Moneyball
Baseball. Sport-Phänomen der Staaten, des einen Freud, des anderen Leid. Stunden können für eine Partie dieser Sportart verstreichen, bis letztlich doch ein Sieger feststeht. Abermilliausen Menschen verbringen ihre Freizeit mit Baseball, ob sie nun selber spielen oder doch nur dabei zuschauen. Der Großteil derer, welche selber spielen oder lieber zusehen, kommt aus den USA. In Deutschland hat sich Baseball noch nicht wirklich durchgesetzt, es gibt eine Deutsche Baseball-Bundesliga samt Akademie, doch ich behaupte einfach mal recht wagemutig, dass Baseball in Deutschland nie den Stellenwert erreichen wird, wie es in Amerika der Fall ist. Umso mehr fragt man sich dann als deutscher Filmfreund, warum sollte ich mir Die Kunst zu gewinnen - Moneyball, ein Film über eben Baseball, ansehen? Simple Antwort: weil er sehr gut ist. Warum mir Moneyball so gut gefallen hat, werde ich versuchen zu erklären, aber erst einmal kurz zum Film selbst.
Moneyball basiert auf dem Buch "Moneyball – The Art Of Winning An Unfair Game" aus dem Jahr 2003, geschrieben von Michael Lewis, und dreht sich kurz zusammengefasst um einen Manager eines Baseball-Teams, welcher es trotz finanzieller Schwierigkeiten, Einsparungen im Club-Budget, reichlich Gegenwind aus dem eigenen Verein und Kritik von Seiten der Öffentlichkeit schafft, sein Team, die Oakland Athletics, neues Leben einzuhauchen und eine fast perfekte Erfolgsstory hinlegt. Der Name dieses Managers ist Billy Beane (im Film von Brad Pitt verkörpert) und er war selbst einst ein verheißungsvolles Baseball-Talent gewesen. Jetzt koordiniert Beane, mit persönlichen Problemen und Verpflichtungen behaftet (Scheidung, sich kümmern um seine leibliche Tochter), die Oakland A's, steht aber zur neuen Saison vor einer Mammutaufgabe, da dem Club die nötigen Kohlen fehlen, um altes Spielermaterial zu ersetzen und neues zu verpflichten. Zusammen mit dem jungen Yale-Wirtschaftswissenschafts-Absolventen Peter Brand (Jonah Hill) arbeiten beide eine neue Strategie aus, welche Baseball revolutionieren wird. Also irgendwann einmal. Mit akribischer Datenerfassung und Analyse kann man auch mit einem kleinen Budget bei den ganz Großen mitspielen. So denken zumindest Beane und Brand.
Filme über Sport oder bestimmte Sportarten funktionieren ja zumeist recht ähnlich. Man hat einen Underdog, der gegen die Konkurrenz auf dem Papier keine Chance hat, trotzdem hart an sich arbeitet, um dann doch erfolgreich zu sein. Und Moneyball tanzt diesbezüglich auch nicht aus der Reihe, es ist ein eher klassischer Aufbau den man zu sehen bekommt. Dennoch, Langeweile kommt nicht auf, trotz fehlenden Fachwissen im Bereich Baseball kann man als Otto Normalkinogänger der Handlung wunderbar folgen und fuchst sich mit der Zeit immer mehr in die Materie rein. Spieler werden gekauft, verkauft, gefeuert, ausgetauscht, aufgebaut. Der Manager erwacht in einem, man möchte am liebsten selbst die ganzen Abläufe koordinieren und organisieren. Moneyball gelingt es trotz spezieller Thematik einen zu fesseln und vor allem wirklich zu interessieren.
Hilfreich sind dabei natürlich auch Brad Pitt und Jonah Hill. Beide wurde mit Recht für den Oscar als bester Hauptdarsteller bzw. bester Nebendarsteller nominiert. Pitt spielt seine Rolle hervorragend, immer auf Achse, mit vollster Hingabe, sprunghaft, aufgeregt, dann wieder kühl und berechnend. Im Zusammenspiel mit seiner Film-Tochter (Kerris Dorsey) zeigen sich Beane's emotionale Seiten, die Schlussszene ist ein Bild für sich. Leider habe ich das Gefühl, dass Pitt für seine Rolle in Moneyball ein wenig unterbewertet wird. Es wird ja nur noch über George Clooney und Jean Dujardin gesprochen. Pitt for Oscar, so sieht's aus! Jonah Hill hätte diesen ebenso verdient, seine Rolle ist wie maßgeschneidert für ihn. Der kleine, knubbelige, etwas fülligere frisch-von-der-Uni-Naseweis, den man eh nicht viel zutraut. Umso schöner ist seine Entwicklung im Film. Hill spielt glaubhaft und lebensecht, Mimik und Gestik passen hier perfekt, eine klasse Vorstellung von ihm.
Die Dialoge in Moneyball sind stark - Aaron Sorkin (The West Wing, The Social Network), der große Aaron Sorkin, und Steven Zaillian (Schindler's Liste, Verblendung) haben hier ganze Arbeit geleistet geleistet -, die Charaktere sind vielseitig und facettenreich und was wirklich wichtig ist, man fiebert mit. Bei den Spielen, bei den Verhandlungen, bei Meetings, man hängt an dem Charakter Billy Beane und wünscht ihm den Erfolg von ganzen Herzen. Technisch greift Regisseur Bennett Miller auf einen netten Kniff zurück, indem er Aufnahmen von den echten Oakland A's zeigt, dann immerhin fußt die Geschichte auf wahren Begebenheiten, warum sollte man sich dies nicht zu Nutze machen? Moneyball ist spannend, witzig, unterhaltsam, ein wenig emotional und auf jeden Fall es wert sich anzuschauen. Der Fokus auf die Sportart Baseball kann abschrecken, trotzdem sollte man sich ruhig darauf einlassen, man könnte sehr positiv überrascht werden. So erging es zumindest mir. Moneyball bekommt von mir eine dicke, fette Empfehlung.
Tinker Tailor Soldier Spy
Auf Dame, König, As, Spion oder Tinker Tailor Soldier Spy wie er
im englischen Original heißt, war ich sehr
gespannt. Ein eher unkonventioneller Agenten-Thriller mit absoluter
Starbesetzung (Gary Oldman, Colin Firth, John Hurt, Mark Strong und
viele andere). Der Trailer war überragend geschnitten und machte Lust
auf mehr, also konnte ich es kaum erwarten, endlich ins Kino zu
gehen. Nach der Vorstellung war ich dann verwirrt. Wie sollte ich
diesen Film richtig einordnen? Mehrere Nächte darüber geschlafen
bin ich dann zum folgenden, vorläufigen Ergebnis gekommen: Sehr gut.
Aber auch sehr schwierig und nicht für jedermann.
Kurz zum Inhalt. Tinker Tailor Soldier
Spy basiert auf dem gleichnamigen Roman des bekannten Autors John le Carré, der schon unzählige Bestseller veröffentlichte und zu den
ganz Großen der Literaturwelt zählt. Die Prämisse im Film ist
relativ simpel: Anfang der 70er, in den Hochzeiten des Kalten Krieges
zwischen Ost und West, hat sich im britischen Geheimdienst ein
Maulwurf eingeschlichen, welcher kostbare Informationen an die
Sowjets weitergibt. Zu allen Überfluss kommen für den Maulwurf
zudem nur vier ranghohe Agenten in Frage, doch tappt man im Dunkeln,
wer denn nun wirklich der Doppelagent ist. Um diese Frage zu lösen,
wird der pensionierte George Smiley (Gary Oldman), einer von der
alten Schule, reaktiviert. Dieser soll aufdecken, wem man wirklich
vertrauen kann und wer der konspirierende Doppelagent im britischen
Geheimdienst ist...
Wie bereits geschrieben verspricht der
Trailer einiges. Schnelle Schnitte und hoch spannende Musik, eine
wilde Hatz nach dem Maulwurf. Pustekuchen. Tinker Tailor Soldier Spy
ist ein sehr starker Film, der aber viele in ihren Erwartungen
enttäuschen wird. Es wirkt alles sehr behäbig und zäh, man hat zu
Beginn seine Probleme, den Film etwas Positives abzugewinnen. Die
Dialoge wirken banal, man fühlt sich nicht miteinbezogen und wird
zum stillen Beobachter degradiert. Doch hier liegt die Krux. Smiley,
der Hauptcharakter, nimmt die gleiche Position wie der Zuschauer ein,
sagt kaum etwas und beobachtet nur. Leider fehlt dem Zuschauer aber
die Genialität, welche Smiley obliegt, so überlegt man oft
erfolglos, wer der Maulwurf ist. Wer erwartet, leicht selbst mit
rätseln zu können, liegt falsch. Aufmerksam verfolgt man die
Handlung und versucht auf eigenen Faust aus den Dialogen schlau zu
werden, was mitnichten gelingt. Liest sich jetzt nicht sehr
berauschend oder? Aber man sollte dranbleiben.
Die Spannungskurve steigt langsam, aber
sie steigt. Gerade zum Ende hin erscheinen bis dahin verwirrende
Tatsachen logisch und schlüssig. Insbesondere die letzten zehn
Minuten haben es in sich, hier fühlt man sich dann mitgerissen.
Nachhaltig sind die nicht offensichtlichen Dinge, welche Regisseur Tomas Alfredson anspricht. Die Grundfrage nach dem Vertrauen, wem kann man glauben,
wem besser nicht. Sind wir nicht alle auf uns allein gestellt?
Welche Geheimnisse tragen wir mit uns herum, was für eine Tragweite
können diese haben? Ein starker Ansatz im Film, der unterschwellig
mitschwingt und nachdenklich stimmt. Mehr als lobenswert ist der
Auftritt von Gary Oldman, welcher als heimlicher Oscar-Kandidat
gehandelt wird. Warum auch nicht? Seine Rolle ist schwierig, doch
meistert er den subtilen, zurückhaltenden Altmeister unter den
Agenten mit Bravour. Die gesamte Besetzung macht eine hervorragende
Figur, jeden einzeln zu loben, würde hier zu viel Zeit kosten.
Doch bleibt die Figur des Smiley stets im Mittelpunkt, so trocken und
träge sie auch wirkt.
Ich weiß nicht, wie ich es besser
beschreiben soll. Ich hatte und habe nach wie vor Probleme, Tinker
Tailor Soldier Spy richtig zu bewerten. Der Film ist teilweise so öde
und langatmig, doch hat er etwas. Etwas, das mich gepackt hat. Ist es
der erstklassig porträtierte Zeitgeist der 1970er samt der Kulisse
des Kalten Krieges? Sind es die facettenreichen Charaktere? Ist es
die Eigenart der Geschichte bzw. des schwedischen Regisseurs Alfredson,
bestimmte Themen anzuschneiden, jedoch sogleich wieder zu verwerfen,
jene nicht näher zu beleuchten und es dem Zuschauer zu überlassen,
diese dann zu verstehen und zu interpretieren? Was ich mit
Bestimmtheit sagen kann, das Finale von Tinker Tailor Soldier Spy ist
grandios. Ich möchte keine unbedingte Empfehlung für diesen Film
aussprechen, dafür ist er vielleicht zu speziell. Wenn man seinem
Geist mal wieder etwas kompliziertes, anspruchsvolles zumuten möchte,
dann ist Tinker Tailor Soldier Spy genau richtig. Dieser Film wird
einen beschäftigen. Geht mir persönlich immer noch so. So lange
habe ich selten über einen Film nachgedacht. Liegt hier der große
Pluspunkt? Meine Meinung: Ja.
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