Samstag, 28. Januar 2012

J. Edgar / Ziemlich beste Freunde


J. Edgar

Fangen wir mit Clint Eastwood's neuesten Streifen an, ein autobiographischer Film über einen, ich zitiere, "der umstrittesten Männer in der amerikanischen Geschichte", J. Edgar Hoover. Eastwood hat sich in den letzten Jahren auch als Regisseur sehr gemacht und feierte unteranderem mit Million Dollar Baby, Gran Torino oder Letters from Iwo Jima große Erfolge, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Deswegen horcht man auch automatisch auf, wenn Eastwood seine nächsten Filmprojekte ankündigt. Ähnlich wie bei J. Edgar. Ein Film über den Gründer und langjährigen Direktor des FBIs, eine mächtige Persönlichkeit, der gegen alles und jeden was in seinem Aktenschrank hatte und so manch dunkles Geheimnis zu verbergen wusste. Und Clint Eastwood schafft es auch, vor allem dank einer sehr guten Schauspielleistung seines Hauptdarstellers Leonardo DiCaprio, uns etwas über J. Edgar Hoover zu vermitteln. Dennoch, es packt einen nicht, man wird nicht mitgerissen, irgendwie wirkt J. Edgar trotz ansehnlicher Hülle recht leer.

Kurz zusammengefasst, es ist nun mal ein Bio-Pic, dass den jungen J. Edgar Hoover (Leonardo DiCaprio) dabei zeigt, wie er sich langsam aber beharrlich nach oben arbeitet. Als kleiner Drehstuhlsheriff angefangen, darf er bald eine der größten Ermittlungsbehörden der USA, das FBI, aufbauen und steigt infolgedessen auch zu dessen Oberhaupt auf. Auf diesem Wege werden einzelne bedeutungsvolle Etappen im Leben das J. Edgar Hoover aufgegriffen. Die Begegnung mit seiner loyalen Sekretärin Helen Gandy (Naomi Watts) oder seinem jahrelangen Begleiter / Berater Clyde Tolson (Armie Hammer), die gezielte Vefolgung von Kommunisten, denkwürdige Festnahmen, der Lindbergh-Fall rund um die Entführung dessen Sohnes oder der für J. Edgar substanzielle Verlust seiner herrischen Mutter (Judi Dench), welche er über alles liebte. Nebenbei beleuchtet Eastwood auch die wohl am meisten diskustierte Facette des, für die einen Nationalhelden, für die anderen paranoiden Kontroll-Freak, und zwar die der Homosexualität. Etliche Experten und Fachgelehrte diskutieren seit Jahren über dieses pikante Thema, Hoover's Beziehung zu seinem engsten Vertrauten Clyde Tolson scheint mehr als nur platonisch gewesen zu sein, Eastwood machte sich dies zu Nutze.

Leonardo DiCaprio muss man ein Kompliment machen, er spielt das wirklich gut. Hoover's Charakter ist äußerst komplex und verzwickt, DiCaprio versteht es, diese Komplexität und die verrückten Macken seiner Rolle authentisch und nachhaltig zu übermitteln. Vielleicht wollte er gar ein klein wenig zu viel, teilweise grenzte es an Overacting, doch gab auch gerade das der Figur des J. Edgar Hoover seine Strahlkraft. Interessant ist das Thema an sich schon, es wird ein tiefer Einblick in diverse Teile der amerikanischen Geschichte gegeben, die Ausstattung und die Szenenbilder können sich wahrlich sehen lassen, die Maskenbildner und Make-Up-Artisten haben hier sehr präzise und sehenswerte Arbeit geleistet.

Trotz guten Hauptdarsteller und interessanter Thematik, es bleibt blutleer. Der Europäer, oder sagen wir besser Nicht-Amerikaner, wird stellenweise Probleme hinsichtlich des geschichtlichen Hintergrundes bekommen, Erklärungen zu bestimmten Sachverhalten oder Persönlichkeiten gibt es kaum bis gar nicht. Desweiteren wirkt J. Edgar oft arg sprunghaft, was nicht nur daran liegt, dass ein älterer J. Edgar Hoover von den Erlebnissen seiner Arbeit beim FBI berichtet, sondern auch daran, dass die Zeitsprünge bei diesen Erzählung oft recht groß bzw. unübersichtlich sind. Zu guter Letzt bekommt die bereits angesprochenene mögliche homosexuelle Beziehung zwischen Hoover und Tolson ihr Fett weg. Es ist durchaus interessant, wenn einer derartig verkrampften und sturen Person wie J. Edgar Hoover homoerotische Züge mit seinem Angestellten nachgesagt werden, doch wirkt dieses Thema in J. Edgar viel zu aufdringlich. Das hätte man subtiler und eleganter lösen können. Vielleicht war es ja in Wirklichkeit genau so, wie im Film darstellt und Eastwood wollte provozieren, doch war mir diese Indiskretion phasenweise einfach zu viel und zu übertrieben.

Insgesamt kein schlechter Film. DiCaprio liefert eine starke schauspielerische Leistung ab und Regisseur Clint Eastwood schafft ein interessantes Setting mit interessanten Menschen und Begebenheiten. Der spezielle und viel diskutierte Charakter eines J. Edgar Hoovers trägt den Film größtenteils und trotzdem fühlt man sich am Ende nicht wirklich zufriedengestellt, frei nach dem Motto "War's das jetzt?" Für Interessierte und Geschichtsfreunde definitiv ein Blick wert, der Rest kommt ins große Gähnen. Ich hatte etwas mehr erwartet.





Ziemlich beste Freunde

Was lässt sich zur Erfolgskomödie aus Frankreich noch sagen? Seit Wochen hört man immer wieder, dass man sich unbedingt Ziemlich beste Freunde ansehen sollte, der Film sei so lustig und unterhaltsam und schön. Mit den wohl besten Zahlen in Sachen Kinobesucher in Frankreich, konnte sich Intouchables, so der Originaltitel, auch hier in Deutschland lang in den Kinocharts halten bzw. ist dort nachwievor vertreten. Auch ich fand ihn sehr kurzweilig und komisch, doch schließe ich mich nicht ganz sämtlichen Lobeshymnen an. Dafür war er mir dann doch zu schlicht als auch vorhersehbar.

Der schwerreiche Philippe (François Cluzet) sitzt seit einem Paragliding-Unfall querschnittsgelähmt im Rollstuhl und braucht dementsprechend auch Hilfe, um seinen Alltag zu meistern. Etliche Pfleger haben schon ihr Glück versucht, doch jetzt steht mal jemand ganz anderes auf der Matte: Der unverfrorene Driss (Omar Sy), welcher eigentlich nur einen Stempel für's Arbeitsamt respektive Arbeitlosengeld haben will, wird auf Wunsch Philippes zu dessen neuen Fulltime-Pfleger. Unterschiedliche Welten prallen aufeinander, was anfangs noch recht bizarr erscheint, entwickelt sich zu einer beispielslosen Freundschaft zwischen Philippe und Driss...

Nett. Wirklich nett. Ziemlich beste Freunde ist eine sehr unterhaltsame Komödie, die dank ihrer beiden Hauptdarsteller großen Spaß macht. Es ist eine große Freude, beide miteinander interagieren zu sehen, wie der lebensfrohe Driss den pragmatischen Philippe langsam aber sicher auftaut und Bewegung in dessen schwieriges Leben bringt. Die Dialoge sind gut geschrieben, die direkte Art der Figur des Driss und der sympathische Schauspieler Omar Sy bringen einen immer wieder zum Lachen. Genauso gut und authentisch spielt Cluzet, diese beiden scheint nicht nur im Film eine Freundschaft zu verbinden, sondern auch in der Wirklichkeit. Auffällig und hervorragend ist die Musik in diesem Film, ein bestimmtes Theme wird des Öfteren verwendet und bleibt im Kopf hängen, generell passt einfach jedes einzelne Musikstück wunderbar zu Ziemlich beste Freunde, so auch Driss' Musikgeschmack und der kleine Abstecher in dessen musikalische Welt. Am Ende ist der Film etwas für's Herz, ein schöner Streifen, der, ich wiederhole mich gerne, wirklich nett ist.

Doch gibt es auch ein paar Kleinigkeiten, die mich stören. Ziemlich beste Freunde funktioniert einwandfrei, doch ist er mir zu einfach und absehbar. Man bekommt nichts Neues zu sehen und kann den Ausgang der Geschichte schon nach den ersten 10 Minuten voraussagen. Das ist nicht schlimm, doch für meinen Geschmack ein wenig unbefriedigend. Die Geschichte und ihre Protagonisten sind ebenso recht konventionell und unspektalukär. Insbesondere der Figur des Driss merkt man dies an, Problemtyp mit Migrationshintergrund, zerrüttete Familie, Konfliktpotenzial. So etwas kennt man zu genüge. Doch beruht Ziemlich beste Freunde auch auf wahren Begebenheiten, also möchte ich den Schreiberlinge hier nicht allzu große Schuldzuschreibungen machen.

Alles in allen kann man mit Ziemlich beste Freunde absolut seinen Spaß haben, es gibt unzählige amüsante Situationen (Driss' exklusive Meinung während einer Oper über einen singenden Baum oder sein Versuch, dem guten Philippe seinen Bart zu frisieren zum Beispiel), zwei tolle Hauptcharaktere bzw. Hauptdarsteller und vor allem viel Charme. Da kann man auch mal über die einfache und schon oft da gewesene Story und ihren Ablauf hinüberwegsehen. Ein Film für einen entspannten, angenehmen Abend.



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