Dienstag, 28. Februar 2012

Oscarverleihung 2012


Montagmorgen, 5:46 Uhr. Die Augen sind schwer, die Wirkung mehrerer Tassen Schwarztees hat überraschenderweise schon längst wieder nachgelassen, mühsam richte ich mich auf, verschaffe mir einen kurzen Überblick und stapfe Richtung Badezimmer. Ging das letztes Jahr auch so lange? Ich weiß es nicht mehr und es ist mir auch egal. Ich schmeiße mich ins Bett und fröne des Studenten liebster Tätigkeit: Ich schlafe. Lang.


Eine Oscarverleihung geht an die Substanz. Insbesondere, wenn sie wie hier in Deutschland erst gegen 2:30 Uhr in der Früh beginnt und vorher einschläfernd vom Red Carpet am Kodak Theatre berichtet wird. Annemarie Warnkross mit Klatsch und Tratsch, Steven Gätjen live auf dem roten Teppich, Scott Orlin, Hollywood-Kenner und bekannt wie ein bunter Hund, schustert letzteren ein paar Stars und Sternchen zu. What? Pro Seven? German TV? Oh, ok, yes, but we don't have much time... Sacha Baron Cohen ist das Gesprächsthema auf dem Red Carpet, er legt einen eher speziellen Auftritt als Borat, ich meine Brüno, ach Quatsch, als Dikator hin. Mit Tennis-Doppel-Partner Kim Jong Il unterm Arm. Beziehungsweise, dessen Überreste. Samt Malheur. Typisch. Grenzwertig. Aber auf Cohen's bekannte Eigenart komisch. Ich fand's lustig.


Niemand hat wirklich Lust etwas zu sagen. Zumindest zu Pro7 und Steven Gätjen. Aber halt, ein Wim Wenders ist da. Da spricht doch gerne mit uns. George Clooney und Freundin Stacy Keibler hören Gätjen's Fragen, doch interessieren sich nicht wirklich dafür. Und Javier Bardem, Colin Firth und Co. sehen Scott Orlin wild herumwirbeln, lassen sich aber nicht dazu hinreißen, ein paar Worte mit Steven zu wechseln.

Schluss damit. Ich möchte endlich die Verleihung sehen. Kurz vor halb 3 bewegen sich die Massen energischer, es geht los. Eine gekonnte Video-Montage nach altbekannten Schemata flimmert über das Bild, Billy Crystal feiert diverse Gastauftritte in The Descendants, Hugo, Midnight in Paris etc., sogar als Tim von The Adventures of Tintin hat er sich verkleidet. Ja, das funktioniert jedes Jahr. Doch was hat Justin Bieber in diesem Beitrag verloren?


Es folgt der Opening Monologue von Crystal selbst, welche es sich nehmen lassen kann, daraus eine Broadway-esque Gesangseinlage zu machen. Nett. Charmant. Wer einen Billy Crystal bestellt, bekommt einen Billy Crystal. Doch zeigen sich hier die ersten Schwächen. Wäre ein frecher, unverschämt-ehrlicher Stand-Up-Auftritt á la Golden Globes-Ricky Gervais von Eddie Murphy nicht besser, erfrischender gewesen? Denn mehr als ein "Nett" oder "Charmant" verdient sich der Host und die Show selbst an diesem Abend bzw. in dieser Nacht nicht.


Die ersten Oscars werden verliehen. Wie üblich wird mit den eher unbedeutenden Kategorien begonnen, Kamera, Schnitt, Szenenbild. Scorsese's Hugo wird in der ersten Stunde der Oscars 2012 zum großen Abräumer, insgesamt 5 Mal geht der kleine goldener Mann an Scorsese's Film, Beste Visuelle Effekte, Bester Tonschnitt und Bester Ton, Beste Kamera und Bestes Szenenbild. Freude, aber zugleich ein wenig Ernüchterung. Die großen Kategorien kommen noch und wir bekommen die ganzen "kleinen" Oscars? Ist die Entscheidung dahingehend für The Artist gefallen? Diese Annahme bestätigt sich.


The Artist nimmt wie Hugo fünf Oscars mit nach Hause. Darunter Beste Filmmusik und Bestes Kostümdesign in den kleineren Kategorien. Doch dann auch die Beste Regie für Michel Hazanavicius. Genehmigt. Bester Hauptdarsteller für Jean Dujardin. Genehmigt. Und schlussendlich auch Bester Film. Genehmigt. Niemand ist überrascht. Spannung? Nur ein wenig.

Meryl Streep und Christopher Plummer holen sich wie erwartet ihre Auszeichnung als Beste Hauptdarstellerin bzw. Bester Nebendarsteller ab, Nick Nolte schaut finster und verunzelt in die Kamera. Octavia Spencer erleidet beinahe einen Nervenzusammenbruch, sie wird als Beste Nebendarstellerin für ihre Rolle in The Help ausgezeichnet. Woody Allen ist nicht da und gewinnt trotzdem. Die Academy hat ihn noch nie interessiert. Bestes Originaldrehbuch für Midnight in Paris. Meine Oscar-Tipps bestätigen sich allmählich. The Descendants für Bestes adaptiertes Drehbuch? Hätte ich nicht gedacht. Rango für Bester Animationsfilm! Juche!


George Clooney geht leer aus. Kopf hoch, du kannst es sogar bestimmt noch ein bisschen besser als in The Descendants. Beim nächsten Mal vielleicht. Auch Brad Pitt bzw. Moneyball muss die Segel streichen. Kein Preis. Schade. The Tree of Life. Nichts. Spielberg's War Horse. Nichts. So einfach geht es dann doch nicht lieber Steven, trotz toller Kameraarbeit von Janusz Kaminski und Filmmusik von John Williams.

Billy Crystal versucht sich als Gedankenleser. Nett. Charmant. Moment mal... Ich möchte ihm kein Unrecht tun, lustig war's. Aber kein Reißer. Die Laudatoren machen das Nötigste, Robert Downey Jr. und Gwyneth Paltrow treten als Tony Stark und Pepper Potts auf, Downey Jr. dreht nebenbei eine kleine Dokumentation, er holt sich seine Lacher ab. Chris Rock zeigt, wie eine Oscarverleihung mit Eddie Murphy hätte aussehen können. Eine verpasste Chance. Emma Watson weist Ben Stiller in die Schranken und macht großen Spaß. Die Bridemaids lassen sich auf der Bühne zu einem Trinkspiel hinreißen.Und Will Ferrell legt zusammen mit Zach Galifianakis einen orchestralen Auftritt hin. Ein paar Lichtblicke.


Tom Cruise kündigt die Kategorie Bester Film an. Irgendwas läuft hier verkehrt. Sandra Bullock spricht fließend Mandarin. Nein, sie spricht deutsch. Und das ziemlich gut. Christian Bale (der Nicht-mehr-so-Bärtige), Melissa Leo, Colin Firth, Natalie Portman, im Vorjahr die großen Gewinner. Nichts Besonderes bei ihren Ankündigungen, das Übliche halt. Michael Douglas ist zurück, gesund und munter, das freut einen. Ach ja, und dann wäre da noch Brad Pitt's Göttergattin, Angelina Jolie, welche so gleich einen neuen Trend setzt. Das Leg Bombing. Lasziv streckt sie ihr rechtes Bein hervor, ein tiefer Einschnitt in ihr Kleid lässt so manche Männerherzen höher schlagen und macht sie zum nächsten Internet-Phänomen/ Meme, Zielscheibe amüsanter Parodien und Top-Thema bei taff am Nachmittag auf ProSieben. Ohne Worte.


Insgesamt blicke ich ein wenig ernüchtert drein. Es war nicht sehr besonders. Normal, Durchschnitt. Besser als im letzten Jahr, auch wenn mir der Opening-Spoof von 2011 ein wenig besser gefiel. Billy Crystal machte es solide, doch die Academy hinkt hinterher. Der Altersschnitt der Entscheidungsträger ist erschreckend hoch. Frischer Wind ist vonnöten. Versucht es noch einmal mit Eddie Murphy. Oder eben Chris Rock oder Robert Downey Jr. Diese sind für die Bühne und die Show gemacht.

Es muss sich was ändern. Es war nicht schlecht, auf keinen Fall. Es war eine Reihe großartiger Filme, Schauspieler, Regisseure, Drehbuchautoren etc. dabei, aber fehlten ebenso auch einige, was im Vorfeld für reichlich Kopfschütteln sorgte (Michael Fassbender; Shame, Drive oder Warrior in den wichtigen Kategorien). Wohin geht die Reise? Traut sich die Academy vielleicht im nächsten Jahr etwas? Ich würde es mir wünschen. Die Golden Globes sind beliebter denn je und haben die Oscars längst überholt. Ein Grund dafür ist Ricky Gervais. Der passenden Host wird gesucht und muss gefunden werden, sonst sehe ich schwarz. Und alte Strukturen müssen aufgebrochen werden, jüngere Mitglieder braucht die Academy, ansonsten bleibt es altbacken. Auf einen neuen Versuch im nächsten Jahr. Vielleicht werde ich dann einem Billy Crystal nachtrauern, der zu der Oscarverleihung 2012 eigentlich alles richtig und vieles sehr gut gemacht hat. Aber es geht meiner Meinung nach halt noch viel besser.

Donnerstag, 23. Februar 2012

Oscarverleihung 2012 - Tipps, Wünsche und Prognosen

So Herrschaften. Ein wenig stolz bin ich schon, dass ich es geschafft, alle neuen nominierten Filme in der Kategorie Bester Film vor der eigentlichen Verleihung gesehen zu haben. Das ist mir letztes Jahr leider nicht gelungen, was aber auch den Terminen für die Kinostarts in Deutschland (z.B. The Fighter) lag.

Natürlich gibt es weit mehr als diese neun Filme, von denen einer als Bester gekürt wird. Doch irgendein Anhaltspunkt muss man ja haben und da ist es, wenn man sich möglichst genau mit den Oscar 2012 beschäftigen möchte, naheliegend, sich an der Kategorie Bester Film zu orientieren.

Die Oscars 2012. Da gab's schon vorher einigen Geschichten. Brett Ratner als Produzent, Eddie Murphy als Host, das war einmal. So sehr ich mich über letzteren als Moderator der 84. Auflage der Oscars gefreut hätte, Murphy ging mit dem Rückzieher von Ratner mit von Bord. Sei's drum, nun soll ein erfahrener Oscar-Haudegen die ganze Chose leiten, Billy Crystal, der bereits zum neunten Mal durch eine Oscarverleihung führen wird, hat am 26. Januar das Ruder in der Hand und kann es kaum schlechter machen als Anne Hathaway und James Franco im letzten Jahr.

Wer sich nochmal einen Überblick in Sachen Nominierungen machen möchte, dem lege ich meinen kleinen Beitrag über die Oscar-Nominierungen nahe. Dort kann man noch einmal ein paar zusammenfassende Worte meinerseits zu dem Thema lesen.

Es folgen die neun Kategorien, auf welche ich mich stürzen und eine Prognose abgeben werde, wie die Entscheidung der Academy aussehen könnte und was bzw. wer mein persönlicher Favorit in welcher Kategorie ist. Dabei handelt es sich um Kategorien Bester Film, Beste Regie, Bester Hauptdarsteller, Bester Nebendarsteller, Beste Hauptdarstellerin, Beste Nebendarstellerin, Bestes Adaptiertes Drehbuch, Bestes Originaldrehbuch und Bester Animationsfilm. Das wird reichen müssen. Kamera, Ton, Schnitt etc., alles wichtig, aber ich werde höchstens zum Ende hin ein paar Worte darüber verlieren. Sonst wird dieser Beitrag noch länger als er jetzt schon ist.

Und nein, The Artist steht bei mir nicht in jeder Kategorie ganz oben.

Und auf den Spannungsbogen verzichte ich auch. Ich lege eiskalt mit der Kategorie
Bester Film los.
____________________________________________________________________________________________ 

Bester Film
The Artist
The Descendants
Extremely Loud & Incredibly Close
The Help
Hugo
Midnight in Paris
Moneyball
The Tree of Life
War Horse

Es ist kein Geheimnis, dass The Artist der ganz große Kandidat, nicht nur in dieser Kategorie, sondern generell bei den Oscars 2012 ist. Malick's Tree of Life ist zwar schon eine Weile her, doch hat er bei den Kritikern Eindruck hinterlassen. Scorsese's Hugo gilt wahrscheinlich noch als härtester Konkurrent für The Artist, The Descendants werden Außenseiterchancen zugeschrieben. Dahinter tummeln sich eng beieinander War Horse, Moneyball, Midnight in Paris und eben The Tree of Life. The Help und Extremely Loud And Incredibly Close dürften keine größere Rolle spielen.

Academy: The Artist
Dafür spricht einfach zu viel, dafür ist der Film schon im Vorfeld viel zu erfolgreich gewesen. Alles andere wäre mehr als erstaunlich.

Bomme:
Ich wünsche es Moneyball. Ich fand diesen Film klasse. Auch The Tree of Life hat mich beeindruckt. Hugo, War Horse, Midnight in Paris und The Descendants, alles tolle Filme. Doch auch ich sage: The Artist.
____________________________________________________________________________________________ 


Beste Regie
The Artist - Michel Hazanavicius
The Descendants - Alexander Payne
Hugo - Martin Scorsese
Midnight in Paris - Woody Allen
The Tree of Life - Terrence Malick

Erstklassige Auswahl, zum Zunge schnalzen. Jeder von den fünf Kandidaten hätte es sich verdient. Hier hat man die Qual der Wahl. Schwierige Entscheidung.

Academy: Michel Hazanavicius oder Martin Scorsese
Scorsese hat schon einen Golden Globe für die beste Regie mit Hugo gewonnen und man hat das Gefühl, die Academy möchte dem so oft nominierten und nur einmal erfolgreichen (The Departed) Regisseur etwas zurückgeben. Martin Scorsese mit den besten Chancen, dahinter Hazanavicius, Woody Allen und Terence Malick. Alexander Payne in Anbetracht der Konkurrenz zu schwach.

Bomme: Martin Scorsese
Er hat es sich einfach verdient und mit Hugo einen tollen Film abgeliefert. Dahinter Hazanavicius, Allen und Malick ebenbürtig.
____________________________________________________________________________________________ 


Bester Hauptdarsteller
Demián Bichir - A Better Life
George Clooney - The Descendants
Jean Dujardin - The Artist
Gary Oldman - Tinker Tailor Soldier Spy
Brad Pitt - Moneyball

A better Life habe ich nicht gesehen, Demián Bichir räume ich gegen diese Konkurrenz eh nur geringe Chancen ein. Clooney, Dujardin, Oldman, Pitt, das ist Wahnsinn.

Academy: Seeehr schwierig. Es wird sich zwischen Dujardin, Clooney und Oldman entscheiden.
Oldman sei's wirklich gegönnt, starke Vorstellung in Tinker Tailor Soldier Spy. Clooney auch super in The Descendants. Ich denke, die Academy traut den jungen Dujardin in Zukunft noch einiges zu. Hier mag ich keine Prognose abgeben, zu ausgeglichen.

Bomme: Eigentlich Brad Pitt. Ganz groß in Moneyball. Aber ob Dujardin, Oldman oder Clooney, mir egal. Alle drei herausragend. Es wird nicht Dujardin's letzte Nominierung sein, die Entscheidung fällt für mich zwischen George Clooney und Gary Oldman. Puh. George Clooney. Nein, Gary Oldman. Jean Dujardin! Ach, ich weiß es nicht.
____________________________________________________________________________________________ 


Bester Nebendarsteller
Kenneth Branagh - My Week With Marilyn
Jonah Hill - Moneyball
Nick Nolte - Warrior
Christopher Plummer - Beginners
Max von Sydow - Extremely Loud & Incredibly Close

Warrior, My Week With Marilyn und Beginners (Schande über mich) nicht gesehen. Hier scheint es aber eindeutig zu werden.

Academy: Christopher Plummer
Die Spatzen pfeifen es schon von den Dächern. 83 Jahre alt, eine Schauspiel-Legende, die Kritiker lieben ihn. Er wird's machen.

Bomme: Auch wenn nicht gesehen, ich tippe ebenfalls auf Christopher Plummer. Jonah Hill fand ich in Moneyball sehr gut, Nick Nolte soll in Warrior stark gewesen sein. Muss sich dann bei Gelegenheit mal angesehen werden.
____________________________________________________________________________________________ 


Beste Hauptdarstellerin
Glenn Close - Albert Nobbs
Viola Davis - The Help
Rooney Mara - The Girl with the Dragon Tattoo
Meryl Streep - The Iron Lady
Michelle Williams - My Week With Marilyn

Albert Nobbs, My Week With Marylin und The Iron Lady (noch) nicht gesehen. Aber auch hier gibt es eine klare Tendez.

Academy: Meryl Streep
Ähnlich wie bei Plummer. Man möchte sie unbedingt ehren. Michelle Williams dahinter.

Bomme: Meryl Streep
Für Rooney Mara wurde es mich freuen, sie wird aber noch genug Möglichkeiten auf einen Oscar bekommen. Streep nimmt den goldenen Mann mit nach Hause.
____________________________________________________________________________________________ 

Beste Nebendarstellerin
Bérénice Bejo - The Artist
Jessica Chastain - The Help
Melissa McCarthy - Bridesmaids
Janet McTeer - Albert Nobbs
Octavia Spencer - The Help

Die Kategorie, wo ich am wenigsten einen Plan habe. Uff.

Academy: Bérénice Bejo oder Octavia Spencer
Beide sehr gut. Melissa McCarthy mit Außenseiterchancen.

Bomme: Bérénice Bejo oder Octavia Spencer
Tippe aber eher auf Spencer. Das würde zur Academy passen. Bejo wäre aber auch nachvollziehbar. Ich fand ja Jessica Chastain in The Help, ähm, sehr hübsch. Melissa McCarthy avanciert wie ihr Film Bridesmaids zum Publikumsliebling, jedoch mit geringen Chancen.
____________________________________________________________________________________________ 

Bestes adaptiertes Drehbuch
The Descendants - Alexander Payne & Nat Faxon & Jim Rash
Hugo - John Logan
The Ides of March - George Clooney & Grant Heslov and Beau Willimon
Moneyball - Screenplay by Steven Zaillian and Aaron Sorkin, Story by Stan Chervin
Tinker Tailor Soldier Spy - Bridget O’Connor & Peter Straughan

Eine wahnsinnig gute Auswahl. Alle gesehen, von allen sehr angetan. Ähnlich schwierig wie Bester Hauptdarsteller.

Academy: Ich weiß es nicht. Die Kandidaten sind einfach zu gut. Ich kann die Academy schwer einschätzen. Hier werden wir uns wirklich überraschen lassen müssen.

Bomme: Ich pushe wieder Moneyball. Toll geschrieben. Der Film muss für meinen Geschmack irgendetwas abgreifen. Ansonsten Tinker Tailor Soldier Spy. Oder The Ides of March, wäre nicht unverdient. Tendiere aber eher zu Tinker Tailor Soldier Spy.
____________________________________________________________________________________________ 

Bestes Originaldrehbuch
The Artist - Michel Hazanavicius
Bridesmaids - Annie Mumolo & Kristen Wiig
Margin Call - J.C. Chandor
Midnight in Paris - Woody Allen
A Separation - Asghar Farhadi

Bunte Mischung unter den Nominierten. Margin Call leider nicht gesehen, soll sehr gut sein. A Separation wird aller Wahrscheinlichkeit nach als bester fremdsprachiger Film ausgezeichnet.

Academy: Woody Allen oder Michel Hazanavicius
Beide haben tolle Arbeit abgeliefert und hätten es verdient in ihrer Regisseur/Drehbuchautor-Doppelrolle. Zwischen diesen beiden wird es sich entscheiden. Asghar Farhadi könnte mit A Separation für eine Riesen-Überraschung sorgen.

Bomme: Woody Allen 
Midnight in Paris hat mir richtig gut gefallen, eine originelle und sehr charmante Geschichte. Und The Artist muss ja nicht überall ganz vorne mit dabei sein. Woody Allen vor Hazanavicius.
____________________________________________________________________________________________ 

Bester Animationsfilm
A Cat in Paris
Chico & Rita
Kung Fu Panda 2
Puss in Boots
Rango  

Kein Adventures of Tintin. Sehr schade. Zwei unbekannte und drei relativ große Produktionen. Ich hab meinen Favoriten.

Academy: Ohne Tintin ist das nicht einfach. Kung Fu Panda 2 oder Rango.
Kung Fu Panda 2 technisch aller erste Sahne, Rango speziell und einzigartig. Da ich die anderen aber nicht gesehen habe, möchte ich mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen.

Bomme: Rango
Ich liebe Rango. Ich hätte The Adventures of Tintin gesagt, so wird es eben Rango. Ein ganz besonderer und positiv-eigenartiger Film. Nebenbei eine Empfehlung meinerseits.
____________________________________________________________________________________________ 

Freunde, das sind die neun Kategorie. Du lieber Gott, das ist nicht wenig. Seid nachsichtig in Sachen Rechtschreibfehler. Und Verlinkungen habe ich mir dieses Mal größtenteils auch gespart.

Kurz noch ein paar Anmerkungen:
  • Spielberg's War Horse wird irgendetwas mitnehmen. Kamera, Szenenbild, Ton, Beste Filmmusik (John Williams again, auch für The Adventures of Tintin nominiert). Der Film hätte es meiner Meinung nach zumindest verdient.
  • Gleiches gilt für Moneyball. Er muss etwas gewinnen. Schwer unterschätzt. Ich würde mich sehr freuen.
  • Bin immer noch sauer, dass Drive nicht wirklich berücksichtigt wurde. Eine Nominierung für bester Tonschnitt. Lächerlich. Zum wiederholten Mal: Dumme Academy. Das Gleiche gilt für Michael Fassbender und Shame. Manche Entscheidungen kann man einfach nicht nachvollziehen.
  • Ehrenoscar für James Earl Jones. Die Stimme von Darth Vader und Mufasa aus The Lion King. Ein großer Mann. Gute Wahl.

Das war's. Genug geschrieben. Wirklich jetzt. Diesen Sonntag, am 26. Februar, findet die 84. Verleihung der Oscars in Los Angeles statt. Verfolgen kann man das ganze im deutschen Fernsehen auf ProSieben, präsentiert von Wannemarie Arnkross. Steven Gätjen ist auch dabei. Yay. Nicht. Egal, sucht euch einen Stream im Netz, von denen wird es genügend geben.

Nach den Oscars folgt von mir dann der dritte und abschließende Artikel zur Thematik, die Verleihung selbst, ihre Gewinner und Verlierer. Das wird sicherlich auch wieder sehr umfangreich. Bis dahin.

Hier nochmal das wirklich gelungene Opening vom letzten Jahr. Das funktioniert bei den Oscars immer wieder. Und der Vollständigkeit halber der ausführliche Wikipedia-Artikel zu den Oscars.



Mittwoch, 22. Februar 2012

Hugo

Hugo

Last but not least, Hugo Cabret. Martin Scorsese's neuester Film wurde ähnlich wie The Artist ordentlich abgefeiert und der 69-jährige Altmeister konnte sich so schon im Januar über eine Auszeichnung in Form eines Golden Globes für die beste Regie in einem Film freuen. Ich selbst wollte mir Hugo schon vor gut zwei Wochen gleich zum Kinostart ansehen, jedoch kam immer wieder etwas dazwischen, sodass ich erst gestern Abend dazu kam. Meine Erwartungen waren recht hoch, weil man nur Gutes über diesen Film lesen konnte. Und Hugo ist gut. Sehr gut sogar. Und vor allen Dingen schön. Ein wunderbares Gesamtpaket.

Paris, Anfang der 1930er. Wir sehen eine prunkvolle Pariser Bahnhofsanlage, hier tummeln sich tausende Menschen, es gibt etliche kleine Läden, aus der einen Ecke tönt stilvolle Musik, an den Gleisen fahren gewaltige Dampflokomotiven ein. Hier lebt der kleine Hugo (Asa Butterfield), ein neugieriges Kerlchen und nachdem sein Vater (Jude Law) verstorben ist ein Waise, welcher sich darum kümmert, dass die Uhren in diesem Bahnhof auch richtig funktionieren. Doch den Tod seines Vaters, einst Uhrenmacher, hat er noch lange nicht verkraftet und so schöpft er ein klein wenig Hoffnung, als er mühsam eine eigenartige Apparatur, eine Art mechanischer Mensch, zusammensetzt, da er sich sicher ist, dass sein Vater in deren Konstruktion für ihn eine Nachricht hinterlassen hat. Er trifft auf die junge Isabelle (Chloë Grace Moretz), Patentochter des mysteriösen Spielzeugladenbesitzers Georges (Ben Kingsley) und gemeinsam wollen sie den Geheimnissen jener einzigartigen Maschine auf den Grund gehen, nichts ahnend, was dieses Abenteuer und ihre Suche nach Antworten ans Licht bringen werden...

Scorsese bediente sich bei der Umsetzung von Hugo am gleichnamigen Roman "Die Entdeckung des Hugo Cabret" von Brian Selznick und Hugo war von Beginn an ein Herzensprojekt für den erfahrenen Regisseur. Ebenso ist es auch Scorsese's erster 3D-Film. Ein neues Terrain und das in diesem Alter? Pah. Scorsese liefert hier wahrlich eine wunderbare Regiearbeit und einen hervorragenden Film ab. Hugo sieht von der ersten bis zur letzten Minute grandios aus, der 3D-Effekt wird genau richtig eingesetzt und verleiht dem Film buchstäblich seine visuelle Tiefe. Den Szenenbilder sind imposant und bemerkenswert, Hugo fühlt sich echt und zugleich malerisch an. Ein Fest für die Augen.

Die Geschichte mag anfangs noch etwas lahm und zögerlich wirken (hier liegt in meinen Augen auch eine der weniger Schwächen des Films) doch wird die Entwicklung der Story eben langsam vorangetrieben und macht mehr und mehr Spaß, birgt Spannung und präsentiert schließlich ein märchenhaftes Ende. Pluspunkt hier ist vor allem der mysteriöse Charakter des Films. Es ist ein großes Puzzle, welches Protagonisten sowie Zuschauer Stück für Stück zusammensetzen müssen und einen bei der Stange hält. Oft wirkt es gar ein wenig zu undurchsichtig und schleierhaft, doch fängt sich Hugo schnell wieder und funktioniert bis zum Ende außerordentlich gut.

Wenn Scorsese ruft, kann man schwer nein sagen, für Hugo hat man eine beeindruckende Schar ein Schauspielern versammelt. Die beiden jungen Darsteller Asa Butterfield und Chloë Grace Moretz wissen mehr als zu überzeugen, zwar habe ich sehr oft Probleme mit kindlicher Naivität in Filmen, doch machten mir diese beiden Jung-Schauspieler Spaß. Für die Lacher ist Sacha Baron Cohen als penibler Bahnhofsvorsteher zuständig. Viele Charaktere, wie auch der von Baron Cohen, wirken derartig überzeichnet, dass es einen schon wieder große Freude macht, sie zu beobachten. Jude Law mimt für kurze Zeit Hugo's Vater und Sir Christopher Lee spielt eine kleine Nebenrolle, doch büßt er deswegen keineswegs seine gigantische Strahlkraft ein. Sir Ben Kingsley heimst hier den Großteil der Lorbeeren ein, ein fabelhafter Auftritt, der Brite ist einer der ganz Großen seiner Zunft und das beweist er mit seiner Rolle als rätselhafter Spielzeugladenbesitzer zum wiederholten Male eindrucksvoll. Zu dessen Rolle möchte ich an dieser Stelle nicht zu viel verraten. Das würde einiges kaputt machen.

Hugo wird von vielen Kritikern als Hommage an das Filmemachen bezeichnet. Und ja, ähnlich wie bei The Artist bekommt man dieses Gefühl, man spürt die wachsende Bedeutung des Mediums Film zu dieser Zeit (20er, 30er Jahre), wie es die Menschen begeistern, fesseln und verzaubern kann. Hugo ist ein ehrlicher Kniefall Scorsese's vor den bedeutenden Machern des Films, welche diese Kunstform auf ihren Weg gebracht, groß gemacht und Scorsese selbst stark beeinflusst haben. Dies wird nicht nur über unzählige Anspielungen im Film, sondern auch direkt in der zweiten Hälfte von Hugo Cabret deutlich. Wer Kino erleben und ein rundum mehr als gelungenes Gesamtpaket, gerne mit der Familie oder Freunden, sehen möchte, für den ist Hugo definitiv etwas. Ein toller, sehr charmanter Film, der nicht nur sehr gut aussieht, sondern auch sehr tiefgründig ist und mit Bestimmtheit nachhaltig bedeutsam sein wird.




Damit sind die neun Filme in der Oscar-Kategorie Bester Film komplett. Morgen folgt dann meine Prognose zu neun von mir persönlich ausgewählten und in meinen Augen auch wichtigsten Kategorien der Oscarverleihung 2012.

Dienstag, 21. Februar 2012

Extremely Loud And Incredibly Close


Extremely Loud And Incredibly Close 
(Extrem laut und unglaublich nah)

Von den neun Oscar-Nominierten in der Kategorie Bester Film der von der Kritik mit Abstand am schlechtesten bewertete Film. Und da gehe ich ohne großes Vorwort mit konform. Es ist mir schleierhaft, dass weit bessere und vor allem weit besser gemachte Filme wie Drive oder Shame links liegen gelassen werden, dafür aber ein Film wie Extremly Loud (ich bleibe bei diesem Kürzel, sonst schreibe ich mich noch wund) mit als bester Film nominiert wird. Eine typische Academy-Geschichte? Eine weitere tragische 9/11-Aufarbeitung? Der obligatorische Sandra Bullock-Film? Extremely Loud And Incredibly Close hat mich gelangweilt und kalt gelassen. Aber trotzdem ein paar Worte dazu.

Zur Geschichte. Extremely Loud And Incredibly Close handelt von dem kleinen Oskar Schell (Thomas Horn), dessen Vater (Tom Hanks) am 11. September 2001 bei dem Anschlag auf das World Trade Center umkam. Ein schwerer Schlag für Oskar, denn für ihn gab es auf der Welt niemanden, der ihn so gut verstand wie sein Vater. Dieser hatte immer wieder kleine Rätsel für den aufgeweckten Jungen. Doch muss Oskar nun damit zurechtkommen, dass sein Vater nicht mehr da ist. Oskar findet jedoch bald im Schrank seines Vaters einen Schlüssel. Wofür ist er gemacht? In welches Schloss passt er? Für Oskar beginnt eine Odyssee quer durch New York, auf der die verschiedensten Menschen trifft und versucht, das wohlmöglich letzte Rätsel seines Vaters zu lösen.

So richtig Lust hatte ich nicht wirklich auf diesen Film. Aber gut, ich wollte ja nicht zu früh urteilen. Und doch wurden meine Erwartungen bestätigt. Extremely Loud ist schwach. Es ist nicht zu übersehen, dass Regisseur Stephen Daldry (immerhin Der Vorleser und Billy Elliot) eine emotionale und berührende Geschichte erzählen zu versucht, doch wirkt Extremely Loud teilweise arg belanglos. Ich bin nun kein emotionaler Eisklotz, doch konnte ich von diesem Film gar nichts mitnehmen. Ich war weder mitgenommen noch stark berührt. Vielleicht liegt es an der ausgelutschten Thematik rund um 9/11. Ich möchte nicht abstreiten, dass dies eine grauenhafte Sache gewesen ist, insbesondere für Amerika, doch packt es einen nicht. Selbst viele amerikanische Kritiker finden Extremely Loud zu platt und pathetisch.

Man folgt Oskar auf seinen Irrwegen, doch kümmert man sich nicht wirklich um ihn. Extremely Loud will oft viel zu schön und ergreifend sein, doch scheitert an stereotypischen Einstellung und billigen plot devices. Zwar ist die Idee, Oskar mit den unterschiedlichsten Menschen New Yorks interagieren zu lassen recht originell, doch reicht das in meinen Augen nicht aus. Von diesen Interaktionen bekommt man bis auf in ein oder zwei Fällen wenig mit. Hier hat man es sich sehr einfach gemacht. Thomas Horn macht sich als Oskar Schell eigentlich recht gut, doch nervt seine Figur. Tut mir leid, ich kann mit dem jungen, leicht autistischen Protagonisten nicht sympathisieren, auch wenn Horn es gut spielt. Tom Hanks hingegen macht da einen angenehmeren Eindruck, doch hält sich seine Screentime verständlicherweise in Grenzen. Sandra Bullock spielt die trauernde Mutter mit Problemen, ihr eigenes Kind zu erreichen, für meinen Geschmack ist das jedoch viel zu flach. Da hilft auch kein pseudo-emotionales Ende der Geschichte. Max von Sydow wurde für den Oscar als bester Nebendarsteller nominiert, was ein wenig nachvollziehbar ist. Zum einen ist er ein cooler Typ, das steht fest. Zum anderen bringt er zumindest mit seiner Figur etwas Charme in die Geschichte.

Insgesamt bekommt man ein geläufiges Drama zu sehen, dass einen nicht unbedingt von den Socken haut. Im letzten Viertel gefällt Extremely Loud einigermaßen, weil endlich mal was passiert und die Geschichte eine kleine Wendung nimmt. Doch verspielt man sogleich wieder die Möglichkeit, den Film clever enden zu lassen und drückt stattdessen nochmal auf die Tränendrüse. Ohne Erfolg. Das Ende ist für meine Geschmack zu kitschig und ideenlos. Extremely Loud And Incredibly Close kann ich nicht wirklich empfehlen, weil er einem nichts gibt. Das mag hart klingen und manch einer wird das sicherlich anders sehen. Aber das hatten wir alles schon mal in irgendeiner Form, es wirkt so bedeutungsschwanger und möchtegern-tiefsinnig, speziell die letzten zehn Minuten. Kein wirkliches must-have-seen. Eher die erwartete Enttäuschung.

Montag, 20. Februar 2012

War Horse


War Horse (Gefährten)

Wir begeben uns langsam auf die Zielgerade Richtung Oscarverleihung 2012. Noch eine Woche, dann ist es soweit, der 26. Februar ist bei vielen Filmfreunden dick im Kalender eingetragen. Bis jetzt habe ich die neun Kandidaten, welche für die Kategorie Bester Film nominiert sind, so gut wie es eben ging abgearbeitet. Drei sind noch übrig, Steven Spielberg's War Horse, Extremely Loud & Incredibly Close und Scorsese's Hugo Cabret. Vorgestern habe ich mir War Horse (basiert übrigens auf einem Theaterstück) angesehen und war angetan. Meine Erwartungen waren nicht allzu hoch, da man viel über leidenschaftlichen Schmalz und pathetischen 0815-Filmstoff lesen konnte. Andererseits gab es aber auch viel Lob für Regisseur Spielberg. Ich schließe mich den lobenden Worten an, War Horse ist gut, wenn nicht sogar sehr gut. Trotz Pathos. Denn ohne geht es nun mal nicht in diesem Film.

Kurz zum Inhalt. Im Mittelpunkt von War Horse bzw. Gefährten steht kein Mensch, sondern ein Tier. Genauer, ein Pferd (der englische Originaltitel macht es irgendwie deutlich...). Der einzigartige Gaul trägt den Namen Joey und muss in etwas mehr als zwei Stunden Laufzeit eine ganze Menge durchmachen. Man sieht, wie der herzensgute aber leicht naive Albert (Jeremy Irvine) das Pferd erzieht, trainiert und gemeinsam erste Grenzen überwindet. Doch hält der Erste Weltkrieg Einzug, Albert's Vater verkauft Joey und so wird das stattliche Ross zum Kavalleriepferd. Doch die Geschichte hat noch lange kein Ende, Joey wechselt infolgedessen immer wieder den Besitzer, ob flüchtige, desertierende deutsche Soldaten oder ein kleines französisches Mädchen samt Großvater. Selbst zwischen Schützengräben verirrt sich der ausdauernde Gaul gezwungenermaßen. Sein einstiger Besitzer Albert hingegen hat sich geschworen, eines Tages wieder mit Joey vereint zu sein und meldet sich deshalb freiwillig für den Krieg. Ob Mensch und Tier wieder zusammenfinden? Wer weiß...

Die Geschichte zu War Horse liest sich wirklich arg gefühlsduselig, das kann ich schwer bestreiten. Der Trailer suggerierte von Beginn an eine Geschichte emotionaler Aufs und Abs , für Mensch wie für Tier. Schnell wurden zahlreiche Unkenrufe laut, wie manipulativ und schmalzig doch War Horse sei. Doch was für Erwartungen hat man denn? Das Thema des Films ist offensichtlich, Aussagen in diese Richtung ergeben für meinen Geschmack wenig Sinn. Spielberg schaffte bewusst eine Geschichte, die berühren soll, ob es gelingt sei dahingestellt. Teilweise hatte auch ich meine Probleme damit, doch gibt es in meinen Augen viele positive Aspekte, welche diesen Kritikpunkt überspielen.

Zum Beispiel die Perspektive. Im Mittelpunkt steht wie bereits gesagt ein Pferd. Wir sehen was das Pferd sieht, der Zuschauer begleitet das Tier auf seinen strapaziösen Weg quer durch den Ersten Weltkrieg. Dabei wird eine tiefe Zuneigung für den tierischen Protagonisten aufgebaut, welche man selten so erlebt hat. Wer hat denn jemals ein Pferd so gekonnt in Szene gesetzt? Von Fury mal abgesehen... Zusätzlich stimmt in War Horse von der technischen Seite her sehr viel. Spielberg ist nun mal ein Gütesiegel-Regisseur, und zusammen mit seinem langjährigen Kameramann Janusz Kaminski lässt Spielberg War Horse richtig gut aussehen. Die Kameraarbeit, -fahrten und -einstellungen sind hervorragend und voller Energie, die Beleuchtung stimmt von vorne bis hinten. Was sich nun etwas absonderlich liest, lässt sich aber leider nicht anders ausdrücken: Spielberg kann Krieg. Das hat er in Saving Private Ryan bewiesen und tut es in beeindruckender sowie nachhaltiger Weise auch in War Horse. Und dann wäre da noch ein John Williams, einer der größten Komponisten Hollywood's, verantwortlich für die denkwürdige musikalische Untermalung in Star Wars, Indiana Jones etc., welcher auch in War Horse einen epochalen Score abliefert. Summa summarum, War Horse ist wirklich richtig gut gemacht.

Die menschlichen Darsteller werden zwar von ihrem tierischen Pendant in den Hintergrund gedrängt, doch füllen sie ihre Art Nebenrollen (den jungen Engländer Jeremy Irvine in der Rolle des Albert als menschliche Hauptfigur ausgeschlossen) sehr gut aus. Es gibt eine Vielzahl an facettenreichen Charakteren, die einen sympathisch, die anderen eher weniger. Die Besetzung an sich ist stark, Spielberg hat sich viele bekannte Leute mit ins Boot geholt, ob schon ein großer Star (Tom Hiddleston, Benedict Cumberbatch), altehrwürdige englische Theater-Schauspiel-Elite (David Thewlis, Liam Cunningham) oder viel versprechende Talente (Jeremy Irvine, David Kross).

Am Ende sollte man bestenfalls die Botschaft verstehen, welche einen Spielberg übermitteln wollte bzw. möchte. Als sich das arme Pferd auf den Schlachtfeldern des Ersten Weltkriegs im Stacheldraht verfängt und ein englischer als auch ein deutscher Soldat es gemeinsam befreien, wird es zwar wieder gefühlsvoll, unfreiwillig komisch, aber auch deutlich, worauf der Altmeister es abgesehen hatte. Zu so einer Geschichte gehört ein Happy End und man bekommt eines, dass rührseliger und klischeehafter nicht sein könnte. Dennoch, ich bleib dabei, ich habe schon schnulzigere Sachen im Kino gesehen. Wer in der Lage ist, über ein paar ausladend theatralische Momente hinüberwegzusehen, sich mit einer einfachen und abwechslungsreichen Geschichte anfreunden kann und sich von der exzellenten Machart von War Horse überzeugen lassen möchte, der sollte es wagen. Man darf nicht zu viel erwarten, dass hat mir in der Wahrnehmung des Films sehr geholfen. Denn dann kann vielleicht mit einem wirklich mehr als positiven Gefühl das Kino verlassen. Und ich verspreche euch, in einer Szene bleibt selbst dem größten Nörgler die Spucke weg. Versprochen.


Donnerstag, 16. Februar 2012

Die Kunst zu gewinnen - Moneyball / Tinker Tailor Soldier Spy



Moneyball

Baseball. Sport-Phänomen der Staaten, des einen Freud, des anderen Leid. Stunden können für eine Partie dieser Sportart verstreichen, bis letztlich doch ein Sieger feststeht. Abermilliausen Menschen verbringen ihre Freizeit mit Baseball, ob sie nun selber spielen oder doch nur dabei zuschauen. Der Großteil derer, welche selber spielen oder lieber zusehen, kommt aus den USA. In Deutschland hat sich Baseball noch nicht wirklich durchgesetzt, es gibt eine Deutsche Baseball-Bundesliga samt Akademie, doch ich behaupte einfach mal recht wagemutig, dass Baseball in Deutschland nie den Stellenwert erreichen wird, wie es in Amerika der Fall ist. Umso mehr fragt man sich dann als deutscher Filmfreund, warum sollte ich mir Die Kunst zu gewinnen - Moneyball, ein Film über eben Baseball, ansehen? Simple Antwort: weil er sehr gut ist. Warum mir Moneyball so gut gefallen hat, werde ich versuchen zu erklären, aber erst einmal kurz zum Film selbst.

Moneyball basiert auf dem Buch "Moneyball – The Art Of Winning An Unfair Game" aus dem Jahr 2003, geschrieben von Michael Lewis, und dreht sich kurz zusammengefasst um einen Manager eines Baseball-Teams, welcher es trotz finanzieller Schwierigkeiten, Einsparungen im Club-Budget, reichlich Gegenwind aus dem eigenen Verein und Kritik von Seiten der Öffentlichkeit schafft, sein Team, die Oakland Athletics, neues Leben einzuhauchen und eine fast perfekte Erfolgsstory hinlegt. Der Name dieses Managers ist Billy Beane (im Film von Brad Pitt verkörpert) und er war selbst einst ein verheißungsvolles Baseball-Talent gewesen. Jetzt koordiniert Beane, mit persönlichen Problemen und Verpflichtungen behaftet (Scheidung, sich kümmern um seine leibliche Tochter), die Oakland A's, steht aber zur neuen Saison vor einer Mammutaufgabe, da dem Club die nötigen Kohlen fehlen, um altes Spielermaterial zu ersetzen und neues zu verpflichten. Zusammen mit dem jungen Yale-Wirtschaftswissenschafts-Absolventen Peter Brand (Jonah Hill) arbeiten beide eine neue Strategie aus, welche Baseball revolutionieren wird. Also irgendwann einmal. Mit akribischer Datenerfassung und Analyse kann man auch mit einem kleinen Budget bei den ganz Großen mitspielen. So denken zumindest Beane und Brand.

Filme über Sport oder bestimmte Sportarten funktionieren ja zumeist recht ähnlich. Man hat einen Underdog, der gegen die Konkurrenz auf dem Papier keine Chance hat, trotzdem hart an sich arbeitet, um dann doch erfolgreich zu sein. Und Moneyball tanzt diesbezüglich auch nicht aus der Reihe, es ist ein eher klassischer Aufbau den man zu sehen bekommt. Dennoch, Langeweile kommt nicht auf, trotz fehlenden Fachwissen im Bereich Baseball kann man als Otto Normalkinogänger der Handlung wunderbar folgen und fuchst sich mit der Zeit immer mehr in die Materie rein. Spieler werden gekauft, verkauft, gefeuert, ausgetauscht, aufgebaut. Der Manager erwacht in einem, man möchte am liebsten selbst die ganzen Abläufe koordinieren und organisieren. Moneyball gelingt es trotz spezieller Thematik einen zu fesseln und vor allem wirklich zu interessieren.

Hilfreich sind dabei natürlich auch Brad Pitt und Jonah Hill. Beide wurde mit Recht für den Oscar als bester Hauptdarsteller bzw. bester Nebendarsteller nominiert. Pitt spielt seine Rolle hervorragend, immer auf Achse, mit vollster Hingabe, sprunghaft, aufgeregt, dann wieder kühl und berechnend. Im Zusammenspiel mit seiner Film-Tochter (Kerris Dorsey) zeigen sich Beane's emotionale Seiten, die Schlussszene ist ein Bild für sich. Leider habe ich das Gefühl, dass Pitt für seine Rolle in Moneyball ein wenig unterbewertet wird. Es wird ja nur noch über George Clooney und Jean Dujardin gesprochen. Pitt for Oscar, so sieht's aus! Jonah Hill hätte diesen ebenso verdient, seine Rolle ist wie maßgeschneidert für ihn. Der kleine, knubbelige, etwas fülligere frisch-von-der-Uni-Naseweis, den man eh nicht viel zutraut. Umso schöner ist seine Entwicklung im Film. Hill spielt glaubhaft und lebensecht, Mimik und Gestik passen hier perfekt, eine klasse Vorstellung von ihm.

Die Dialoge in Moneyball sind stark - Aaron Sorkin (The West Wing, The Social Network), der große Aaron Sorkin, und Steven Zaillian (Schindler's Liste, Verblendung) haben hier ganze Arbeit geleistet geleistet -, die Charaktere sind vielseitig und facettenreich und was wirklich wichtig ist, man fiebert mit. Bei den Spielen, bei den Verhandlungen, bei Meetings, man hängt an dem Charakter Billy Beane und wünscht ihm den Erfolg von ganzen Herzen. Technisch greift Regisseur Bennett Miller auf einen netten Kniff zurück, indem er Aufnahmen von den echten Oakland A's zeigt, dann immerhin fußt die Geschichte auf wahren Begebenheiten, warum sollte man sich dies nicht zu Nutze machen? Moneyball ist spannend, witzig, unterhaltsam, ein wenig emotional und auf jeden Fall es wert sich anzuschauen. Der Fokus auf die Sportart Baseball kann abschrecken, trotzdem sollte man sich ruhig darauf einlassen, man könnte sehr positiv überrascht werden. So erging es zumindest mir. Moneyball bekommt von mir eine dicke, fette Empfehlung.





Tinker Tailor Soldier Spy


Auf Dame, König, As, Spion oder Tinker Tailor Soldier Spy wie er im englischen Original heißt, war ich sehr gespannt. Ein eher unkonventioneller Agenten-Thriller mit absoluter Starbesetzung (Gary Oldman, Colin Firth, John Hurt, Mark Strong und viele andere). Der Trailer war überragend geschnitten und machte Lust auf mehr, also konnte ich es kaum erwarten, endlich ins Kino zu gehen. Nach der Vorstellung war ich dann verwirrt. Wie sollte ich diesen Film richtig einordnen? Mehrere Nächte darüber geschlafen bin ich dann zum folgenden, vorläufigen Ergebnis gekommen: Sehr gut. Aber auch sehr schwierig und nicht für jedermann.

Kurz zum Inhalt. Tinker Tailor Soldier Spy basiert auf dem gleichnamigen Roman des bekannten Autors John le Carré, der schon unzählige Bestseller veröffentlichte und zu den ganz Großen der Literaturwelt zählt. Die Prämisse im Film ist relativ simpel: Anfang der 70er, in den Hochzeiten des Kalten Krieges zwischen Ost und West, hat sich im britischen Geheimdienst ein Maulwurf eingeschlichen, welcher kostbare Informationen an die Sowjets weitergibt. Zu allen Überfluss kommen für den Maulwurf zudem nur vier ranghohe Agenten in Frage, doch tappt man im Dunkeln, wer denn nun wirklich der Doppelagent ist. Um diese Frage zu lösen, wird der pensionierte George Smiley (Gary Oldman), einer von der alten Schule, reaktiviert. Dieser soll aufdecken, wem man wirklich vertrauen kann und wer der konspirierende Doppelagent im britischen Geheimdienst ist...

Wie bereits geschrieben verspricht der Trailer einiges. Schnelle Schnitte und hoch spannende Musik, eine wilde Hatz nach dem Maulwurf. Pustekuchen. Tinker Tailor Soldier Spy ist ein sehr starker Film, der aber viele in ihren Erwartungen enttäuschen wird. Es wirkt alles sehr behäbig und zäh, man hat zu Beginn seine Probleme, den Film etwas Positives abzugewinnen. Die Dialoge wirken banal, man fühlt sich nicht miteinbezogen und wird zum stillen Beobachter degradiert. Doch hier liegt die Krux. Smiley, der Hauptcharakter, nimmt die gleiche Position wie der Zuschauer ein, sagt kaum etwas und beobachtet nur. Leider fehlt dem Zuschauer aber die Genialität, welche Smiley obliegt, so überlegt man oft erfolglos, wer der Maulwurf ist. Wer erwartet, leicht selbst mit rätseln zu können, liegt falsch. Aufmerksam verfolgt man die Handlung und versucht auf eigenen Faust aus den Dialogen schlau zu werden, was mitnichten gelingt. Liest sich jetzt nicht sehr berauschend oder? Aber man sollte dranbleiben.

Die Spannungskurve steigt langsam, aber sie steigt. Gerade zum Ende hin erscheinen bis dahin verwirrende Tatsachen logisch und schlüssig. Insbesondere die letzten zehn Minuten haben es in sich, hier fühlt man sich dann mitgerissen. Nachhaltig sind die nicht offensichtlichen Dinge, welche Regisseur Tomas Alfredson anspricht. Die Grundfrage nach dem Vertrauen, wem kann man glauben, wem besser nicht. Sind wir nicht alle auf uns allein gestellt? Welche Geheimnisse tragen wir mit uns herum, was für eine Tragweite können diese haben? Ein starker Ansatz im Film, der unterschwellig mitschwingt und nachdenklich stimmt. Mehr als lobenswert ist der Auftritt von Gary Oldman, welcher als heimlicher Oscar-Kandidat gehandelt wird. Warum auch nicht? Seine Rolle ist schwierig, doch meistert er den subtilen, zurückhaltenden Altmeister unter den Agenten mit Bravour. Die gesamte Besetzung macht eine hervorragende Figur, jeden einzeln zu loben, würde hier zu viel Zeit kosten. Doch bleibt die Figur des Smiley stets im Mittelpunkt, so trocken und träge sie auch wirkt.

Ich weiß nicht, wie ich es besser beschreiben soll. Ich hatte und habe nach wie vor Probleme, Tinker Tailor Soldier Spy richtig zu bewerten. Der Film ist teilweise so öde und langatmig, doch hat er etwas. Etwas, das mich gepackt hat. Ist es der erstklassig porträtierte Zeitgeist der 1970er samt der Kulisse des Kalten Krieges? Sind es die facettenreichen Charaktere? Ist es die Eigenart der Geschichte bzw. des schwedischen Regisseurs Alfredson, bestimmte Themen anzuschneiden, jedoch sogleich wieder zu verwerfen, jene nicht näher zu beleuchten und es dem Zuschauer zu überlassen, diese dann zu verstehen und zu interpretieren? Was ich mit Bestimmtheit sagen kann, das Finale von Tinker Tailor Soldier Spy ist grandios. Ich möchte keine unbedingte Empfehlung für diesen Film aussprechen, dafür ist er vielleicht zu speziell. Wenn man seinem Geist mal wieder etwas kompliziertes, anspruchsvolles zumuten möchte, dann ist Tinker Tailor Soldier Spy genau richtig. Dieser Film wird einen beschäftigen. Geht mir persönlich immer noch so. So lange habe ich selten über einen Film nachgedacht. Liegt hier der große Pluspunkt? Meine Meinung: Ja.



Samstag, 11. Februar 2012

Star Wars 3D: Episode I - Die dunkle Bedrohung


Hört hört Fanboys! Vorgestern, am 09. Februar, feierte Episode I von George Lucas' Weltraum-Saga ihr Re-Release, und das sogar in 3D. Woah! Also bin ich Freitagabend mit meinem guten Kumpel Adri schnurstracks in die nächstbeste Vorstellung gestapft, als Fan der Saga kann man sich das definitiv noch einmal im Großformat ansehen.

Nach der Vorstellung saßen obengenannter Adri und meine Wenigkeit noch enstpannt beisammen, zufällig war ein Mikro in der Nähe und so haben wir uns kurz über Star Wars, die 3D-Konvertierung, die unnötigste Filmfigur ever etc. ausgelassen. Das Ergebnis kann man sich hier unten anhören. Vorsicht, Nerd Alert! Mein Gott, es ist Star Wars. Wir gehen mit Die dunkle Bedrohung nicht all zu hart ins Gericht. Und wir haben auch schon schlechtere 3D-Effekte gesehen. Insgesamt punktet das Re-Release von Episode I aber vor allem wegen einer Sache: Dem Re-Release für die große Leinwand selbst. Star Wars funktioniert im Kino einfach am besten. Bitteschön.


SW EPISODE I 3D by YohnFerrari

(Download irgendwo da rechts in diesem tollen Soundcloud-Player)



Zusätzliche Informationen:

Treffender Artikel von FOCUS Online zum Thema, mit dem wir konform gehen
Kritischer (berechtigter) Einwand von diepresse.com
Kommentar zum Thema 3D und kein Ende von zeitjung.de

Links:

Episode I: Die dunkle Bedrohung
Episode II: Angriff der Klonkrieger
Episode III: Die Rache der Sith
Episode IV: Eine neue Hoffnung
Episode V: Das Imperium schlägt zurück
Episode VI: Die Rückkehr der Jedi-Ritter
George Lucas
John Williams
John Williams - Duel of the Fates - Münchener Rundfunkorchester


Trailer (mit ganz toller Off-Stimme)



Wie immer offen für Kritik (bla bla bla, Objektivität, Subjektivität, bla bla bla) und Kontroverses.

Mittwoch, 8. Februar 2012

The Muppets / Hotel Lux


The Muppets

Die Muppets sind Kult. Gut, das ist glaube ich allgemein bekannt. Eigentlich bin ich zu jung für die Muppets, die Muppet Show lief von 1976 bis 1981, ich selbst wurde erst 1991 geboren. Dennoch, dank gut-elterliche Sozialisation wurde auch ich in jungen Jahren zu einem großen Muppet-Fan, insbesondere was die zahlreichen Muppet-Filme anging bzw. nachwievor angeht. Und ich wollte dann natürlich auch unbedingt den neuen Muppet-Film sehen. Was habe ich gelacht. Ich kann mich kaum erinnern, wann ich das letzte Mal so viel Spaß im Kino hatte. The Muppets ist Feel Good-Entertainment pur.

Kurz zur übersichtlichen Story: Die Muppets sind schon lange aus dem Geschäft, nur noch wenige Fans halten ihnen die Treue. Einer davon ist Walter (Mensch oder Muppet?), der mit seinem Bruder Gary (Jason Segel) im kleinen Städtchen Smalltown wohnt. Walter ist wohl der größte Muppet-Fan auf Erden und als er erfährt, dass das alte Muppet Theater von einen bösartigen Öl-Mogul abgerissen werden soll, setzt er mit Hilfe seines Bruders und dessen Freundin Mary (Amy Adams) alles daran, dies zu verhindern. Dafür mussen die Muppets wieder vereint werden, Frosch Kermit an der Spitze, und in bester Blues Brothers-"Wir bringen die Band wieder zusammen!"-Manier rottet sich der illustre Haufen erneut zusammen, um dann die Show des Jahrtausends auf die eingestaubte Bühne des Muppet Theaters in Los Angeles zu bringen...

Man kommt sich vor wie in einem seltsamen Musical mit vielen bunten, fedrigen, wuscheligen Gestalten, Gesangs- und Tanzeinlagen gehören einfach zum Programm von The Muppets. Dabei wirkt es oft sehr kindgerecht, doch stört dies überhaupt nicht, denn auch Ältere werden mit diesem Film ihre Freude haben. The Muppets nimmt sich minütlich selbst auf die Schippe, ob mit abstrusen Songtexten oder popkulturellen Anspielungen. Die Gags sind klassisch-muppetiös, ob Kermit, Fozzie Bear, Miss Piggy oder der abgedrehte Gonzo, hier fühlt man sich wohl und bestens unterhalten. Die Macher, zu denen auch der hochengagierte Jason Segel (Mit-Drehbuchautor) zählt, welcher weit mehr als sein gesamtes Herzblut in dieses Projekt gesteckt hat, greifen zusätzlich auf zahlreiche Klischees von altbekannten Reunion-Streifen (z.B. mit stereotypischen Filmmontagen) zurück. Die Leichtigkeit wurde bewahrt, auch wenn man das Projekt sehr ernst genommen hat.

Wie so oft gibt es massig Cameo-Auftritte von bekannten TV- und Filmstars, einige sorgen für große Lacher, deswegen möchte ich hier nicht zu viel verraten. Am Ende bekommt man dann die große Show zu sehen, welche die Muppets zurück ins Geschäft bringen soll. Auch hier werden noch einmal sämtliche Register gezogen. Ich war sehr begeistert von The Muppets, weil es mich für etwas mehr als 90 Minuten erneut Kind hat sein lassen, ich habe mich köstlich amüsiert und war ein wenig traurig, als der Film zu Ende war. Ich wollte einfach mehr davon sehen. Bestimmt werden einige eingefleischte Fans meckern und unzufrieden sein. Doch der Großteil der Kritiken lügt nicht. The Muppets ist wirklich sehenswert und verspricht ein herrlich-kömisches Kinoerlebnis, in welchem der alte Charme der Muppets bewahrt wird.




Ich hab's in der deutschen Synchro gesehen, bin mir aber ziemlich sicher, dass die englischsprachige Originalfassung noch ein wenig besser rüberkommt. Smørrebrød!


Hotel Lux

Mit deutschen Kino tue ich mich persönlich etwas schwer, doch war ich interessiert zu wissen, was sich hinter Michael "Bully" Herbig's neuesten Film verbergen würde. Wieder einmal tritt der geborene Komödiant als Hauptdarsteller auf, diesmal aber in einem etwas ernsteren Film, der als Tragikomödie durchgeht. Ein interessantes Setting, ein paar namenhafte Darsteller, ein Versuch ist es wert. Und ich war doch recht angetan von Hotel Lux. Für meinen Geschmack funktioniert der Film, jedoch gibt es auch den ein oder anderen Schönheitsfehler zu bemängeln.

Anfang der 1930er Jahre. Hans Zeisig (Michael Herbig) ist Komiker und tritt mit Kollege Siggi Meyer (Jürgen Vogel) im Varieté Valetti als Parodist auf, vorzugsweise in der Rolle des Josef Stalins, Müller übernimmt den Adolf Hitler. Doch bald kommen die Nationalsozialisten an die Macht, Hitler zu parodieren ist auf einmal gar nicht mehr so lustig, Meyer flieht ins Ausland, doch Zeisig glaubt weiter naiv an den großen Traum von Hollywood. Aber auch er muss dann die Flucht ergreifen, und das am besten auf dem schnellsten Weg nach Amerika. Nicht ganz, Zeisig landet in Moskau, besser gesagt im Hotel Lux, Unterkunft für zahlreiche politisch Verfolgte aus ganz Europa, welche im Herzen des Kommunismus Unterschlupf gefunden haben. Zeisig, von grundauf unpolitisch, bekommt hier sofort seine Probleme, wird zu alledem noch mit Hitler's geflohenen Leibastrologen verwechselt und schwingt sich gar zum persönlichen Berater Stalins auf. Logisch, dass das nicht lange gut gehen kann.

Mit Witz und Humor etwas Leben in diese spezielle Thematik zu bringen kann sich als schwierig erweisen, doch gelingt es Regisseur Leander Haußmann für meinen Geschmack. Hotel Lux ist nicht der Meilenstein der deutschen Filmgeschichte und wurde von der deutschen Kritik überwiegend verrissen, doch gefiel mir die Einfachheit des Films. Viel zu oft fängt Haußmann ein Thema an und bringt es nicht zu Ende, viele Situationen wirken arg schwarz-weiß, aber gerade das machte Hotel Lux für mich unterhaltsam. Vermutlich, oder mit ziemlicher Sicherheit, hatte Leander Haußmann aber ein anderes Anspruchsdenken, doch mir gefiel der unkomplizierte, ab und an zwar fehlerhafte, aber kurzweilige Aufbau gut.

Bully Herbig zeigt wiederum, dass er nicht nur der Gute-Laune-Kasper vom Dienst, sondern auch etwas anspruchsvoller sein kann. Sein Auftritt gefiel mir gut, ka­ri­ka­tu­resk und sympathisch unbeholfen. Zwar kommt man nie wirklich ins große Lachen und einige Witze wirken recht platt, jedoch fühlt man sich unterhalten. DDR-Nostalgiker kommen ebenso auf ihre Kosten, wenn sich Ulbricht, Pieck und Wehner im Hotel Lux tummeln oder bezeichnende Abstimmungen im proletaristischen Sinn abgehalten werden. Die letzten 15 Minuten kommt dann dank einer grotesken Verwechslung nochmal ein wenig Fahrt in die Geschichte. Hotel Lux ist kein Meisterwerk und krankt leider daran, dass man einfach zu viele (gute) Ideen gesammelt hat und dann all diese gleich gut umzusetzen zu versuchte. Leichte Kost für einen ruhigen Filmabend, ein Schmunzeln wird man sich trotz kleineren Logikfehlern nicht verkneifen können. Und Bully ist doch ein ganz netter Kerl.



Montag, 6. Februar 2012

"Online First" Konzept - Sons of Anarchy auf MyVideo.de


Vor etwas mehr als zwei Wochen startete das Videoportal MyVideo.de einen interessanten Versuch bzw. eine neue Art der Bereitstellung von Serien, die in den Vereinigten Staaten gar nicht so unüblich ist und sich dort längst etabliert hat. Einige werden sicherlich VoD-Plattformen wie Hulu.com kennen, welche es dem Nutzer möglich machen, ganz legal im Internet via Streaming Serien zu schauen. Dabei holt sich zum Beispiel Hulu ein paar große Networks (aus den Staaten so wie aus Großbritannien) mit ins Boot und kann dann somit viele Serien-Klassiker für Interessierte bereitstellen oder auch aktuelle Formate ausstrahlen. Ne coole Sache, doch blickt der User aus Deutschland leider in die Röhre, denn sind diese Inhalte nur aufrufbar, wenn man denn auch über eine "amerikanische" IP-Adresse verfügt. Doof.

Zwar gibt es auch hier Mittel und Wege (in diesem Fall bestimmte Software), um dieses Problem zu umgehen, doch können jene auch Gefahren birgen und sollten nicht blindlings installiert werden, z.B. Hotspot Shield.

Zurück zum eigentlich Thema, welches gar nicht so weit von alledem entfernt ist. Seit dem 19. Januar bietet MyVideo.de Internetnutzern nämlich die Möglichkeit an, den amerikanischen Serien-Hit Sons of Anarchy (SoA) kostenfrei online auf deren Plattform zu schauen, jeden Tag eine neue Folge, wahlweise im Originalton oder mit deutscher Synchronisation. Die ProSiebenSat.1 Group, zu welcher auch MyVideo.de gehört, erwarb kürzlich die Austrahlungsrechte für Sons of Anarchy und wird die Serie definitiv auch noch im Laufe des Jahres (irgendwann in der ersten Jahreshälfte) im Fernsehen zeigen. Doch versuchte man es einmal anders und stellte die 13 Episoden der ersten Staffel noch vor der TV-Ausstrahlung online zur Verfügung. Mit großem Erfolg. Über 1 Millionen Mal wurden die Episoden von SoA abgerufen, die Verantwortlichen zeigen sich mehr als zufrieden. Das "Online First"-Konzept, wie es bei Quotenmeter.de heißt, befindet sich auf dem Vormarsch und ich kann diese Entwicklung nur gutheißen.

Es ist kein großes Geheimnis, dass sich viele sehr gute amerikanische oder britische Serien in Deutschland schwer tun und kein Publikum geschweige denn einen Sendeplatz finden. Vielleicht schafft man es über diesen Markt, mehr hochwertige Produktionen, wie es auch Sons of Anarchy eine ist, für interessierte Leute auf legalen Weg zugänglich zu machen. MyVideo.de bzw. die ProSiebenSat.1 Group bietet SoA ungekürzt, für Zuschauer ab 16 und im Originalton oder mit deutscher Synchronisation an. Tolles Ding.

Aber halt, der schreibt hier die ganze Zeit über dieses Sons of Anarchy, was ist das eigentlich? Ich selbst hatte die Serie bis vor kurzem noch nie gesehen, vielleicht mal ein Artikel darüber gelesen, aber sie war überhaupt nicht auf meinem Schirm. Neugierig wurde ich dann, als Meldungen über MyVideo und die Online-Austrahlung der ersten Staffel von SoA die Runde machten. Kostet ja nix, schau ich halt mal rein. Und ich bin wirklich begeistert gewesen und zähle mich voller Stolz zu den etwas mehr als eine Millionen Usern, welche sich Sons of Anarchy auf MyVideo.de angesehen haben.


In Sons of Anarchy dreht sich alles um eine Biker-Gang bzw. einen Club, die sogenannten Sons of Anarchy, und ihr Tun und Treiben im schönen fiktiven Städtchen Charming, Kalifornien. An der Spitze der Biker befindet sich Clarence "Clay" Morrow (Ron Perlman), doch steht eher der Vize im Mittelpunkt dieser Serie. Jackson "Jax" Teller (Charlie Hunnam), Sohn des verstorbenen John Teller, Mitbegründer von SAMCRO (Sons of Anarchy Motorcycle Club, Redwood Original), und Gemma Teller Morrow (Katey Sagal), welche nach dem Ableben ihres Mannes nun mit Clay verheiratet ist. Jax ist mehr ein Querdenker und will den Club wieder auf den rechten Weg bringen. Denn zum Tagesgeschäft der Sons gehört nun mal der Waffenhandel und sämtliche Komplikationen, welche dieser mit sich bringt. Konkurrenz, Machtkämpfe, Korruption, das alles hat Charming zu bieten, und die Sons sind mittendrin. Aber bei aller Liebe, die Sons sind sehr heimatverbunden und halten auch den Abschaum von ihrer beschaulichen Kleinstadt fern. So "kümmern" sie sich zum Beispiel auch um radikale Drogendealer oder widerwärtige Vergewaltiger. Und selbstverständlich wird auch das ein oder andere Scharmützel mit den nationalen Behörden ausgetragen. Abwechslung satt.

Die ersten Staffel von SoA hat mir sehr gut gefallen und ich habe mich immer wieder dabei ertappt, wie ich Abend für Abend kurz nach 20 Uhr auf MyVideo.de gegangen bin, um mir direkt die nächste Folge anzuschauen. Das Thema kann man eher als Special Interest bezeichnen, doch sehe ich mich minimal als hartgesottene Biker-Sau. Ein Blick in die Pilotfolge und man weiß, woran man ist. SoA scheut absolut nicht davor, sehr deutlich und brutal zu werden, sämtliche Folgen sind sehr gut geschrieben und geben einen interessanten Einblick in die Materie. Empfehlenswert ist die Originalsprachausgabe, da durch die vielen rauchigen Stimmen und markanten Charakteren hier ein sehr passendes Ambiente entsteht. Im Deutschen fallen da ein paar spezielle Sprachattitüden raus. Der größte Pluspunkt sind die perfekten Spannungsbögen und Wendungen, welche während der ersten Staffel vollzogen werden. Insbesondere der finale Akt hat es in sich, welcher auch ein Grund dafür ist, warum ich Sons of Anarchy ohne jede Frage weiterempfehle.

Sons of Anarchy startete 2008 auf dem Kabelsender FX Network, gilt dort als Quotengarant und umfasst bisher insgesamt vier Staffeln. Vor kurzem wurde die Serie um zwei weitere Staffeln verlängert und es sieht sogar nach einer finalen siebenten Staffel aus. Staffel 5 soll dann im Herbst 2012 folgen.

Teaser Sons of Anarchy



Man sollte mal einen Blick riskieren, MyVideo.de bietet die 13 Episoden der ersten Staffel à ungefähr 45 Minuten pro Folge nachwievor online an und soll das mindestens auch noch zwei weitere Monate so tun. Insgesamt freut es mich, dass sich deutsche Sendergruppen wie die ProSiebenSat.1 Group an "neue" Konzepte heranwagt. Es besteht ja schon seit längerem die Möglichkeit, auf diverse Mediatheken unterschiedlicher Sender zurückzugreifen und von den abwechslungsreichen Angeboten Gebrauch zu machen. Doch der große Erfolg von Sons of Anarchy auf MyVideo.de lässt mich ein wenig hoffen, dass zukünftig noch viel mehr solcher exzellenten Serien den Weg hierher finden werden und dann legal online zur Verfügung stehen. Hulu für Deutschland? Das wird die Zukunft zeigen.


zusätzliche Informationen:
Filmstarts.de zum Start der Serie in DE
Quotenmeter.de zum Erfolg der Serie in DE
Meedia.de zum Erfolg der Serie in DE
TheHollywoodReporter.com zum Erfolg der Serie in DE
(auch in den USA wurde das wahrgenommen, auch wenn es nur ein kleiner Artikel ist)


Sonntag, 5. Februar 2012

The Artist / The Descendants

Da die letzte Woche Klausurvorbereitungen auf dem Plan standen, könnte ich nicht sofort ein paar Worte zu diesen beiden großen Oscar-Favoriten loswerden. Da der Großteil der Prüfungen jetzt aber geschafft ist, habe ich wieder die Zeit und Muße dazu. Bitteschön.

The Artist

Der große Oscar-Kandidat 2012. Mit Fug und Recht möchte ich behaupten. Selten hat man so viel Mut bewiesen, einen Stummfilm in Zeiten von 3D-Technologie und Bombast-Kino auf die Leinwand zu bringen. The Artist ist eine tiefe Verbeugung vor dem Film und seinen Ursprüngen selbst. Der geneigte Kinoliebhaber sollte diesen Film definitiv gesehen haben.

Kurz zum Inhalt. Wir bekommen den elegant-charmanten George Valentin (Jean Dujardin) zu sehen, die Stummfilm-Ikone schlechthin in den 20er Jahren Amerikas. Der geborene Entertainer, ein Meister seines Fachs, doch wohl auch etwas egozentrisch. Dieser George Valentin hat eigentlich alles, was man sich wünschen könnte und lernt dazu auch noch die bildhübsche Peppy Miller (Bérénice Bejo) kennen, welche jedoch, ohne dass es einer von den beiden ahnt, seine Karriere beenden wird. Denn der Stummfilm ist am Aussterben, der Ton erobert die Kinosäle. Das kommt Peppy Miller zu Gute, sie wird der neue Stern am Tonfilm-Himmel. George Valentin winkt nur ab, der Stummfilm ist die treibende Kraft, Filme mit Ton, wer braucht das schon? Doch er täuscht sich. Niemand interessiert sich mehr für den Stummfilm, Valentin versinkt in Vergessenheit, muss sein letztes Hemd hergeben und verfällt dem Alkohol...

Es ist wirklich erstaunlich, wie viel Freude einem The Artist macht. Meine Generation kam ja nie wirklich mit dem Medium Stummfilm in Kontakt, vielleicht hat man mal Charles Chaplin's Modern Times oder Laurel und Hardy auf arte gesehen. Doch dieses Gefühl einer neuen Technologie, die ersten bewegte Bilder, das konnte einer wie ich nie selbst erfahren. Umso schöner, dass Regisseur und Drehbuchautor Michel Hazanavicius sich diesem Thema angenommen hat und uns eine Welt zeigt, die schon lange vergangen und vielleicht sogar vergessen ist.

Konzentriert verfolgt man das Geschehen auf der Leinwand, exzellente Musikstücke begleiten dabei jene Schwarz-Weiß-Aufnahmen, welche einen ins Staunen versetzen. Der Film gewinnt unglaublich an Intensität, aufmerksam folgt man der Handlung, kein Detail möchte man übersehen, wo man sich sonst notfalls noch auf seine Ohren verlassen kann, wenn es um relevante Dialoge geht, das müssen jetzt die Augen durch reine Beobachtung übernehmen. Es gibt Aufnahmen und Szenenbilder, welche ein wenig klischeehaft wirken, was keinesfalls negativ zu verstehen ist, denn Hazanavicius und Co. geben ganz bewusst diesen speziellen Einblick in diese besondere Zeit des Filmemachens. Besonders schön gefällt mir die Prämisse, dass wir einen Stummfilm zu sehen bekommen, der zeigt, wie Stummfilme produziert und wahrgenommen wurden. Und selbst dann, als der Tonfilm bekannt und beliebt wird, bleibt The Artist trotzdem stumm und verzichtet auch weiterhin auf die Stimmen seiner Darsteller. Bis zum Ende zumindest, als wirklich gekonnt noch einmal diese Thematik aufgegriffen wird.

Wo wir schon bei den Darstellern sind. Großes Kompliment an jeden in diesem Film, ich stelle es mir nicht einfach vor, derartige Schauspielleistungen abzuliefern, welche nur auf Gestik und Mimik fußen. Jean Dujardin wurde bereits der Golden Globe verliehen und der Franzose hat ihn sich auch allemal verdient. Der heimliche Star ist jedoch ein kleiner Hund namens Uggie, welcher als stetiger Begleiter Valentin's zu sehen ist. Dieser Vierbeiner macht großen Spaß und zaubert einen ein Lächeln auf die Lippen.

The Artist ist ein außergewöhnlicher Film, der wunderbar an alte Zeiten erinnert und eindrucksvoll zeigt, welche Bedeutung der Film hatte und teilweise immer noch hat, auch wenn jährlich unzählige herzlose 0815-Blockbuster den Markt überschwemmen. The Artist lässt den Zuschauer schwelgen und genießen, das ist Kino für die Seele. Ich hätte mir vielleicht ein etwas tragischeres Ende gewünscht, doch spricht hier meine persönliche Präferenz. The Artist endet so, wie so viele Filme seiner Art: Mit einem Happy End. Denn das brauchten die Menschen in den 20er und 30er Jahren. Gebeutelt von der Finanzkrise und arg mitgenommen, konnte man sich immerhin noch auf eine Sache freuen: Das Kino. Und Filme wie es The Artist einer ist. 




The Descendants

Auch The Descendants gehört zum Kreis der heißen Oscar-Favoriten und vor allem George Clooney darf sich berechtigte Hoffnungen machen. Wie Jean Dujardin bekam auch er dieses Jahr einen Golden Globe als bester Hauptdarsteller, hier im Bereich Drama. Und ja, Clooney trägt The Descendants. Doch nicht alleine. Hier stimmt das Gesamtpaket und so bekommt man ein hervorragendes Familiendrama mit reichlich Tiefe zu sehen.

Beim Inhalt bediene ich mich beim Trailer (siehe unten): Matt King (George Clooney) hat es nicht leicht. Doch das geht vielen so, selbst im Urlaubsparadies Hawaii. Wie Hawaii? Da ist doch alles schön und da gibt's doch rund um die Uhr nur Cocktails zu schlürfen oder? Weit gefehlt, Hawaii, besser gesagt dessen Bewohner haben wie viele andere auch kleine bis mittelgroße Probleme zu bewältigen. Und einer dieser Bewohner ist eben Matt, der mit ansehen muss, wie seine Frau (Patracia Hastie), nach einem Motorbootunfall im Koma, langsam vor sich hinstirbt. Hinzukommt allerlei bürokratischer Stress für den Anwalt, welcher ein gigantisches Familiengrundstück demnächst im Sinne seiner Sippschaft für einen guten Preis verkaufen muss. Und natürlich machen ihm auch seine Kinder zu schaffen. Für diese hatte er nämlich nie wirklich Zeit und muss sich nun nach dem Unfall seiner Frau umso mehr um seine beiden Töchter Scottie (Amara Miller) und Alexandra (Shailene Woodley) kümmern. Wäre dies alles nicht genug, erfährt Matt auch noch, dass seine Frau ein Verhältnis mit einem anderem Mann hatte. Life's hard...

Dramen solcher Art findet man alle Jahre immer wieder, auf den ersten Blick erwartet man nichts Besonderes und eher Altbekanntes. Was The Descendants jedoch von dem Gros solcher Filme abhebt, ist die Nähe zur Realität. Regisseur Alexander Payne (Sideways) gelingt es unheimlich gut, ein lebensechtes Setting mitsamt passenden Charakteren zu schaffen. The Descendants fühlt sich nicht gespielt an, viele Aufnahmen wirken recht beiläufig und ohne Intention, eher so, als wenn man die Charaktere auf ihren Wegen einfach begleitet. Zusätzlich wird mit der Kulisse Hawaiis ein wunderschönes Szenenbild mit tollen Einstellungen aufgebaut, typisch volkstümliche hawaiianische Klänge dudeln melancholisch, aber oft auch sehr stimmungsvoll im Hintergrund, optisch und akustisch macht The Descendants wirklich was her.

Kommen wir zum entscheidenden Kriterium eines Dramas, die Charaktere und so auch ihre Darsteller. Hier greift erneut die Prämisse so lebensnah wie möglich. Clooney überzeugt vollends als überforderter Familienvater, der sich nicht nur auf die Suche nach Antworten auf seine vielen Fragen begibt, sondern auch auf eine Reise, die ihm zeigt, was wirklich wichtig ist. Dabei deckt Clooney sämtliche Facetten seines Charakters ab, doch bleibt vor allem sein großartiges Gespür für Understatement und Subtilität sowie seine Eigenart eines beherzten Sprints im Gedächtnis. An seiner Seite brillieren Shailene Woodley und Amara Miller, die beiden Töchter im Film. Insbesondere Woodley zeigt ihr ganzes Schauspielrepertoire. Ihre Rolle umfasst die Charakterzüge einer dickköpfigen, zickigen Heranwachsenden, doch spielt sie diese im keinsten Sinne klischeehaft, im Gegenteil, sie verleiht ihre Figur sehr viel Tiefe. Für ein paar komische Momente ist dann Nick Krause (Sid) verantwortlich, welcher einen Freund von Woodley's Alexandra spielt und die Familie King begleitet. Auch dieser Charakter bereichert den Film ungemein.

Der größte Schwachpunkt in The Descendants und ein möglicher Grund, warum sich einige nicht sehr angesprochen fühlen könnten, ist wohl, dass dieser Film in vielen Momenten nur dahinplätschert. Für ein Drama ist das Pacing in meinen Augen ausgezeichnet, vielen wird es jedoch stellenweise zu langatmig und ausladend erscheinen.

Wenn man sich jedoch die Zeit nimmt, dann kann einen The Descendants sehr berühren. Viele Aufnahmen wirken einfach und unkompliziert, doch sagen sie auch jedes mal eine ganze Menge aus. Hier muss oft zwischen den Zeilen gelesen werden, wovon man sich nicht abschrecken lassen sollte, da es sich wiederum lohnt. Beeindruckt hat mich das Bild von Hawaii, nicht nur optisch, sondern auch die Menschen, welche Alexander Payne uns zeigt. Vieles wirkt wie eine Maskerade, aber jeder hat seinen Kummer und eine Last, die er mit sich rumträgt, selbst der dümmlich-grinsende Sid. The Descendants ist ein schöner, sehr gut geschriebener Film, aus dem man viel mitnehmen kann und welchen man sich auf jeden Fall anschauen kann, vielleicht sogar sollte.