginnen, doch fährt ihm just in diesem Moment ein äußerst engagierter Kellner in die Parade. Dieser kann erst einmal abgewimmelt werden, es gibt wichtigeres als die tagesaktuelle Spezial-Guacamole. Hank’s Gesichtsausdruck wirkt unerbittlich, wie Granit. Walt teilt Hank und Marie seine Sorgen um Junior mit, doch beide, auch Marie, reagieren eher gnadenlos und angewidert von Walt. Walt macht noch einmal deutlich, dass Hank keinerlei Beweise hat. Wieder kommt der junge Kellner an den Tisch, unwissend, dass es wohl gerade nicht der beste Augenblick ist, um nach der Bestellung zu fragen. Doch auch dieses Mal kann die Bedienung vertröstet werden, die Anwesenden brauchen noch ein wenig Zeit. Marie versucht nun, Skyler zu bearbeiten. Diese stellt sich aber eher schützend vor Walt. Dessen Leben als Drogenbaron ist längst vorbei. It’s in the past. It’s over. There’s nothing to go after here. There’s nothing to accomplish.” (Skyler) Marie kann nicht recht glauben was sie da hört, das Vertrauen in ihre Schwester ist komplett erloschen. Hank lässt kurz seinem Zorn freien Lauf, auch gegenüber Skyler, und Walt fragt ihn, was er denn tun könnte, um ihn und Marie zu überzeugen. Marie’s eher fragwürdiger, zumindest für Walt und Skyler, aber in ihren Augen einzig logischer Lösungsvorschlag: „Just kill yourself.“ (Marie zu Walt) Hank wiederum wäre das zu einfach („He’s not getting off that easy.“), Walt und auch Skyler müssen ihre gerechte Strafe erhalten. There’s only one solution. Step up, be a man and admit what you’ve done.“ (Hank zu Walt) Walt erhebt sich langsam. Er holt eine Disk hervor, legt sie auf den Tisch und schiebt sie in Richtung Hank und Marie. Walt und Skyler verlassen das Restaurant. Aus dem Off hören wir den Anfang der Aufnahme des vermeintlichen Geständnisses von Walt. Hat dieser gerade Hank den entscheidenen Beweis, sein Schuldbekenntnis übergeben? So recht mag man nicht daran glauben.

Doch bevor es gefühlt ungeschnitten weitergeht, kurz ein paar Worte zu dieser Szene. Hier sitzen vier ausgezeichnete Schauspieler an einem Tisch und liefern allesamt eine fantastische Performance ab. Es ist eine intensive Szene, in der es eine Freude ist, jeden einzelnen Gesichtsausdruck der Beteiligten bis aufs kleinste Detail zu beobachten und zu deuten. Vom Inhalt des Gesprächs mal ganz zu schweigen. Hinzukommt die so Breaking Bad-typisch untypische Szenerie, dieses überfüllte Restaurant, die Musik im Hintergrund, der junge, über-engagierte Kellner, der fast schon wie eine Comic Relief-Figur wirkt. Einfach sehr sehr gut.

… for what he really is
Weiter geht’s, wie bereits gesagt, gefühlt ungeschnitten. Hank und Marie stehen in ihrem Wohnzimmer vor dem Fernsehgerät und schauen sich die Disk an, welche ihnen Walt gegeben hat. Es ist Walt’s Geständnis, und der Zuschauer erwartet mit Spannung, was wohl als nächstes passieren wird. Und dann passiert es. „If you’re watching this tape, I’m probably dead. Murdered, by my brother-in-law, Hank Schrader. Hank has been building a meth empire for over a year now and using me as his chemist.(Walt) Walt schiebt Hank die komplette Schuld zu. Hank hat ihn ausgenutzt, Hank hat gemeinsame Sache mit Gustavo Fring gemacht und diesen dann später umgebracht etc. Walt verrät die ganze komplexe Geschichte plus Details, nur dass anstelle seines Namens der von Hank steht. Dieser kann es nicht fassen. Marie ist ebenfalls entsetzt, beide starren bewegungsunfähig auf den Bildschirm. Es ist einfach unfassbar. All das, was Walt da im Video von sich gibt, ändert sogleich auch unsere Sichtweise als Zuschauer auf die Szenen zuvor. Im Schlafzimmer von Walter und Skyler, als letztere ihn fragt, ob er das wirklich tun will, ob wirklich dieses „Geständnis“ aufnehmen möchte. Im Restaurant, als Walt um eine Lösung bemüht schien und dann augenscheinlich Hank sein Geständnis überlässt. In Wirklichkeit handelt es sich um eine Drohung, und auch Hank stellt dies schnell fest. Es ist einfach absurd und falsch, was Walt in diesem Video sagt. All I could hope to do was to make this video and hope that the world will finally see this man for what he really is.(Walt über Hank) Walt ist den Tränen nahe, ein jeder würde ihm diesen Oscar-würdigen Auftritt abkaufen. Walt vertauscht die Rollen und uns Zuschauern kommen so viele Dinge die er sagt bekommt vor, weil sie eben in fast identischer Art und Weise auch schon von Hank gegenüber Walt formuliert wurden. Hank und Marie ist der Schock ins Gesicht geschrieben. Es ist unbegreiflich, zu was Walt und Skyler in der Lage sind. Hinzukommt ein weiteres Geheimnis, von dem Hank keine Ahnung hatte: Nach dem Mordanschlag auf ihn (S03E07 One Minute) bezahlten diese beiden zum größten Teil die Arzt- und Reha-Kosten für Hank. They told me it was gambling money…“ schluchzt Marie. Doch es war drug money. Nun ist die Situation komplett umgedreht. Damit sitzen auch Hank und Marie in der Klemme. Hank scheint zu resignieren. („That’s the last nail in the coffin.“) What do we do?“, fragt ihn Marie. Es ist ein bizarrer Moment, denn wir erinnern uns sofort an ähnliche Szenen zwischen Walter und Skyler, als Walt’s bzw. ihr gemeinsames Geheimnis gelüftet wurde und Skyler Walt ähnliche Fragen stellte. Eine großartige Szene, mit so viel Inhalt, so symbolisch für Walt’s (und Skyler’s) Wandel zu dem, was aus ihm geworden ist und wie weit er für manche Dinge gehen würde. Hier blieb mir schlicht und einfach die Spucke weg.

Reset Button
Nach dieser eindringlichen Szene finden wir uns in der weiten und trockenen Wüste New Mexico’s wieder. Saul und Jesse warten auf jemanden. Jesse bemerkt eine Vogelspinne auf dem sandigen Wüstenboden. Wir können nur vermuten, doch ist es nicht unwahrscheinlich, dass er genau wie wir an den Jungen aus der fünften Episode der fünften Staffel (S05E05 Dead Freight) denken, der eine solche Spinne in einem Glas fing und am Ende der Folge von Todd erschossen wurde. Walt tritt auf und informiert sich über das Gespräch zwischen Jesse und Hank. Walt stellt sich dann schnell als die nächste Person heraus, die Jesse unbedingt helfen will. Maybe it’s time for you to just leave all of this behind.Walter will Jesse weg haben. Weg aus Albuquerque, weg von Hank. Immerhin könnte Jesse das Droh-Video Walt’s an Hank unbedeutend machen, weil er eben weiß, was wirklich der Wahrheit entspricht. Walt hört sich in diesem Moment sehr verständnisvoll und fürsorglich an („concerning dad“), Jesse hört ihm unaufgeregt zu. Ein jeder hat wohl die ganze Zeit das Gefühl, dass Walt wahrscheinlich nur an sich selbst und seine eigenen Interessen denkt. Und dann feiert Jesse seinen großen Auftritt. „Would you just for once stop working me?“ (Jesse zu Walt) Jesse durchschaut Walt’s Manipulationsversuche. Er erkennt, dass es nicht um ihn geht, sondern Walt nur an sich selbst denkt. Wo Jesse noch in früheren Folgen oft sehr naiv und gutgläubig rüberkam, hat er eine Entwicklung durchgemacht, die ihn mit Blick auf Mr. White und dessen Methoden sensibilisiert hat. Das Vertrauen ist längst verloren, wie der Zuschauer misstraut er jetzt Walt und seinen Absichten. In diesem Moment kommt alles raus, Jesse ist es leid, ständig für Walt und seine Spielchen herhalten zu müssen. Just tell me you need this!(Jesse zu Walt) Vielleicht würde Jesse ja bereitwillig Albuquerque verlassen, wenn Walt auch nur einmal ehrlich zu ihm wäre. Walt nähert sich dem aufgewühlten Jesse langsam und nimmt ihn in den Arm. Und Jesse lässt es nach anfänglichem Zögern geschehen. Er ist nicht so gefestigt wie Walt, extrem emotional und auch labil, gerade mit Hinblick auf die fünfte Staffel. Eine packende, emotionale Szene. Walt’s Gesichtsausdruck nachdem er Jesse in den Arm genommen hat bereitet mir noch etwas Kopfzerbrechen. Denkt er wirklich nur noch an sich?  Oder meint er es gerade ernst? Ohne Frage, er war schon immer eine Art Vaterfigur für Jesse. Realisiert er vielleicht gerade in diesem Moment, was aus Jesse geworden ist? Wie kaputt er eigentlich ist, was Walt aus diesem jungen Menschen gemacht hat? Fühlt er sich an seine Verantwortung für Jesse erinnert? Eure Ideen dazu bitte in den Kommentarbereich.

Come to the dark side
Szenenwechsel. Wir befinden uns in der Waschanlage der Whites. Walter betritt das Büro, wo sich Skyler befindent, abwesend und in ihren Gedanken versunken. Das falsche Geständnis Walt’s machen ihr anscheinend schwer zu schaffen. Ihr Verständnis für Moral ist ihr wohl noch nicht ganz abhanden gekommen, ganz im Gegenteil zu ihrem Gatten. Dieser versucht sie zu beruhigen. „It worked.“ (Walt zu Skyler) Recht offensichtlich aber nicht minder effektiv kommt die Positionierung von Walt und Skyler und die Lichtgestaltung im Raum daher. Skyler ist weiß gekleidet und sitzt in einem Lichtschein. Sie scheint der einzig helle Punkt im ganzen Raum zu sein. Walt steht im Schatten, man erkennt nicht einmal richtig seine Gesichtszüge. Er steht in der Dunkelheit, eben jene Dunkelheit, die langsam aber sicher Skyler umschließt. „We’re fine.“, versichert Walt Skyler. Eine tolle Bildsprache, die mehr als tausend Worte sagt.

Out for a walk
Wir sehen eine kurze Szene mit Hank im Mittelpunkt. Dieser sitzt in seinem Büro in der DEA-Behörde, nachdenklich und etwas abwesend. Gomez (Steven Michael Quezada) tritt herein. Hank scheint ein paar Leute auf Jesse angesetzt zu haben, Gomez findet das gar nicht gut, denn hat Hank bekanntermaßen eine eher unschöne Vergangenheit bezüglich Jesse Pinkmann. Gomez wird nicht wirklich schlau aus Hank, dieser wirkt wie durch den Wind. Das Überwachungsteam wird abgezogen und Hank verlässt sein Büro. Er muss hier raus. Andere Dinge beschäftigen ihn viel zu sehr.

Mr. Credit to Society
Jesse befindet sich mit Saul in dessen Büro. Anscheinend ist Jesse auf das Angebot Walt’s eingegangen, Saul kümmert sich um eine neue Identität für ihn. Nun lässt sich wieder diskutieren, ob Walt’s Manipulationsversuche wieder einmal erfolgreich waren oder ob Jesse selbst aus freien Stücken diese Entscheidung gefallen hat und sein von Schuld zerfressenes Leben irgendwie hinter sich lassen will (ich sage letzteres). Dennoch, Jesse ist angespannt und will sich dementsprechend entspannen, doch nicht einmal das gönnt ihm Saul. Dieser erklärt Jesse dann den weiteren Ablauf, drückt ihm ein Mobiltelefon für den Notfall in die Hand („Seriously? Hello Kitty?“) und wünscht ihm auf seinem weiteren Weg alles Gute. Jesse verlässt das Büro, wird noch kurz von Huell angerempelt und ist dann auf dem Weg zu dem Ort, an dem er abgeholt werden soll.

Wilmington Cigarretes
Es folgt eine eher anspruchsvolle Szene, die dem geneigten Zuschauer von Breaking Bad ein bisschen was abverlangt. Im Grunde genommen muss man sich einfach nur erinnern. Jesse steht an einer Straße und wartet auf seine Abholung. Er tastet seine Taschen ab, möchte er sich nachdem Saul es ihm verboten hatte doch einen Glimmstängel der besonderen Art gönnen. Doch kann er den Beutel mit dem Marihuana nicht finden, den er eben noch in seine Tasche gesteckt hatte. Dafür zaubert er eine Packung Zigaretten hervor. Und auf einmal fällt es ihm wie Schuppen von den Augen. Huell hat ihm das Marihuana abgenommen (was man bei genauerem Hinsehen auch deutlich erkennen kann), genau wie Huell ihm einst die Packung Zigaretten mitsamt der Ricin-Kapsel abgenommen hat, die Jesse so viele schlaflose Nächte bereitet hatte, gerade auch in Hinblick auf die fast tödliche Vergiftung Brock’s am Ende der vierten Staffel (S04E12 End Times / S04E13 Face Off. Diese Szene ist nicht ganz leicht nachzuvollziehen, auch ich hatte wie viele andere Menschen da draußen Probleme, sofort eine Verbindung herzustellen. Und da es bereits einen Artikel gibt, der sich ganz vorzüglich mit dieser Problematik beschäftigt hat, verlinke ich diesen an dieser Stelle: Breaking Bad Episode 511: Recap, Explanations And A Timeline. Hier wird noch einmal detailliert erklärt, was sich hinter dieser Szene verbirgt. Wie gesagt, dafür bin auch ich sehr dankbar. Für diese Szene in Confessions ist nun erst einmal nur wichtig zu wissen, dass Jesse festgestellt hat, das Walter den jungen Brock damals vergiftet hat, nachdem, so lässt es sich auch im Artikel hinter dem Link noch einmal nachlesen, Walt Jesse eindringlich versicherte, dass er nichts damit zu tun hatte. Eine Breaking Bad-typische, blecherne Musik setzt ein. Wutentbrannt verlässt Jesse die Szenerie. Den Wagen, der ihn abholen sollte, lässt er links liegen.

Tell me one more time to calm down
Jesse stürmt in Saul’s Büro und dreht frei. Uns wird der Gedankengang Jesse’s erklärt, er hat es durchschaut, Walt hat Brock vergiftet, Saul und Huell haben ihre kleinen Rollen in dieser Aufführung gespielt. Saul muss ordentlich einstecken, eine äußerst spannende Szene entspinnt sich, zugegeben, in diesem Moment hätte ich Jesse fast alles zugetraut. Saul gibt alles zu (Confessions!) und Jesse ist die Wut auf Walt wahrlich ins Gesicht geschrieben (Aaron Paul liefert grandios ab). Er schnappt sich Saul’s Wagenschlüssel und verlässt entzürnt das Büro.

Frosty Snub
Wir wechseln noch einmal rüber in die Waschanlage. Skyler bedient gerade einen Kunden, als wir im Hintergrund äußerst rasant Walt vorfahren sehen. Er ist aufgebracht, hat ihn doch Saul sogleich von dem Vorfall mit Jesse berichtet. Walt überprüft zum einen, ob es Skyler gut geht, zum anderen will er sich auf eine mögliche Konfrontation mit Jesse vorbereiten. In einem Getränkeautomaten versteckt befindet sich sein Revolver, bekannt z.B. aus S04E02 Thirty-Eight Snub. Mit diesem bewaffnet verlässt Walt die Waschanlage. Kommt es noch zum großen Knall?

Gasoline
Jesse brettert in die Auffahrt des Hauses der Familie Walt. Er schnappt sich einen Kanister Benzin und stürmt auf die Eingangstür zu. Mit einem beherzten Tritt verschafft er sich Zutritt. Erneut hören wir spannungsgeladene, dröhnende Musik. Jesse schüttet in totaler Rage den Inhalt des Benzinkanisters über die Einrichtung und den Boden des Hauses. Die finale Einstellung zeigt ihn wie besessen, brüllend entleert er das Benzin über die Kamera, die dieses Bild einfängt. Und Ende.

Gesamteindruck
Holla. Das war sehr gut. Meiner Meinung nach die bisher beste Folge der zweiten Hälfte der fünften Staffel von Breaking Bad, auch wenn sich die bisher erschienenen drei Folgen von der Qualität nur um Nuancen voneinander unterscheiden. Confessions hatte für mich unglaublich viele gute Szenen, in denen die komplette Schauspielerriege von vorne bis hinten einfach nur glänzen konnte, vor allem Aaron Paul und Bryan Cranston. Die Szene im Restaurant, Walt’s Geständnis, Walt und Jesse in der Wüste, Jesse’s Epiphanie und das fulminante Schlussbild. Das war stark. Nebenbei gab es noch ein paar sehr gute Ideen in der visuellen Umsetzung und bezüglich der Kameraarbeit, handwerklich gibt es an Breaking Bad einfach absolut nichts auszusetzen. Der Moment, in dem Jesse feststellt, dass Walter Brock vergiftet hatte, mag eventuell ein wenig kryptisch rüberkommen, aber dennoch wird der neuerliche abgrundtiefe Hass Jesse’s gegenüber Walt außerordentlich gut transportiert. Das Tischtuch scheint endgültig zerschnitten, wir dürfen äußerst gespannt sein, was uns nächste Woche erwartet. Fackelt Jesse tatsächlich Walt’s Haus ab? Im Opening bzw. Rückblick in Buried (S05E09), als ein zersauster Walt das verlassene Haus der Whites betritt, sah man jetzt nicht wirklich irgendwelche Brandschäden...

Wie hat euch Confessions gefallen? Teilt ihr meine Meinung, dass dies als erster kleiner Höhepunkt der zweiten Hälfte der fünften Staffel von Breaking Bad durchgehen könnte? Was fandet ihr besonders gut, was hat euch eventuell gestört? Gibt es Dinge, die ich vergessen habe zu erwähnen, wollt ihr eure eigenen Gedanken, Ideen oder Theorien mit mir und dem Internet teilen, dann immer raus damit. Wie immer bin ich natürlich auch offen für Kritik, freue mich über Feedback und jedwede Art der Beteiligung. 

Nächste Woche Sonntag folgt dann Episode 12 der fünften Staffel von Breaking Bad, Bergfest bzw. Halbzeit sozusagen, und ich bin schon ein wenig arg doll aufgeregt. Titel der nächsten Folge: Rabid Dog. Tollwütiger Hund. Wer damit wohl gemeint ist. Wovon wir aber ausgehen können: Die Episode Rabid Dog wird ordentlich Biss haben. Aua. Bis nächste Woche. 

4 Kommentare:

  1. Danke für Dein ausführliches Review.

    Ich fand diese Episode grandios, tatsächlich die beste dieser Staffel. Allerdings hat sich in "Confessions" ein grosser Logikfehler eingeschlichen. Warum sollte Jesse das abhanden gekommene Gras an das abhanden gekommene Rizin erinnern? Jesse weiss, dass Brock nicht durch das Rizin vergiftet wurde, sondern durch eine Maiglöckchen-Beere. Also warum sollte er diesen Geistesblitz haben und Walt beschuldigen, das Rizin geklaut zu haben bzw. in Auftrag gegen zu haben?

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Danke erst einmal für deinen Kommentar, werter Anonym. :) ;)

      Ja, die ganze Szene rund um Jesse war schon ein wenig kompliziert. Ich denke, der Forbes-Artikel dröselt es recht gut auf, ich musste auch erstmal ne ganze Weile darüber nachdenken.

      Ich denke einfach, dass es gar keine Rolle spielt, dass Jesse weiß, wodurch Brock wirklich vergiftet wurde. Er fühlt sich einfach an die Ricin-Geschichte erinnert. Als Jesse damals erfahren hat, dass Brock vergiftet wurde und gleichzeitig feststellte, dass die Ricin-Kapsel aus seiner Zigarettenschachtel verschwunden war, dachte er instinktiv daran, dass Walt, weil ja nur er und Jesse von dem Ricin wussten, in irgendeiner Weise etwas damit zu tun haben könnte. Woher soll das Ricin als mögliches Gift im Körper Brocks sonst herkommen?

      Walt hat die Ricin-Kapsel aber bewusst von Saul bzw. Huell entwenden lassen, damit er und Jesse in die Situation kommen, in der Jesse ihm eine Waffe gegen den Kopf hält und Walt aber beteuern kann, dass Gustavo Fring hinter der Vergiftung Brocks steckt, nicht er. Er überzeugt Jesse von seiner Unschuld und schweißt beide wieder näher miteinander zusammen, da Jesse jetzt wirklich glaubt, Gus Fring ist der Schuldige. Da später herauskommt, dass das Gift von dieser Maiglöckchen-Beere stammt, glaubt Jesse Walter, dass letztere nichts damit zu tun hat, da es sich ja nicht um eine Ricin-Vergiftung handelt. Dass Walt Maiglöckchen im Garten stehen hat, weiß Jesse ja nicht.

      Später platziert Walt eine Kapsel mit irgendeinem ungefährlichen Pulver in Jesse's Haus, tut so, als hätte er sie gerade gefunden und kann damit Jesse beruhigen, der immer noch dachte, dass das Ricin irgendwo da draußen sei und eine Gefahr für jemanden wäre.

      Dass Jesse sich aufgrund des gestohlenen Gras daran erinnert, wirkt irgendwie auf den ersten (und auch zweiten) Blick etwas weit hergeholt. Aber er durchschaut einfach Walts Vorgehen, wie er Jesse damals getäuscht hat, um ihn wieder zu sich zu bringen. Die Vermutung, dass Walt Brock vergiftet hat, bestätigt sich ja dann spätestens, als Saul es gewissermaßen zugibt.

      Puh. Keine Ahnung, ob das jetzt verständlich war. Vielleicht beantwortet es auch gar nicht richtig deine Frage. Ich muss mich hier wirklich konzentrieren, dass irgebdwie zusammenzubekommen. :D

      Vielleicht hat es ja ein wenig geholfen. So hab ich es zumindest verstanden und mir zusammengesetzt. Als Jesse merkt, dass Huell ihm das Gras gestohlen hat, wird einfach dieser ganz bestimmte Gedankengang getriggert. :)

      Löschen
  2. Hey bomme, lieben Dank für Deine Gedanken und Erklärungen :))

    Der Kreis schliesst sich nun etwas mehr in meinem Kopf. Natürlich ist es von den Drehbuchautoren etwas weit hergeholt, dass Walt ihm das Rizin entwendet haben soll, damit Jesse Walt beschuldigt, um den Verdacht dann auf Gus Fring zu lenken. Und Jesse dann auch noch durch einen Geistesblitz dahinterkommt. Aber nun gut, es ist eine fiktive Serie und dennoch meine Lieblingsserie überhaupt. Insgesamt ist Breaking Bad doch sehr nah an der Realität.

    Was ich auch als unlogisch empfand in dieser Episode war, dass Walt Hank die Behandlungskosten von 177.000 Dollar bezahlt haben soll, obwohl Hank ja laut Heisenbergs "Geständnis" der Big Boss sein soll und über viel mehr Geld verfügen müsste. Aber da könnte man auch so argumentieren, dass Hank ihn dazu gezwungen hätte, damit man ihm selbst nichts nachweisen kann.

    Vielen Dank für Dein gelungenes Review, ich werde nächste Woche wiede bei Dir vorbeischauen ;)

    Jawad

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Stimmt, die Sache mit den 177.000 ist ein guter Gedanke, da hatte ich gar nicht so dran gedacht. Deine Theorie dazu macht auch durchaus Sinn.

      Und vielen Dank nochmals. :)

      Löschen