Samstag, 28. Januar 2012

J. Edgar / Ziemlich beste Freunde


J. Edgar

Fangen wir mit Clint Eastwood's neuesten Streifen an, ein autobiographischer Film über einen, ich zitiere, "der umstrittesten Männer in der amerikanischen Geschichte", J. Edgar Hoover. Eastwood hat sich in den letzten Jahren auch als Regisseur sehr gemacht und feierte unteranderem mit Million Dollar Baby, Gran Torino oder Letters from Iwo Jima große Erfolge, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Deswegen horcht man auch automatisch auf, wenn Eastwood seine nächsten Filmprojekte ankündigt. Ähnlich wie bei J. Edgar. Ein Film über den Gründer und langjährigen Direktor des FBIs, eine mächtige Persönlichkeit, der gegen alles und jeden was in seinem Aktenschrank hatte und so manch dunkles Geheimnis zu verbergen wusste. Und Clint Eastwood schafft es auch, vor allem dank einer sehr guten Schauspielleistung seines Hauptdarstellers Leonardo DiCaprio, uns etwas über J. Edgar Hoover zu vermitteln. Dennoch, es packt einen nicht, man wird nicht mitgerissen, irgendwie wirkt J. Edgar trotz ansehnlicher Hülle recht leer.

Kurz zusammengefasst, es ist nun mal ein Bio-Pic, dass den jungen J. Edgar Hoover (Leonardo DiCaprio) dabei zeigt, wie er sich langsam aber beharrlich nach oben arbeitet. Als kleiner Drehstuhlsheriff angefangen, darf er bald eine der größten Ermittlungsbehörden der USA, das FBI, aufbauen und steigt infolgedessen auch zu dessen Oberhaupt auf. Auf diesem Wege werden einzelne bedeutungsvolle Etappen im Leben das J. Edgar Hoover aufgegriffen. Die Begegnung mit seiner loyalen Sekretärin Helen Gandy (Naomi Watts) oder seinem jahrelangen Begleiter / Berater Clyde Tolson (Armie Hammer), die gezielte Vefolgung von Kommunisten, denkwürdige Festnahmen, der Lindbergh-Fall rund um die Entführung dessen Sohnes oder der für J. Edgar substanzielle Verlust seiner herrischen Mutter (Judi Dench), welche er über alles liebte. Nebenbei beleuchtet Eastwood auch die wohl am meisten diskustierte Facette des, für die einen Nationalhelden, für die anderen paranoiden Kontroll-Freak, und zwar die der Homosexualität. Etliche Experten und Fachgelehrte diskutieren seit Jahren über dieses pikante Thema, Hoover's Beziehung zu seinem engsten Vertrauten Clyde Tolson scheint mehr als nur platonisch gewesen zu sein, Eastwood machte sich dies zu Nutze.

Leonardo DiCaprio muss man ein Kompliment machen, er spielt das wirklich gut. Hoover's Charakter ist äußerst komplex und verzwickt, DiCaprio versteht es, diese Komplexität und die verrückten Macken seiner Rolle authentisch und nachhaltig zu übermitteln. Vielleicht wollte er gar ein klein wenig zu viel, teilweise grenzte es an Overacting, doch gab auch gerade das der Figur des J. Edgar Hoover seine Strahlkraft. Interessant ist das Thema an sich schon, es wird ein tiefer Einblick in diverse Teile der amerikanischen Geschichte gegeben, die Ausstattung und die Szenenbilder können sich wahrlich sehen lassen, die Maskenbildner und Make-Up-Artisten haben hier sehr präzise und sehenswerte Arbeit geleistet.

Trotz guten Hauptdarsteller und interessanter Thematik, es bleibt blutleer. Der Europäer, oder sagen wir besser Nicht-Amerikaner, wird stellenweise Probleme hinsichtlich des geschichtlichen Hintergrundes bekommen, Erklärungen zu bestimmten Sachverhalten oder Persönlichkeiten gibt es kaum bis gar nicht. Desweiteren wirkt J. Edgar oft arg sprunghaft, was nicht nur daran liegt, dass ein älterer J. Edgar Hoover von den Erlebnissen seiner Arbeit beim FBI berichtet, sondern auch daran, dass die Zeitsprünge bei diesen Erzählung oft recht groß bzw. unübersichtlich sind. Zu guter Letzt bekommt die bereits angesprochenene mögliche homosexuelle Beziehung zwischen Hoover und Tolson ihr Fett weg. Es ist durchaus interessant, wenn einer derartig verkrampften und sturen Person wie J. Edgar Hoover homoerotische Züge mit seinem Angestellten nachgesagt werden, doch wirkt dieses Thema in J. Edgar viel zu aufdringlich. Das hätte man subtiler und eleganter lösen können. Vielleicht war es ja in Wirklichkeit genau so, wie im Film darstellt und Eastwood wollte provozieren, doch war mir diese Indiskretion phasenweise einfach zu viel und zu übertrieben.

Insgesamt kein schlechter Film. DiCaprio liefert eine starke schauspielerische Leistung ab und Regisseur Clint Eastwood schafft ein interessantes Setting mit interessanten Menschen und Begebenheiten. Der spezielle und viel diskutierte Charakter eines J. Edgar Hoovers trägt den Film größtenteils und trotzdem fühlt man sich am Ende nicht wirklich zufriedengestellt, frei nach dem Motto "War's das jetzt?" Für Interessierte und Geschichtsfreunde definitiv ein Blick wert, der Rest kommt ins große Gähnen. Ich hatte etwas mehr erwartet.





Ziemlich beste Freunde

Was lässt sich zur Erfolgskomödie aus Frankreich noch sagen? Seit Wochen hört man immer wieder, dass man sich unbedingt Ziemlich beste Freunde ansehen sollte, der Film sei so lustig und unterhaltsam und schön. Mit den wohl besten Zahlen in Sachen Kinobesucher in Frankreich, konnte sich Intouchables, so der Originaltitel, auch hier in Deutschland lang in den Kinocharts halten bzw. ist dort nachwievor vertreten. Auch ich fand ihn sehr kurzweilig und komisch, doch schließe ich mich nicht ganz sämtlichen Lobeshymnen an. Dafür war er mir dann doch zu schlicht als auch vorhersehbar.

Der schwerreiche Philippe (François Cluzet) sitzt seit einem Paragliding-Unfall querschnittsgelähmt im Rollstuhl und braucht dementsprechend auch Hilfe, um seinen Alltag zu meistern. Etliche Pfleger haben schon ihr Glück versucht, doch jetzt steht mal jemand ganz anderes auf der Matte: Der unverfrorene Driss (Omar Sy), welcher eigentlich nur einen Stempel für's Arbeitsamt respektive Arbeitlosengeld haben will, wird auf Wunsch Philippes zu dessen neuen Fulltime-Pfleger. Unterschiedliche Welten prallen aufeinander, was anfangs noch recht bizarr erscheint, entwickelt sich zu einer beispielslosen Freundschaft zwischen Philippe und Driss...

Nett. Wirklich nett. Ziemlich beste Freunde ist eine sehr unterhaltsame Komödie, die dank ihrer beiden Hauptdarsteller großen Spaß macht. Es ist eine große Freude, beide miteinander interagieren zu sehen, wie der lebensfrohe Driss den pragmatischen Philippe langsam aber sicher auftaut und Bewegung in dessen schwieriges Leben bringt. Die Dialoge sind gut geschrieben, die direkte Art der Figur des Driss und der sympathische Schauspieler Omar Sy bringen einen immer wieder zum Lachen. Genauso gut und authentisch spielt Cluzet, diese beiden scheint nicht nur im Film eine Freundschaft zu verbinden, sondern auch in der Wirklichkeit. Auffällig und hervorragend ist die Musik in diesem Film, ein bestimmtes Theme wird des Öfteren verwendet und bleibt im Kopf hängen, generell passt einfach jedes einzelne Musikstück wunderbar zu Ziemlich beste Freunde, so auch Driss' Musikgeschmack und der kleine Abstecher in dessen musikalische Welt. Am Ende ist der Film etwas für's Herz, ein schöner Streifen, der, ich wiederhole mich gerne, wirklich nett ist.

Doch gibt es auch ein paar Kleinigkeiten, die mich stören. Ziemlich beste Freunde funktioniert einwandfrei, doch ist er mir zu einfach und absehbar. Man bekommt nichts Neues zu sehen und kann den Ausgang der Geschichte schon nach den ersten 10 Minuten voraussagen. Das ist nicht schlimm, doch für meinen Geschmack ein wenig unbefriedigend. Die Geschichte und ihre Protagonisten sind ebenso recht konventionell und unspektalukär. Insbesondere der Figur des Driss merkt man dies an, Problemtyp mit Migrationshintergrund, zerrüttete Familie, Konfliktpotenzial. So etwas kennt man zu genüge. Doch beruht Ziemlich beste Freunde auch auf wahren Begebenheiten, also möchte ich den Schreiberlinge hier nicht allzu große Schuldzuschreibungen machen.

Alles in allen kann man mit Ziemlich beste Freunde absolut seinen Spaß haben, es gibt unzählige amüsante Situationen (Driss' exklusive Meinung während einer Oper über einen singenden Baum oder sein Versuch, dem guten Philippe seinen Bart zu frisieren zum Beispiel), zwei tolle Hauptcharaktere bzw. Hauptdarsteller und vor allem viel Charme. Da kann man auch mal über die einfache und schon oft da gewesene Story und ihren Ablauf hinüberwegsehen. Ein Film für einen entspannten, angenehmen Abend.



Dienstag, 24. Januar 2012

Oscars 2012 - Die Nominierungen

Heute Nachmittag wurden die diesjährigen Nominierten für die Oscars präsentiert. Heiße Kandidaten wie The Artist (10 Nominierung), Scorsese's Hugo Cabret (11 Nom.) oder The Descendants (5 Nom.) mischen natürlich auch hier wieder ordentlich mit. Aber auch die bei den Golden Globes leer ausgegangenen Moneyball und War Horse dürfen sich mit je 6 Nominierungen Hoffnungen auf einen Oscar in einer bedeutenen Kategorie machen.

Dennoch, es gab wie jedes Jahr auch einige Überraschungen. Große Überraschungen, die das Web beschäftigen und zahlreiche Unkenrufe provozieren. Doch erst einmal ein kleiner Überblick über die Nominierten in den wichtigsten Kategorien der Oscars 2012.

Bester Film
The Artist
The Descendants
Extremely Loud & Incredibly Close
The Help
Hugo
Midnight in Paris
Moneyball
The Tree of Life
War Horse

Beste Regie
The Artist - Michel Hazanavicius
The Descendants - Alexander Payne
Hugo - Martin Scorsese
Midnight in Paris - Woody Allen
The Tree of Life - Terrence Malick

Bester Hauptdarsteller
Demián Bichir - A Better Life
George Clooney - The Descendants
Jean Dujardin - The Artist
Gary Oldman - Tinker Tailor Soldier Spy
Brad Pitt - Moneyball

Bester Nebendarsteller
Kenneth Branagh - My Week With Marilyn
Jonah Hill - Moneyball
Nick Nolte - Warrior
Christopher Plummer - Beginners
Max von Sydow - Extremely Loud & Incredibly Close

Beste Hauptdarstellerin
Glenn Close - Albert Nobbs
Viola Davis - The Help
Rooney Mara - The Girl with the Dragon Tattoo
Meryl Streep - The Iron Lady
Michelle Williams - My Week With Marilyn

Beste Nebendarstellerin
Bérénice Bejo - The Artist
Jessica Chastain - The Help
Melissa McCarthy - Bridesmaids
Janet McTeer - Albert Nobbs
Octavia Spencer - The Help

Bestes adaptiertes Drehbuch
The Descendants - Alexander Payne & Nat Faxon & Jim Rash
Hugo - John Logan
The Ides of March - George Clooney & Grant Heslov and Beau Willimon
Moneyball - Screenplay by Steven Zaillian and Aaron Sorkin, Story by Stan Chervin
Tinker Tailor Soldier Spy - Bridget O’Connor & Peter Straughan

Bestes Originaldrehbuch
The Artist - Michel Hazanavicius
Bridesmaids - Annie Mumolo & Kristen Wiig
Margin Call - J.C. Chandor
Midnight in Paris - Woody Allen
A Separation - Asghar Farhadi

Bester Animationsfilm
A Cat in Paris
Chico & Rita
Kung Fu Panda 2
Puss in Boots
Rango

Das sind die für mich auf den ersten Blick interessantesten Kategorien, es gibt natürlich noch weit mehr, ob Editing, Sound, Score und so weiter. Wer Interesse dafür zeigt, der kann jetzt HIER draufklicken und wird dann zu den Artikel über die Oscar-Nominierungen vom Empire Magazine weitergeleitet, wo man sich noch einmal in aller Ruhe einen Überblick verschaffen kann.

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Da ich vor den Oscars eh noch einen Beitrag dazu verfassen werde, wer wahrscheinlich meiner Meinung nach in welcher Kategorie das Rennen machen wird, eine kleine Prognose abgeben und meine persönliche Favoriten vorstellen werde, kommen jetzt nur ein paar "kurze" Kommentare zu den Nominierung und der Academy an sich. Und ab dafür:

  • A Separation ist für die Kategorie Bestes Originaldrehbuch (und wieder bester fremdsprachiger Film) nominiert worden und wieder wird mir klar, dass ich diesen Film irgendwie noch nachholen muss. Clooney's Ides of March holt sich zumindest eine Nominierung für das beste adaptierte Drehbuch ab.
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Wer fehlt, was fällt auf?

  • Viel betroffener macht mich die Nichtberücksichtigung von Drive. Kann ich nicht nachvollziehen. Da ist die Nominierung für bestes Sound Editing ja fast beleidigend. Hier bin ich sehr enttäuscht, liebe Academy.
  • Ebenso wurde Steve McQueen's Shame ignoriert. Hab ich noch nicht gesehen, aber nur Gutes darüber gehört. Wie bei Drive haben sich auch hier viele aufgeregt. Ist das Thema (Sexbesessenheit, Promiskuität etc., kurzer Artikel zum Inhalt) zu heikel ? Oder liegt's an Carey Mulligan? Sowohl in Drive als auch in Shame spielt sie mit. Zufall? Was hat sie verbrochen? 
  • Kein Ryan Gosling, kein Michael Fassbender. Zwei ganz herausragende, junge, talentierte Schauspieler. Schließt sich gleich an den Nichberücksichtigungen von Drive und Shame an. Gosling hätte aber selbst wegen Crazy, Stupid, Love oder mindestens The Ides of March ein Kandidat sein müssen.
  • Keine Nominierungen für Carnage (Roman Polanski's fault?), keine Nominierungen für The Adventures of Tintin. Mmh. In meinen Augen auch sehr zweifelhaft. 
  • Andy Serkis hatte noch irgendwo unterkommen können, im Vorfeld wurde ein wenig über seine Arbeit bei Prevolution gemunkelt. Am Ende kam nichts bei herum.
  • Interessiert mich eigentlich überhaupt nicht, aber vollständigkeitshalber: Tja, Fanboys, kein Harry Potter in den großen Kategorien. Wer hat denn das wirklich für möglich gehalten? Tröstet euch mit den Nominierungen für beste Visual Effects (sieh an), bestes Make-Up und Art Direction. 

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So weit, so gut. Die Academy wird sich auf jeden Fall noch einiges anhören lassen müssen. Die größten Überraschungen waren wohl eher negativer Natur, ansonsten bestätigen sich die Trends der Golden Globes. Am 26. Februar ist es dann soweit. Vorher werden noch am 12. Februar die BAFTA Film Awards verliehen, mal abwarten, wie hier die Ergebnisse ausfallen werden. Kurz vor der Oscarverleihung kommt wie bereits weiter oben angekündigt ein Artikel mit Prognosen und Wunschvorstellungen meinerseits. Bis dahin.

Drive

Am Donnerstag startet Drive in den deutschen Kinos und ich hatte vorab die Möglichkeit, bereits am Freitag der vergangenen Woche mir diesen Film anzusehen. Mit großen Erwartungen bin ich rangegangen und am Ende konnte ich einen der besten Kinobesuche seit langem verzeichnen.

Wenn man sich ein wenig für Film und Kino interessiert, dann wusste man schon im September (Kinostart in den USA) ode gar im Mai (Erstaufführung in Cannes), dass mit Drive etwas Besonderes auf einen zukommen würde. Das Empire Magazine packte Drive auf Platz 1 seiner Bestenliste des Jahres, die Kritiker waren sich größtenteils einig: Drive ist eine ganz heiße Kiste. Im wahrsten Sinne.

Darum geht's: Der Driver (Ryan Gosling) hat keinen Namen. Er ist einfach nur der Driver. Und das hat natürlich auch einen Grund, denn niemand fährt sein Auto so gut wie der Driver. Er arbeitet in einer Autowerkstatt und nimmt nebenbei gelegentlich Jobangebote als Stuntfahrer beim Film an. Doch es gibt noch eine dritte Einnahmequelle für ihn, er fährt den Fluchtwagen bei Überfällen, Räubereien etc. Was gestohlen oder wer beraubt wird, ist ihm egal, er fährt nur, mehr nicht. Er stellt keine Fragen, ihm werden keine Fragen gestellt, es gibt keine Komplikationen. Doch ändert sich sein Leben, als er und seine Nachbarin (Carey Mulligan) langsam Gefühle für einander entwickeln. Alsbald kehrt dann der Ehemann (Oscar Isaac) der Nachbarin aus dem Gefängnis zurück und bringt neue Probleme mit sich, sodass der Driver ihm helfen muss, um das Leben seiner heimlichen Flamme und deren Kind zu schützen. Doch läuft bei dieser Hilfsaktion, ein Überfall auf einen Pfandleiher, eigentlich alles schief und der Driver befindet sich in einer ungewissen Situation, die für ihn und seine Nachbarin große Gefahren birgt. So muss er mit eigenen Händen wieder einiges gerade rücken...

Drive lässt sich wirklich schwer beschreiben. Der Film spielt von Anfang an mit den Erwartungen des Zuschauers. Manch einer wird sich vorher den Trailer angesehen haben, der ein von der ersten bis zur letzten Minute rasantes Action-Spektakel verspricht, doch dem ist nicht so. Die meisten werden von der ersten halben Stunde des Films enttäuscht sein. Es passiert wenig, es wird kaum gesprochen. Generell, es wirkt alles sehr ruhig und behäbig. Doch wichtig ist hier das Unausgesprochene, das ungesagte Wort. Der Fokus liegt auf den äußeren Einflüssen, Licht, unaufgeregte Kameraaufnahmen, Reaktionen in den Augen der Charaktere. Der gesamte Film möchte als ein Sinnbild, eine totale Metapher, verstanden werden. Und das fand ich persönlich sehr beeindruckend.

Ruhig und beständig wie Drive beginnt, umso deutlicher wird er, als der Driver seinen kühlen, in sich gekehrten Charakter verwirft und Emotionen Herr über ihn und sein Auftreten werden. Es wird arg explizit, schockierend, wie der Driver austeilen kann, zu was er in der Lage ist. Sinnbildlich hierfür steht seine einzigartige Jacke. Nicht nur, weil ein goldener Scorpion auf deren Rücken zu sehen ist, nein, auch weil sie für seine Wandlung steht. Sitzt her hinter dem Steuer eines Fahrzeuges, offenbart er sein wahres Ich, so wird die Jacke zu einem Teil von ihm. Und so wird sie bis zum Ende des Films auch immer blutverschmierter. Was vorher noch sehr rein und gepflegt aussah, ist nun dreckig, verschmutzt, besudelt und befleckt.

Gerade die Deutlichkeit, die Energie in vielen Szenen überrascht den Zuschauer und versetzt ihn in eine Schockstarre. Man sympathisiert mit dem wortkargen Protagonisten. Der Däne Nicolas Winding Refn hat hier in meinen Augen etwas Fantastisches abgeliefert. Der Soundtrack ist einfach wunderbar, wie er seine Darsteller in Szene setzt, wie er Aufnahmen einschränkt, verlangsamt und beleuchtet... Hervorragend. Und es gibt diesen einen Moment, den ein jeder Film für mich haben muss. Diesen Moment, wenn alles stillzustehen scheint, wenn man die Intensität einer Szene spürt, wenn man frei von allen anderen Gedanken ist. Und eben einen solchen Moment gibt es in Drive.

Ryan Gosling liefert eine eindrucksvolle Performance ab, doch merkt man auch, trotz Größen wie Albert Brooks, Ron Perlman oder Bryan Cranston, dass eigentlich nur der Driver zählt, und das, wofür er steht. Wenn wir dann das Schlussbild sehen, konsterniert und sprachlos, wenn wir eine Ausblende erwarten, dann werden wir eines Besseren belehrt. Denn der Driver gehört auf die Straße, hinter dem Steuer seines Fahrzeuges. Fahren, das kann er wie kein anderer.

Eine unbedingte Filmempfehlung von mir, eine must-have-seen des Jahres. Drive kann einem einfach so unglaublich viel geben. Man wird über diesen Film nachdenken, grübeln, diskutieren. Das Filmerlebnis ist meinen Augen komplett, und ich wundere mich, warum dieser Film bei den Golden Globes links liegen gelassen wurde. Wie wird es bei den Oscars (Nominierungen gehen am heutigen Tage raus) aussehen? Bin ich vielleicht zu begeistert, als dass ich die Makel von Drive erkenne? Und warum gibt Quentin Tarantino in seiner Bestenliste von 2011 Drive den Nice Try Award? Vielleicht hat er sich kopiert gefühlt, ich weiß es nicht. Was ich weiß ist, dass Drive mich absolut überzeugt hat und dass ich diesen Kinobesuch nicht so schnell vergessen werde.

Anschauen. Ab 26. Januar im Kino.



UPDATE: Keine Oscar-Nominierung für Drive. Mmh.

UPDATE 2: Doch, eine. Für bestes Sound Editing...

Donnerstag, 19. Januar 2012

The Help / Anonymous

Ein guter und ein schlechter Film. Welchen von den beiden sollte man sich wohl im Kino anschauen? Auf jeden Fall nicht Anonymous. The Help schon eher.

The Help

Nachdem The Help bei den Golden Globes (mein Senf zu der Verleihung) in einigen Kategorien nominiert wurde und großer Wahrscheinlichkeit nach auch bei den Oscars eine (in meinen Augen eher kleinere) Rolle spielen wird, hab ich mir diesen äußerst sozialkritischen Film und zugleich Umsetzung des gleichnamigen Romans der Schriftstellerin Kathryn Stockett angesehen. Und ich fand ihn gut.

Kurz zum Inhalt: Wir befinden uns in der 60er Jahren Amerikas, genauer Jackson, Mississippi. Hier arbeiten zigtausend farbige Dienstmädchen für ihre weißen Arbeitgeber, erziehen deren Kinder, kümmern sich um den Haushalt, erfahren für diese Arbeit keine Anerkennung und werden zusätzlich spärlich dafür entlohnt. Den Dienstmädchen wird, trotz ihren mühseligen Aufgaben und Bewältigung dieser, keine große Bedeutung zugewiesen. Doch das möchte eine ändern. Die junge Journalistin Eugenia "Skeeter" Phelan (Emma Watson) möchte ein Buch über diese Mädchen schreiben, zeigen, was sie wirklich durchmachen müssen, wie ihr Leben aussieht und welche Erfahrungen sie gemacht haben. Dafür brauch sie aber Hilfe. Und die bekommt sie von Aibileen (Viola Davis) und ihrer Freundin Minny (Octavia Spencer), zwei erfahrene Dienstmädchen, welche zusammen mit "Skeeter" der großen Masse endlich die Augen öffnen wollen, was für ein Leben Aibileen, Minnie und ihre Zunft wirklich führen...

The Help ist zwar ein äußerst softer und unspektakulärer Film, doch macht er wirklich viel richtig. Da wäre das brisante Thema der Diskriminierung aufgrund der Hautfarbe in den USA der 60er Jahre samt Bürgerrechtsbewegungen. Man bekommt einen tiefen Einblick in das Leben farbiger Dienstmädchen zu dieser Zeit, wie mit ihnen umgegangen wird und wie sich ihre Arbeitgeber verhalten. Zwar wirkt es anfangs noch wie mit der Keule eingeprügelt, dass die Weißen, insbesondere die Frauen (hier angeführt von Bryce Dallas Howard's Hilly Holbrook), ihre Dienstmädchen fast wie Sklaven behandeln. Doch ändert sich während und bis zum Ende von The Help die Wahrnehmung der farbigen Bediensteten, man erkennt den Hauch, vielleicht den Anfang eines gedanklichen sozialen Wandels, welcher wohlmöglich dann auch zum Schluss mit der Veröffentlichung des Buches "The Help" selbst einzutreten scheint. Dabei werden glücklicherweise auch nicht alle Weißen über einen Kamm geschoren, ob nun die entschlossene Protagonisten Eugenia Phelan, bestimmt und keck von Emma Watson verkörpert, oder die zwar etwas dümmlich-naive, aber herzensgute Figur der Celia Foote (Jessica Chastain, smokin' hot!), die Geschichte bleibt abwechslungsreich und verflacht nicht zu einem Don Quijote-artigen Kampf der schwarzen Bevölkerung Jacksons gegen Diskriminierung. Ein Großteil der weißen Bevölkerung, gerade in den Südstaaten, war noch von altmodischen gesellschaftlichen Konventionen geblendet, aber dennoch gab es auch Menschen, die, bewusst oder unbewusst, keine Unterschiede zwischen schwarz oder weiß machten. Viola Davis und Octavia Spencer (Golden Globe für beste Nebendarstellerin) machen ihre Sache als "revoltierende" Dienstmädchen sehr gut und präsentieren sich eindrucksvoll sowie glaubwürdig als tiefgründige Charaktere, besonders letztere sorgt für einige herzhafte Lacher.

Mit etwas mehr als zwei Stunden zieht sich The Help ein klein wenig hin und vielleicht wirkt es am Ende dann doch etwas zu schmalzig, vorhersehbar und predigend. Doch kann man Regisseur Tate Taylor und Crew kaum einen Vorwurf machen, das Thema kann schwer auf eine andere Art und Weise angegangen werden. Und es ist gut, dass es angegangen wurde. Wieder einmal, stöhnt jetzt der ein oder andere, auch ich tue mich oft mit "moralapostelonischen", anprangernden Filmen schwer, doch haben solche definitiv ihre Daseinsberechtigung, insbesondere wenn sie so gut gemacht und intelligent verpackt sind wie The Help. Ich empfehle ihn weiter.





Anonymous

Oh Gott, muss ich wirklich? Ok, ganz kurz (mehr oder weniger...):

Jaja, wie wir alle wissen machte Roland "blow up anything" Emmerich vor einer Weile von sich reden, als er mit Anonymous einen Film ins Kino brachte, der so gar nicht zu ihm passte. Im Mittelpunkt: Shakespeare. Emmerich stürzte sich auf den unsterblichen Barden und machte eine der größten, verschwörerischesten Theorien der Literatur zu einem Film: War William Shakespeare ein Schwindler? Hat er je ein Stück, ein Sonett, ein Gedicht selbst verfasst oder ließ ihm jemand diese literarischen Werke zukommen, sodass Shakespeare sie nur noch zu veröffentlichen brauchte? Ziemlich reißerisch, aber es gibt genügend Fachleute, die mit Emmerich d'accord gehen und weit früher solche Theorien publik machten. Trotzdem hätte es Anonymous an sich in keinster Weise gebraucht. So ein unnötiger, belangloser Film.

Ich möchte auch eigentlich gar nichts weiter zur Story schreiben, weil sie größtenteils dermaßen hanebüchen und verwirrend war, dass der Versuch einer Zusammenfassung jener schwerer sein würde, als es vermutlich das Schreiben vom Drehbuch zum Film selbst war. Shakespeare wird im Film von Anfang an, sofern man ihn denn mal zu sehen bekommt, als ständig betrunkener Schauspieler dargestellt. Aber wen interessiert es eigentlich, er spielt wahrlich keine große Rolle in diesem Film und wenn, dann gibt es Overacting at it's best. Das trifft nicht nur auf die arme Seele zu, welche Shakespeare verköpern durfte, nein, wirklich jede Figur in diesem Film, besser gesagt jeder Schauspieler, hält sich anscheinend für den Allergrößten. Warum muss sich denn ein jeder in diesem Film so unglaublich übertrieben darstellen? Da merkt man es wieder, clevere Dialoge, subtile Rollen, dass ist nichts für Emmerich. Der Waliser Rhys Ifans ist ein toller Schauspieler, er gibt hier wohl noch die beste Figur ab, obwohl auch er unfassbar exzessiv dramatisch-künstlich vor sich hin schwadroniert. Das gefiel mir überhaupt nicht, Emmerich hatte hier wohl in die Trickkiste gegriffen und wollte mit derartigen Perfomances punkten. Nicht bei mir.

Die Idee, dieser Mythos rund um die Frage, ob Shakespeare wirklich ein Schwindler war und ob nicht der Earl von Oxford (im Film Rhys Ifans) das eigentliche literarische Genie gewesen ist, scheint gar nicht so uninteressant. Aber Emmerich macht es uninteressant. Mit öden, politischen Verschwörungstheorien, absehbaren Intrigen und mehrfachen "Oh mein Gott, nicht wirklich oder?"-Twists, welche man von Beginn an erwartet und wenn sie denn kommen auch schon längst durchschaut hat.

Muss man nicht gesehen haben. Wirklich. Der Film ist ja zum Glück auch schon längst wieder aus den meisten deutschen Kinos raus. Bei mir lief er für 3,90 € im Programmkino um die Ecke, und selbst das war eigentlich noch zu viel. Hey, das London und Szenenbild an sich im Film sah ganz nett aus. Kann man als positiven Punkt vermerken. Ansonsten viel unbedeutener, langweiliger Nonsens, Logikfehler inklusive. Mies.




Montag, 16. Januar 2012

Golden Globe Awards 2012

Die Golden Globes haben sich in den letzten Jahren wirklich gemausert, für manch einen haben sie die Oscars in Sachen Unterhaltungswert längst überholt. Das wurde insbesondere im vorangegangenen Jahr deutlich, als der grandiose Ricky Gervais mit einer eher unkonventionellen und überaus amüsanten Leitung der Globes für Furore sorgte und wenige Wochen später Anne Hathaway (welche noch die Bessere war) und James Franco die Oscarverleihung 2011 in den Augen vieler gegen die Wand fuhren. Die Golden Globes sind über die Zeit unterhaltsamer, abwechslungsreicher und weitaus lockerer als die Oscars (Hugh Jackman bei den Oscars 2009 mal ausgenommen, das war klasse) geworden, was nicht nur daran liegt, dass auch Awards für TV-Serien und ihre Darsteller vergeben werden.

Dieses Jahr wurde Ricky Gervais erneut die Ehre zu Teil (er selbst würde es wohl kaum als Ehre bezeichnen), die Golden Globe Awards 2012 zu moderieren. Jubelstürme brachen aus, denn im Vorjahr lieferte Gervais wirklich eine hervorragende Show ab. Und auch dieses Jahr legte er wieder ordentlich los und war sich nicht zu Schade dafür die Hollywood Foreign Press Association (für die Globes verantwortlich), NBC oder die versammelte Belegschaft durch den Kakao zu ziehen. Die Pointen saßen, Rücksicht wurde keine genommen, die F-Bombe ist hochgegangen, ich habe mich köstlich amüsiert. Sein Einstiegsmonolog sei an dieser Stelle nocheinmal verlinkt.


ABER, irgendwie haben sie den Gervais für meinen Geschmack etwas ausgebremst. Der Einstieg war glänzend, danach wurde er ein klein wenig gezügelt. Zwar machten die jeweiligen Laudatoren einen grundsoliden Eindruck, (Seth Rogen hatte mit einer "massive erection" zu kämpfen, bekam es dann aber doch noch irgendwie hin) der Ricky Gervais vom letzten Jahr war es jedoch nicht ganz. Man hatte den Host wohl mit Absicht etwas mehr zurückgehalten. Ganz spurlos scheinen die Golden Globes im Jahr zuvor doch nicht an der Hollywood Foreign Press Association vorbeigegangen zu sein, obwohl gerade dadurch ordentlich Publicity gemacht werden konnte. Aber Ricky Gervais wäre nicht Ricky Gervais, wenn er sich nicht trotzdem ständig im Grenzbereich bzw. hart am Limit bewegen würde. Und die Unterschiede zwischen den Globes 2011 und den diesjährigen waren insgesamt allen in allen nicht allzu groß und wenn überhaupt minimal. So war es bezüglich des Unterhaltungsfaktors erneut eine sehr gute Verleihung.

Zum Bereich Film:

Die Erkenntnis der Globes: The Artist und The Descendants gingen als Gewinner der Veranstaltung hervor und sind wohl somit auch große Kandidaten im Rennen um die Oscars. The Artist holte sich gleich drei Globes, bester Film Komödie/Musical, bester Hauptdarsteller Komödie/Musical mit dem charmanten Franzosen Jean Dujardin und die beste Filmmusik. Ein Stummfilm sorgt heutzutage eben für reichlich Wirbel und avanciert so schnell zum Kritikerliebling. Ich freue mich auch schon sehr auf den Kinobesuch, am 26. Januar ist deutschlandweiter Kinostart. George Clooney (der sich wunderbar mit Brad Pitt die Bälle zu spielte) heimste den Golden Globe für den besten Darsteller in einem Drama ab, The Descendants wurde außerdem noch zum besten Film im Bereich Drama gekürt. Eine weitere Empfehlung, The Descendants läuft ebenfalls am 26. Januar 2012 an.


Altmeister Martin Scorsese wurde für Hugo Cabret mit der besten Regiearbeit ausgezeichnet, auch hier darf man sich wohl auf einen wunderschönen Tribut an das Kino per se samt Verbeugung freuen, die Kritiker sind voll des Lobes, ab 09. Februar im Kino. Meryl Streep bekam den Globe für ihre Darbietung als Margaret "The Iron Lady" Thatcher, ich hätte mich für Rooney Mara sehr gefreut, aber Streep kann man ihre Klasse schwer übel nehmen, auch wenn The Iron Lady eher durchschnittlich aufgenommen wurde. In Deutschland erst post-Oscars ab 01. März zu sehen. Es war eine bunte Mischung, bis auf Clooney's Ides of March, Moneyball mit Brad Pitt und David Fincher's Girl with the Dragon Tattoo konnte sich jeder der vorher auserkorenen Favoriten einen Golden Globe sichern. Woody Allen war nicht anwesend und bekam trotzdem für sein Midnight in Paris die Auszeichnung für das beste Drehbuch. Genehmigt. Octavia Spencer (The Help) und Michelle Williams (My Week with Marylin) bekamen den Preis für die beste Nebendarstellerin im Bereich Drama bzw. die beste Hauptdarstellerin in einer Komödie/Musical. Steven Spielberg schaute mit War Horse vorerst in die Röhre, durfte sich dann aber doch noch über den Globe für The Adventures of Tintin freuen. Das fand ich sehr gut, auch für mich vor Rango der beste Animationsfilm des Jahres. Schauspiel-Veteran Christopher Plummer holte sich seinen verdienten Preis für seine Nebenrolle in Beginners ab und der iranische Film A Seperation, über den ich auch nur gutes gehört habe, wurde als bester fremdsprachiger Film ausgezeichnet. Ach ja, Madonna bekam auch irgendein Preis, but who cares?

Insgesamt gab es wenig Überraschungen, die Auswahl war buntgemischt und qualitativ stark. The Artist und The Descendants stehen wohl auch für die Oscars hoch im Kurs. Dahinter kann alles passieren. Man darf gespannt sein.

Kurz zum Bereich Serie:

Hier hatte ich jetzt nicht wirklich den ganz großen Überblick. Gefreut habe ich mich für Peter Dinklage und Idris Elba. Ersterer wurde für seine ausgezeichnete Darbietung in HBO'S Game of Thrones in der Rolle des Tyrion Lannister (Imp!) geehrt und das völlig verdient. Idris Elba bekam den Globe als bester Hauptdarsteller in einer Mini-Serie für Luther. Auch sehr gut, in Luther sollte man mal allein wegen Idris Elba reingeschaut haben. Zooey Deschanel und ihre neue Serie New Girl sind leider leer ausgegangen, auch wenn es wirklich ein erfrischend komisches Format ist. Gegen das grandiose Modern Family hat man es eben Jahr für Jahr immer wieder sehr schwer. Homeland stach Serien wie das fabelhafte Boardwalk Empire oder Game of Thrones aus und sicherte sich den Golden Globe für die beste Serie in Bereich Drama. Auch in Homeland sollte man mal reinschauen, ich werd's die nächsten Wochen mal versuchen in Angriff zu nehmen und dann berichten. Und Bryan Cranston (Breaking Bad) und Steve Buscemi (Boardwalk Empire) mussten sich letztendlich Kelsey Grammer (Boss, ehemals Frasier) in Sachen bester Serien-Hauptdarsteller Drama geschlagen geben.

Morgan "God of Voices" Freeman wurde dann obendrein noch der Cecil B. DeMille Award für sein Lebenswerk überreicht. Ein wunderbarer Schauspieler, der auch zu meinen persönlichen Favoriten zählt.


Gut acht Wochen und die Oscarverleihung 2012 steht auf dem Plan. Eddie Murphy und Brett Ratner sind nach etwas Hickhack und desletzteren homophoben Äußerungen nicht mehr dabei, Billy Crystal springt dafür (bereits zum neunten Mal) in die Bresche. Doch bis dahin wird noch einiges an Zeit vergehen und ich werde mir einige Filme ansehen, denn wieder einmal haben die Golden Globes als Oscar-Preview ihren Soll erfüllt (es ist doch so...) und mich in vielen Fällen sehr neugierig gemacht.


PS: Was war mit Ryan Gosling? Was war mit Drive? Gerade Drive, jener Film, welcher dermaßen abgefeiert wird. Freitag bin ich in der Vorpremiere, es folgt eine Kritk und vielleicht eine Antwort (aber wohl eher ein lauter Aufruf des Entsetzens, warum dieser Film nicht nominiert wurde) auf diese Fragen.

Samstag, 14. Januar 2012

The Ides of March / The Girl with the Dragon Tattoo

Die Zeit der großen Awards. Die Golden Globes (15. Januar) und Oscarverleihung (26. Februar) stehen so gut wie vor der Tür. Das bedeutet für Deutschland's Kinogänger, dass gerade jetzt, im Januar und Februar, noch einmal richtige Kaliber in die hiesigen Lichtspielhäuser kommen. Was in den Staaten und Großbritannien schon beinahe ein alter Hut ist, kann bei uns jetzt erst richtig abgefeiert werden. Oder eben jeder ist betroffen, ob Amerikaner, Brite, Deutscher oder sonstwer. Gerne wird der Release potenzieller Oscar-Kandidaten kurz vor der Verleihung platziert. Kurzfristige Medienwirksamkeit und so, man kann es sich denken. Aber das soll hier gar nicht zur Sache tun.

Hier geht's um die angesprochenen Kaliber. Zwei von denen habe ich mir diese Woche angeschaut. Und beide haben mir sehr gut gefallen. The Ides of March und The Girl with the Dragon Tattoo kommen auf vier bzw. zwei Nominierungen bei den Golden Globes 2012 und dürfen sich auch berechtigte Hoffnungen auf eine oder mehrere Oscarnominierung machen.

The Ides of March (Tage des Verrats)

Die Iden des März. Jener Zeitpunkt, zu welchem Caesar einst von Verschwörern und Verrätern niedergestochen und ermordert wurde. Ein passender Titel, eine passende Metapher für George Clooney's vierte Regiearbeit. Wobei in The Ides of March nicht der Königs- bzw. Kaisermord im Mittelpunkt steht, sondern der Verrat per se. Ryan Gosling spielt Stephen Meyers, einen begnadeten Wahlkampfmanager, der mit Raffinesse und Charme großen Anteil an den steigenden Umfrageergebnissen des Gouverneurs Mike Morris (George Clooney) hat, welcher sich erst in den Vorwahlen der Demokraten für den Präsidentschaftskandidaten durchsetzen und dann natürlich auch ins Weiße Haus einziehen soll. Politik und gerade Wahlkampf verbindet unsereins stets mit Korruption, Lügen und falschen Versprechungen. Doch Meyers wirkt wie ein aufgeweckter, motivierter, junger Mann, der in seinen Kandidaten vertraut, nicht weil er muss, sondern weil er es wirklich tut. Doch diese Ideale muss selbst er bald über den Haufen werfen, seine Unerfahrenheit und Naivität wird ihm zu Verhängnis, wem kann er vertrauen, von wem wird er verraten werden, wen wird er verraten... Meyers ist nicht auf den Kopf gefallen. So wird er selbst zu dem, was er sich vermutlich niemals gewünscht hätte...

So ist Politik. Geheime Absprachen, kleine Deals, wer bekommt welche politische Position, um sich wie viele Wählerstimmen wo auch immer zu sichern. Ich mag Polit-Thriller, besonders wenn sie nicht so reißerisch und eher subtil wie Clooney's Ides of March sind. Mit Ryan Gosling hat man eine perfekte Besetzung der Rolle des Stephen Meyers getätigt, sein Spiel zwischen den Fronten, sein Wandel vom überzeugten Idealisten hin zum kaltblütigen Opportunisten gefällt außerordentlich gut. George Clooney hält sich vornehm zurück, er ist nur eine der vielen Schachfiguren (oder Schachspieler?), darunter auch der großartige Paul Giamatti und Philip Seymour Hoffman, die dem Film im Endeffekt seine Relevanz und Gedankentiefe geben. The Ides of March versteht es ausgezeichnet, uns ein Bild von den politischen Abläufen in den USA zu geben. Kein Weg ist zu wider, den Kandidaten an der Spitze zu platzieren. Etikette ist nur eine Fassade, darunter zeigt sich die wahre Natur des Menschen. Natürlich zeigt Clooney nur eine fiktive Idee und liefert keine direkten Bezüge zur real existierenden Persönlichkeiten. Doch sein Film schafft es, eine gefährlich präzise und gut vorstellbare Beschreibung des politischen Systems in den Staaten zu geben.

Das Schlussbild von The Ides of March steht für sich allein. Wir betrachten Gosling's Stephen Meyers, kurz vor einem Fernsehinterview. Sein Weg war steinig, er war kurz vor dem Ende, jetzt ist er wieder ganz oben. Doch er hat sich gewandelt, Ideale verworfen, Vorbilder getäuscht und verraten. Meyers hebt den Kopf und blickt kühl in die Kamera. Ausblende. Schluss.

“In war, you can only be killed once, but in politics, many times.”

Wer mal wieder ordentlich Lust und Laune auf ein ruhigen, spannend-interessanten Polit-Thriller mit reichlich Starpower, guten Hintergrund und wunderbar aktuellen Bezug hat, der sollte sich The Ides Of March ansehen. Clooney überzeugt als Regisseur und Gosling freut sich über eine Golden Globe-Nominierung als Bester Hauptdarsteller im Bereich Drama. Sehenswert.



The Girl with the Dragon Tattoo (Verblendung)

Die Amerikaner. Denen kann man es nie recht machen. 2009 kam die erste skandinavisch-deutsch produzierte Romanverfilmung von Stieg Larsson's Millenium-Trilogie unter dem Titel Verblendung raus und konnte Kritiker sowie Publikum überzeugen. Sogar so sehr, dass sich amerikanische Filmproduzenten dachten, man könnte diesen Film doch einfach nochmal neu auflegen, auf den Import europäischer Filme stehen die sowieso nicht. Diesmal aber mit mehr Budget und David Fincher im Regiestuhl. Also ein zeitnahes Remake. Und das hat es in sich. Vorweg, ich habe weder die Bücher gelesen noch habe ich irgendeinen der vorangegangen Filme dazu gesehen. Da ich aber viel Gutes über The Girl with the Dragon Tattoo gelesen hatte und schon etwas neugierig war, hab ich ihn mir angeschaut. Gute Entscheidung meinerseits. The Girl with the Dragon Tattoo ist hervorragend.

Journalist Mikael Blomkvist (Daniel Craig) hat sich ins Abseits manövriert. Sein letzter Artikel und die dazugehörige Verleumdungsklage stellt ihn vor große finanzielle Probleme. Da trifft es sich ganz gut, dass der ehemalige Großindustrielle Henrik Vanger (Christopher Plummer, wer könnte einen besseren Patriarchen spielen?) einen Auftrag bzw. Rätsel für Blomkvist hat und ihn dementsprechend für die Lösung dessen entlohnen möchte. Blomkvist soll Henrik's Lieblingsnichte Harriet finden, welche vor über 40 Jahren spurlos verschwunden ist. Dabei zur Hilfe kommt ihm die eigentümliche Lisbeth Salander (Rooney Mara), eine ausgezeichnete Hackerin, aber äußerst problematisch im sozialen Alltag. Gemeinsam dringen Blomkvist und Lisbeth tief in die Geheimnisse der Familie Vanger ein und müssen sich arg vorsehen, nicht selbst ins Fadenkreuz zu geraten...

Ich wusste nicht ganz, was ich zu erwarten hatte. Fakt ist, dass David Fincher ein glänzender Regisseur ist. Fakt ist auch, dass die Kritik zu seinem Girl with the Dragon Tattoo überdurchschnittlich gut ausgefallen ist. Und hier muss ich mich bedenkenlos anschließen, The Girl ist ein ganz starker Film. Zuckt man bei einer Laufzeit von gut 160 Minuten anfangs noch zusammen, lässt man sich während dieser etwas mehr als zweieinhalb Stunden dann bedingungslos fesseln. Die Spannung ist greifbar, permanent baut Fincher auf Hintergrundmusik, die etwas heraufbeschwört. Man ahnt etwas, doch bekommt man es selten zu sehen. Im nächsten Moment ist der Regisseur gnadenlos und zeigt die ganze Grausamkeit, für welche die skandinavische Kriminalliteratur bekannt geworden ist. Die, ob beiläufig oder offensichtlich, Intensität der einzelnen Szenen ist bedrückend einmalig. Daniel Craig als Mikael Blomkvist versteht sich darauf, etwas zurückhaltender zu spielen. Dennoch verleiht er seiner Figur die nötige Tiefe und Ausstrahlung. Doch Rooney Mara in der Rolle der Lisbeth Salander avanciert hier zur überragenden Figur. Reserviert, psychologisch ein Wrack, kaltblütig, sich grausam rächend (Raptist Pig!), zum Ende gar hoffnungsvoll und dann doch wieder am Boden. Ein einmaliger Charakter, der dank Rooney Mara's Performance einen unvergesslichen Eindruck hinterlässt.
(Außerdem trägt sie das coolste T-Shirt in einem Film seit langem.)

David Fincher hat von Anfang an gesagt, er würde sich an keine Altersvorgaben der Produzenten halten. Ergebnis: Rated R in den Staaten, ab 16 hier bei uns. Zurecht, The Girl with the Dragon Tattoo ist explizit und direkt, und scheut nicht vor harten Bildern zurück. Doch das muss grundstimmungshalber auch so sein. Parallelen zu Fincher's Zodiac werden deutlich, sein Verständnis für den Aufbau des logischen und nachvollziehbaren Lösens von geheimnisvollen Rätseln. The Girl wirkt insgesamt wie kein 0815-Thriller, eher viel mehr wie eine unkonvientionelle Adaption, die viele Möglichkeiten hat, reißerisch zu enden, aber den Zuschauer lieber mit einem ruhigen und tiefsinnigen Schlussbild verabschiedet.

The Girl with the Dragon Tattoo bekommt von mir eine dicke Empfehlung. Spannung, Stimmung, Charaktere und ihre Darsteller, hier passt (fast) alles. Manch einer wird über die lange Laufzeit stöhnen. Ja, The Girl hat seine Längen, darüber schaue ich aber des Endergebnis wegen hinüberweg. Rooney Mara katapultiert sich in den Kreis der heißen Oscarkandidaten, für den Golden Globe gab's schon eine Nominierung. Verdient hätte sie's.



Sonntagabend bzw. Sonntagnacht kommt es dann zu den Golden Globe Awards 2012. Ich werde mir das natürlich anschauen und etwas Bericht erstatten. Zwar dient mir diese Verleihung eher dazu, eine oblitgatorische Anschauliste bis zur Oscarverleihung Ende Februar anzufertigen, aber ich werde trotzdem ein paar Sätze dazu verlieren. Und ein paar der Kandidaten habe ich ja schon gesehen, ob nun Film oder Serie.

PS: Ich freue mich auf Ricky Gervais. Das wird lustig.

Dienstag, 10. Januar 2012

Star Wars: Underworld?

Gerüchte über eine TV-Serie zur Star Wars-Saga wabern schon seit einigen Jahren durch's Netz, jetzt ist Produzent Rick McCallum in einem Interview noch einmal etwas genauer auf die Thematik eingegangen und hat mit "Star Wars: Underworld" auch gleich einen potenziellen Titel für eine derartige Produktion in den Raum geworfen.

Jedoch rudert dieser auch sofort wieder zurück. Skripte (50 an der Zahl, eines düsterer und besser als das andere) hätte man zu genüge, jedoch stellt sich die Kostenfrage. Mal davon ausgehend, dass eine Episode eines solchen Serien-Formats die übliche Länge von gut 45 bis 60 Minuten mit sich bringen würde, könnte sich die Produktion und Umsetzung als äußerst kostspielig erweisen. 5 Mio. US-Dollar Budget pro Episode stehen im Raum, und um das umzusetzen, was technisch die Prequels Episode I, II und III abgeliefert haben, reicht das normalerweise nicht aus. Daher muss erst einmal gegrübelt werden, wie man dieses Problem umgehen könnte und welche Möglichkeiten im technischen und finanziellen Bereich bestehen. Kleiner Einwurf: Natürlich hätte man genug Kohle, um so ein Projekt zu finanzieren. Aber es muss sich selbstverständlich auch rentieren.

Nebenbei äußert McCallum auch Bedenken bezüglich des Publikums. Kann man genug Leute für so ein Format begeistern, wie schaut's mit der Vermarktung aus, findet man ein geduldiges Network, um diese Serie auszustrahlen etc. pp. Meine Meinung: Ähm, Star Wars? Ich weiß nicht, reicht das nicht aus, um sich erst einmal eine gesunde Publikumsbasis zu schaffen? Solange man auf die Stärken von Episode IV, V und VI baut, sehe ich dies nicht allzu problematisch. McCallum selbst erwähnt es auch nur als Nebengedanke, Hauptproblematik bleibt die Finanzierung und Rentabilität des Ganzen.

Worum soll's aber eigentlich gehen? Hier wird man hellhörig, denn es klingt doch ziemlich interessant. Die Star Wars-Serie, unter welchen Titel dann auch immer, soll zwischen Episode III: Revenge of the Sith und Episode IV: A New Hope angesiedelt sein, jenen Zeitraum (gut 20 Jahre), in welchem klein Luke auf Tatooine heranwächst. Im Mittelpunkt soll aber hierbei das Imperium stehen, wie es langsam alles und jeden unter sich vereinnahmt, wie dunkle und düstere Machenschaften (daher Underworld) von unten her das gewohnte System infiltrieren und sich ein Wandel der Machtverhältnisse bis hin zur Machtübernahme durch das Imperium andeutet. Nett.

Dunkel und düster hört sich gut an. Außerdem klingt es jetzt schon nach Intrigen, Verrat, massig Charakteren und komplexen Storyabläufen. Also all die tollen Sachen, welche eine gute Serie heutzutage auszeichnen. Solange kein zweites Clone Wars oder weichgespültes Gedöhns á la Episode I, II oder III dabei herauskommt, gehen von mir beide Daumen nach oben.

Aber: Zukunftsmusik. Zwar soll McCallum bereits im Juni 2011 angekündigt haben, dass eine Star Wars-Serie in etwa drei bis vier Jahren über die Fernsehbildschirme flimmern könnte, wann jedoch genau eine solche Serienadaption wirklich produziert und ausgestrahlt wird, das steht weiterhin in den Sternen.
(Ha, fantastischer Schlusssatz mit krasser Referenz.)


Hier nochmal das Interview mit Rick McCallum. Für all diejenige, welche mir nicht glauben... 


Sonntag, 8. Januar 2012

Die Lincoln Verschwörung, Der Gott des Gemetzels und Das Sherlock Holmes 2

Diese Woche gab es seit langer Zeit mal wieder Kino satt. Drei Filme habe ich mir angesehen und ich bin mir sicher, dass für jeden was dabei sein wird.

Die Lincoln Verschwörung (The Conspirator)

Der Film kam zwar schon vor einer ganzen Weile in die deutschen Kinos und wurde auch flugs wieder aus dem Programm genommen, nichtsdestotrotz möchte ich ein paar Worte dazu verlieren. Glücklicherweise zeigt ein kleines Kino bei um die Ecke zur Zeit Die Lincoln Verschwörung und aus persönlichen Interesse musste ich mal einen Blick riskieren.

Kurz zusammengefasst geht es um das Lincoln-Attentat vom 14. April 1865 samt dessen Tod am Folgetag und Verschwörung gegenüber dem damaligen amerikanischen Präsidenten und Nationalhelden. Ein paar fiese Gestalten mit John Wilkes Booth an ihrer Spitze hatten es auf good old Abe abgesehen. Jedoch werden sie nach dem Attentat gefasst bzw. Booth auf der Flucht erschossen. Unter den Verdächtigen befindet sich auch eine ältere Dame, Mary Surratt, welche den Verschwörern Obdach geboten haben soll und sich deshalb zur Mitverschwörerin gemacht hat. Paradoxerweise bekommt Unions-Militärikone und Jetzt-Anwalt Frederick Aiken den Auftrag, Südstaatlerin Mary Surratt zu verteidigen, was auch ihn wiederum zum gefühlten Verräter macht, weil er eben für jemanden in die Bresche springt, welche höchstwahrscheinlich an der Ermordung von Abraham Lincoln beteiligt war und dann noch aus den Südstaaten kommt.

Vom historischen Standpunkt her ist Die Lincoln Verschwörung wirklich interessant, Regisseur Robert Redford hat kaum geschichtliche Ungereimtheiten eingebaut und arbeitete nah an der Materie. Die Darsteller machen durch die Bank einen guten Eindruck, James McAvoy in der Rolle des Freddie Aiken und Robin Wright als Mary Surratt stechen hierbei hervor. Komplettiert wird dies noch durch zwei alte Hasen, Tom Wilkinson und Kevin Kline, deren Performance ebenso gefällt. Zwar muss man sich auf ein paar langatmige Passagen einstellen, da größtenteils Gerichtsverhandlungen zu sehen sind, doch kann man sich auch von der Frage, ob Mary Surratt nun schuldig oder unschuldig ist, mitreißen lassen. Belebend wirkt die Thematik, einen Schuldigen bzw. Sündenbock um der Verurteilungs willen zu finden. Ein netter Fingerzeig auf die heutige Zeit. Am Ende flimmern klischeehaft ein paar schlaue Sätze über die Leinwand, dennoch funktionieren die letzten Minuten gut. In einem brisanten Fall wie dem der Ermordung Lincolns wurde die Rechstaatlichkeit ausgesetzt und gegen reine Willkür ausgetauscht, ob schuldig oder nicht. Ebenso der Appell an Rechtsvertreter, an der Unschuld ihres Mandanten festzuhalten, bis diese auch beweiskräftig wiederlegt ist.

In den Staaten kam Die Lincoln Verschwörung eher mau an, wer sich ein wenig für diesen Teil der amerikanischen Geschichte interessiert, nichts gegen eine begrenzte Anzahl von Szenenbildern, Anwaltsgedöhns oder Gerichtsverhandlungen hat, dem kann ich Die Lincoln Verschwörung empfehlen. Mir hat er gut gefallen.



Der Gott des Gemetzels (Carnage)

Roman Polanski's neuester Streifen wird jetzt schon als Oscar-Kandidat gehandelt. Die Idee basiert auf dem gleichnamigen Theaterstück "Le dieu de carnage" von Yasmina Reza (hat das Drehbuch mitgeschrieben) und ist äußerst simpel: Zwei Ehepaare treffen sich, um einen Vorfall zu bereden, welcher sich zwischen ihren Söhnen ereignet hat. Der eine, mit einem Stock bewaffnet, Verzeihung, ausgestattet, hat dem anderem zwei Zähne ausgeschlagen und eine dicke Lippe verpasst. Das muss natürlich ausdiskutiert werden, wer trägt die Schuld, wer soll sich bei wem in wessem Beisein entschuldigen und warum klingelt eigentlich andauernd das Telefon?

Eine herrlich komische Komödie, deren Einfachheit gut tut. Polanski wechselt das Szenenbild überhaupt nicht, wir befinden uns die ganze Zeit in der Wohnung von Penelope und Michael Longstreet (Jodie Foster und John C. Reilly), deren Sohn so fürchterlich entstellt wurde. Zu Besuch sind Nancy und Alan Cowan (Kate Winslet und Christoph Waltz), um Verantwortungsbewusstsein zu zeigen. Die gesamte Szenerie schaukelt sich immmer höher, schnell kommt man vom Thema ab, was anfangs noch recht harmlos wirkt, entwickelt sich zu einer urkomischen Zusammenkunft von geblendeten Idealisten und gehässigen Pessimisten. Wo sich erst noch die Longstreets und Cowans gegenüberstehen, sieht man bald, wie sich die Frauen gegen die Männern verbrüdern bzw. verschwestern. Ob Erziehungsstile, unmenschliche Charaktereigenschaften oder Klospülungen aller Art, die Themen dieses Zwiegesprächs sind abwechslungsreich. Die Schauspieler stehen hier natürlich im Mittelpunkt, John C. Reilly (möchtegern-schlichtend und Hamster-Sadist), Jodie Foster (Besserwisser-Pädagogin und kunstversessen) oder Kate Winslet (verträgt kein Alkohol und muss sich übergeben), sie alle tragen dazu bei, dass Der Gott des Gemetzels großen Spaß macht. Und vor allem Christoph Waltz. Ja, ich bin ein Christoph-Waltz-Fanboy, aber in Carnage merkt man ihm (wieder einmal) einfach seine Klasse an. In meinen Augen steht er nochmal eine Stufe über seinen Kollegen. Analytisch-penibel, sarkastisch, unbewusst unhöflich, mehr dem Handy zugetan als seiner Ehefrau. Ganz großartig. Hinzukommt die eigentliche, für jeden frei interpretierbare Botschaft Polanskis, mit einem wunderbar einfachen Ende und vielsagenden Schlussbild.

Wer sich etwas weniger als 90 Minuten hervorragend unterhalten lassen, tolle schauspielerische Leistungen und ausgezeichnete Dialoge will, der ist hier genau richtig. Von der simple Prämisse sollte man sich nicht abschrecken lassen. Diese funktioniert in Der Gott des Gemetzels prächtig.




Sherlock Holmes - Spiel im Schatten (A Game of Shadows)

Der letzte Film, auf den ich zu sprechen kommen möchte. Der erste Sherlock Holmes von Guy Ritchies Adaption der berühmten Romanfigur Arthur Conan Doyles hat mir sehr gut gefallen. Das war erfrischend und äußerst belebend, Guy Ritchie eben. Dementsprechend habe ich mich auch auf die Fortsetzung gefreut und dann auch noch reichlich gute Kritiken dazu gelesen. Insgesamt war ich aber dennoch ein wenig enttäuscht.

Wie bereits in den letzten Minuten des ersten Teils angedeutet, dreht sich in A Game of Shadows alles um den berüchtigten Professor James Moriarty (Jared Harris). Der soll bei so manchen verheerenden Bombenanschlägen und Attentaten überall in Europa seine Finger im Spiel haben. Klare Sache, dass Sherlock Holmes (Robert Downey Jr.) diesen aufzuhalten zu versucht, was immer das Mastermind auch ausgeheckt hat. Holmes zur Seite steht wie so oft der getreue Dr. John Watson (Jude Law), zusammen begeben sich beide auf eine wilde Hatz quer über den europäischen Kontinent, Schussgefechte, Schlägereien und knifflige Rätsel inklusive, um Moriarty schlussendlich überführen zu können und den Garaus auszumachen.

Im Vorfeld war zu lesen, dass Ritchie sich selber treu geblieben ist. Heißt, Spaß und Unterhaltung satt. Und das stimmt auch, Sherlock 2 macht eine Menge Laune, seien es fulminante Actionssequenzen oder amüsante Wortscharmützel. Downey Jr. und Law als Sherlock Holmes und Dr. Watson machen ihre Sache erneut gut, liefern wie versprochen ordentliche Action und nette Wortwitze ab. Ebenso wird noch expliziter auf die latent homoerotische Beziehung zwischen den beiden eingegangen, was anfangs ganz komisch ist, in meinen Augen später jedoch etwas zu überstrapaziert wird. Generell plagte mich das Gefühl, dass Ritchie und Co. beim zweiten Teil zu viel wollten. An manchen Stellen wirkt es auf mich zu langatmig und verwirrend umfangreich, man hätte hier und da etwas schneiden und rausnehmen können. Desweiteren fehlte mir persönlich in vielen Momenten der sogenannte "Drive", der Zug zum bzw. Sinn für's Wesentliche, das war mir teilweise zu überladen. Da gefiel mir der erste Teil in Sachen Geradlinigkeit besser. Punkten kann A Game of Shadows mit dem unscheinbaren Auftritt von Jared Harris als Prof. Moriarty, welcher eine bessere Bösewicht-Figur als Mark Strong im ersten Teil macht. Noomi Rapace in der Rolle der Zigeunerbraut Simza hätte man sich komplett sparen können, Rachel McAdams sieht für kurze Zeit wieder wunderbar aus, ähnlich wie Kelly Reilly als Watson's Ehefrau Mary. Und Stephen Fry verkörpert Sherlock's Bruder Mycroft und sorgt für wahrlich komische Momente.

Zwar kann man sich mit diesem Blockbuster-Entertainment schon zufrieden geben, für meinen Geschmack war das aber zu wenig. Ja, stellenweise reißen einen Ritchie-esque rasante Schnitte und Zeitlupenaufnahmen mit, der einzigartig-analytische Charakter Holmes' und der hervorragende Gegenspieler Moriarty tragen ihren Teil zu einem mehr als soliden Kinofilm bei, doch war ich nicht so angetan wie nach dem ersten Teil. Einfach ein wenig zu viel des Guten oder auf Neudeutsch "too much". Abwarten was der dritte Teil bringen wird, eine weitere Fortsetzung wird es mit Bestimmheit geben.



Schluss jetzt. Mein "kurzer" Kommentar zu Die Lincoln Verschwörung, Der Gott des Gemetzels und Sherlock Holmes - Spiel im Schatten. Viel Spaß im Kino. Oder auch nicht. Wie man's eben nimmt.